Schwarz-Weiß-Foto von vier Frauen in Gymnastikanszügen stehen mit erhobenen Armen auf einer Bühne und sind von hinten zu sehen. 4 min
Die Ausstellung "Frauen im geteilten Deutschland" ist ab dem Frauentag überall in Mitteldeutschland zu sehen. Mareike Wiemann über die Schau der Bundesstiftung Aufarbeitung. Bildrechte: Bundesstiftung Aufarbeitung/Klaus Mehner

Internationaler Frauentag Typisch Frau: Ausstellung vergleicht Vorurteile in Ost und West

08. März 2025, 04:00 Uhr

Eine neue Ausstellung widmet sich Frauen in DDR und BRD während der deutschen Teilung. Klischees um die Ost-Frauen als Rabenmütter und West-Frauen als Hausfrauen am Herd werden ebenso abgeklopft, wie die Gemeinsamkeiten im feministischen Kampf um das "ideale" Frauenbild. Die Ausstellung "Frauen im geteilten Deutschland" wurde von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur konzipiert und ist ab dem Frauentag am 8. März an verschiedenen Orten in Mitteldeutschland zu sehen.

Diese Ausstellung beginnt – na klar – mit Klischees. Denn die gibt es ja genügend zu Frauen im geteilten Deutschland. Clara Marz von der Bundesstiftung Aufarbeitung hat die Ausstellung kuratiert und schildert, welche Klischees in den Köpfen noch sehr verfestigt seien: "Im Osten die Rabenmutter, die ihre Kinder sofort in den Kindergarten steckt. Und im Westen das Heimchen am Herd, wo sich dann alles nur um Mann und Haushalt dreht."

Es seien überzeichnete Bilder, erklärt Marz, aber sie beruhten auf einem Funken Wahrheit: "Da kann man also genau hinschauen. Und gucken – wie waren denn die Rahmenbedingungen in den beiden deutschen Staaten damals?"

Clara Marz ist Kuratorin der Ausstellung "Frauen im geteilten Deutschland". Die junge Frau mit blonden, halb zurückgesteckten Haaren und schwarzer Bluse steht vor menschengroßen Aufstellern mit Schwarz-Weiß-Bildern und orange hervorgehobenen Textelementen.
Clara Marz ist Kuratorin der Ausstellung "Frauen im geteilten Deutschland". Bildrechte: MDR/Mareike Wiemann

Arbeit, Ehe und Kinderbetreuung aus Frauenperspektive

Genau das macht die Ausstellung: Sie zeichnet mit vielen Fotos gesellschaftliche Entwicklungen in BRD und DDR nach, von denen Frauen direkt betroffen waren. Es geht um die Teilhabe am Arbeitsmarkt, um die Institution Ehe oder um die staatliche Kinderbetreuung.

Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre ändert sich sowohl in Ost als auch in West das Frauenbild.

Anna Kaminsky, Direktorin der Stiftung Aufarbeitung

Die Schau macht Gemeinsamkeiten deutlich, zeigt aber auch die mit den Jahren immer größer werdenden Unterschiede auf. Vor allem ab den 70er-Jahren, so Anna Kaminsky, Direktorin der Stiftung Aufarbeitung, seien die Erwartungen an die Lebenswege von Frauen auseinander gegangen: "Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre ändert sich sowohl in Ost als auch in West das Frauenbild."

Schwarz-Weiß-Foto von vier Frauen in Gymnastikanszügen stehen mit erhobenen Armen auf einer Bühne und sind von hinten zu sehen.
Die Ausstellung zeigt historische Fotos, wie dieses hier. Bildrechte: Bundesstiftung Aufarbeitung/Harald Schmitt

Zu diesem Zeitpunkt sei die erste Mädchengeneration nach dem Krieg erwachsen geworden, erklärt Kaminsky und weiter: "In der DDR ist es die erste Generation, die die polytechnische Oberschule durchlaufen hat. Das heißt, diese Mädchen haben die Erfahrung gemacht, dass sie mit den gleichen Lerninhalten an den Schulen wie die Jungen erzogen worden sind."

Feministischer Kampf voller Gemeinsamkeiten

Die Ausstellung zeichnet diese staatlich verordnete Emanzipation genauso nach, wie unabhängige Gleichberechtigungsinitiativen in Ost und West. Denn den Wunsch, selbst über das eigene Frauen-Bild zu bestimmen, und sich nicht eines überstülpen zu lassen, gibt es auf beiden Seiten der Grenze. Hüben wie drüben kämpfen Frauen mit verzerrten Körperbildern und idealisierten Ansprüchen, die – von Männern – erdacht werden.

Dieses Klischeebild von jungen, schönen Frauen, die immer fröhlich waren, auch möglichst unkompliziert, gute Ehefrauen, gute Mütter – das war auf beiden Seiten ähnlich.

Clara Marz, Kuratorin der Ausstellung

Laut Kuratorin Marz waren es immer Männer in Machtpositionen, die über das Idealbild der Frau entschieden, egal ob in Ost- oder Westdeutschland: "Dieses Klischeebild von jungen, schönen Frauen, die gepflegt waren und immer fröhlich waren, auch möglichst unkompliziert, gute Ehefrauen, gute Mütter – das war auf beiden Seiten ähnlich."

So sieht man in dieser Ausstellung auch die obligatorische Blondine in engem Badeanzug, die für Orwo-Filme wirbt. "Sex Sells", dieses Prinzip galt auch in der DDR.

Sechs Menschengroße Aufsteller mit Schwarz-Weiß-Bildern und orange hervorgehobenen Textelementen
Die Schau ist als Plakatausstellung überall in Deutschland zu sehen, z. B. in Volkshochschulen, Schulen oder Stadtverwaltungsgebäuden. Bildrechte: Bundesstiftung Aufarbeitung

Panorama der Frauenleben in Ost und West

Wer nicht ins Idealbild passte, hatte es dagegen schwer, wie Anna Kaminsky schildert: "Frauen mit Behinderung, lesbische Frauen, obdachlose Frauen, Frauen mit psychischen Erkrankungen. Aber natürlich auch die älteren Frauen, die nicht mehr arbeitsfähig waren." Auch diese Frauenbiografien finden nun aber in der Ausstellung Platz.

Insgesamt entwirft die Schau "Frauen im geteilten Deutschland" auf ihren rund 20 Tafeln ein ganzes Panorama an Frauenleben in Ost und West. Sie reißt dabei alle Themen nur an – wer mehr wissen will, kann sich Interviews mit Anna Kaminsky anschauen, die per QR-Code verlinkt sind.

Kuratorin Marz hofft, dass Frauen diese Ausstellung in Gesellschaft besuchen, mit Mutter, Tochter oder Oma – und Fotos und Texte als Anlass dienen zum Gespräch zwischen den Generationen.

Redaktionelle Bearbeitung: hro, vp

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. März 2025 | 16:40 Uhr

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