Ein betrunkener Mann in einem Taxi
Prävention für Kinder und Jugendliche beim Thema Alkohol ist das eine – das Verhalten von Erwachsenen und Eltern das andere. Bildrechte: imago images/glasshouseimages

"Hart am Limit" Kinder und Jugendliche trinken früh und viel Alkohol

01. Januar 2023, 05:00 Uhr

Sei es der Wein zur abendlichen Entspannung, das Bier beim Grillen oder härtere Getränke bei Partys: Kinder und Jugendliche sind früh mit Alkohol konfrontiert. Was macht das mit ihnen, ihrem Trinkverhalten – und was bringen Präventionsmaßnahmen?

Trinken bis zum Erbrechen oder Stillstand

Eine Geburtstagsfeier von Teenagern, Max ist damals 15 Jahre alt und es ist seine erste Begegnung mit starkem Alkohol. Aber die hatte es in sich. "Am Anfang haben wir mit einem Sekt angestoßen, dann ging es weiter mit Wodka Shots, dann eine Bacardi ras, dann Captain Morgan. Es wurde alles Mögliche getrunken", erzählt er.

Das Ergebnis beschreibt Max, der eigentlich anders heißt: "Irgendwann wurde mir übel, ich bin rausgegangen, auch nach dem Erbrechen wurde mein Zustand nicht besser. Ich saß dann im Eingangsbereich, irgendwann hab ich nicht mehr auf Fragen reagiert und war nicht mehr ansprechbar, hab nur noch geschielt. Es war erschreckend für alle Anwesenden."

Alkoholvergiftung bei Jugendlichen keine Seltenheit

Max Freunde rufen einen Krankenwagen. Er wacht in der Klinik auf, wo ihn sein Vater abholt. So wie Max geht es vielen Jugendlichen. Regelmäßig landen Jungen und Mädchen mit Alkoholvergiftung in den Krankenhäusern.

Das weiß auch Matthias Rost von der Leipziger Jugenddrogenberatung.

Es wird viel getrunken, es wird stark getrunken. Alkohol ist schon eine stabile Größe bei Jugendlichen.

Matthias Rost, Leipziger Jugenddrogenberatung

Dabei können die Folgen von Alkoholkonsum gerade im Kinder- und Jugendalter verheerend sein. Die Realität ist aber: Kinder und Jugendliche fangen früh an zu trinken. Rost sagt, in der Beratung haben manche ihre ersten Konsumerfahrungen mit acht oder neun Jahren gemacht. Später, mit 13,14 Jahren, kommen sie dann zur Suchtberatung. Das übliche Einstiegsalter sei von 12 bis 15 Jahren. Und diese Altersspanne ist bekanntlich weit weg von den geltenden Altersfreigaben.

Projekt "Hart am Limit"

In vielen Städten gibt es deshalb das Projekt "Halt – Hart am Limit". So auch in Leipzig. Ziel des Projekts ist riskanten Alkoholkonsum unter Jugendlichen zu reduzieren. Es fußt auf zwei Säulen. Die erste Säule setzt bei den Jugendlichen an. Es wird zwar viel getrunken, aber wenige Teenager kommen wegen Alkohol in die Drogenberatung. Dennoch sind 2022 allein in der Leipziger Uniklinik mehr als 50 Minderjährige wegen einer Alkoholvergiftung stationär behandelt worden. Im Schnitt sind sie 15 Jahre, einige aber auch erst zwölf oder 13 Jahre alt. Um diese Fälle kümmern sich die Sozialpädagogen von Halt. Matthias Rost ist einer von ihnen:

"Wir betreuen dort die Jugendlichen am Krankenbett. Die Jugendlichen trinken sich ins Koma, wachen früh auf und sehen uns als Sozialpädagogen fast zuerst. Dann haben wir die Jugendlichen in einer Krisensituation, wo der Zugang zu der Alkoholproblematik noch etwas besser ist", sagt er.

Das schlechte Gewissen, das Gefühl, Mist gebaut zu haben, sei in solch einem Moment noch präsent: "Nach diesem Gespräch gibt es ein Nachfolgegespräch bei uns in der Beratungsstelle. Dann werden wir uns den Fall nochmal mit ein bisschen Distanz angucken und über das weitere Verhalten reden. In der Regel werden diese Gespräche gut angenommen. Das Ziel ist nicht, dass wir eine abstinente Gesellschaft kriegen, sondern es geht darum, einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol kennenzulernen", beschreibt Rost seine Arbeit.

Alkoholkonsum reflektieren

Die Pädagogen versuchen einzuschätzen, ob es sich um einen einmaligen Ausrutscher oder grundsätzliche Probleme hinter dem Alkoholkonsum handelt. Die meisten Jugendlichen, die so ein Gespräch geführt haben, trinken danach weniger. Deutschlandweit sinken die Einweisungen von Teenagern in Krankenhäuser sogar. Nur in Sachsen und Sachsen-Anhalt sind die Zahlen stabil. Die Wahrheit ist aber auch: Die stationär behandelten Jugendlichen sind nur die Speerspitze des Problems.

Und öffentliche Präventionsprogramme haben ihre Grenzen, macht Drogenberater Matthias Rost klar. Er sagt, dass ein drei stündiges Präventionsprojekt nicht 14 Jahre Erziehung aufheben könnten. Die Hauptressource in der Prävention seien die Eltern: Erziehung, Regeln, Grenzen. Präventionsprogramme könnten nur ergänzend sein.

Erwachsene als Teil der Lösung

Die zweite Säule des Programms "Halt" richtet sich deshalb an Erwachsene. Es gibt Fortbildungen für Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten. Gewerbetreibende werden aufgefordert, die Jugendschutzaltersgrenzen für die Abgabe von Alkohol einzuhalten. Und auch Eltern werden angesprochen, sagt Manuela Hübner vom Leipziger Gesundheitsamt:

"Wir richten uns an Eltern, um sie dazu zu motivieren, über ihren Alkoholkonsum nachzudenken." Hübner hat hierfür ein konkretes Beispiel: "Der Schulanfang ist eigentlich ein Fest für Kinder. Aus suchtpräventiver Sicht wäre es sehr wünschenswert, wenn junge Menschen erfahren, dass es auch Feste gibt, wo nicht zwangsläufig Alkohol getrunken wird."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 01. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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