Beamtentum Experte: Hochmotivierte Fachkräfte finden Verbeamtung nicht attraktiv
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17. Juni 2023, 05:00 Uhr
Beamtenpensionen werden die Länder zukünftig Milliarden kosten. Martin Werding, Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen, kritisiert das System schon lange: die vielen Verbeamtungen, die mangelnden vorbereitenden Einzahlungen und den Aufbau an sich. Doch was muss sich ändern damit es besser funktioniert?
- Das Pensionssystem, wie es gerade ist und die Problematik, die es verkörpert.
- Durch die Auszahlung werden die Länderhaushalte belastet.
- Es sollte weniger Verbeamtungen geben.
- Die Länder müssen rechtzeitig Rücklagen bilden.
- Das Pensionssystem braucht grundlegende Änderung.
Das Beamtentum in Deutschland stößt immer wieder auf Kritik. Martin Werding ist Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum ist einer dieser Kritiker. Er wendet sich seit Jahren gegen die aktuelle Form des Beamtentums. Für Recap fasst er die Problematik, wie er sie sieht, zusammen.
Das System ist unausgewogen. Es wird etwas zu wenig für [Verbeamtete] bezahlt, wenn sie aktiv sind und dann kommt das dicke Ende hinten raus“
Das aktuelle Pensionssystem
Die Pensionen, die Beamte erhalten, sind höher als die Rente der meisten "Normalarbeitenden". Eine Einstellung von Beamten ist hingegen verhältnismäßig günstig. "Generell kann man sagen, Beamte sind während ihrer aktiven Dienstzeiten nicht so gut bezahlt, verglichen mit Menschen vergleichbar Qualifikationen, die im privaten Bereich tätig sind." Um die Berufe trotzdem attraktiv zu halten, fällt die Pension verhältnismäßig großzügig aus: "Für die Beamten gleichsam schön. Für die öffentlichen Haushalte eine massive Belastung", meint Werding.
Denn anders als für die Rente, wo Verdiener und Arbeitgeber beide in die Rentenkasse einzahlen, werden bei der Pension alle Gelder erst im Nachhinein ausgeschüttet. "[..] die Kosten überlässt man dann eben der nächsten Generation von Politikern", kritisiert der Professor.
Bei den Kosten, die die Länder tragen, handelt es sich um die Ruhegehälter und Hinterbliebenenversorgung, sowie eventuell benötigte Beihilfezahlungen.
Massive Belastung der Länderhaushalte
Dadurch werden die Länder zukünftig Milliarden ausgeben, um die Pensionen zu finanzieren. Im Jahr 2042 werden das in Sachsen 1,9 Milliarden Euro, in Sachsen-Anhalt 1 Milliarde Euro und in Thüringen 1,2 Milliarden Euro sein. Um die steigenden Kosten einzudämmen, wäre es möglich, Pensionen zu kürzen.
Werding spricht sich nicht nur für solche Kürzungen aus, sondern hat Vorschläge für eine Reformation des Beamtensystems.
Weniger Verbeamtungen
Eins der Probleme, die er sieht, sind die vielen Verbeamtungen. Doch es sei nicht klar, wo sie wirklich gebraucht werden. Werding schlägt dafür klare Richtlinien vor. Polizei und Bundeswehr etwa seien richtigerweise verbeamtet, meint er, doch: „Typischer Grenzfall sind Lehrer.“ Durch den Wettbewerb der Bundesländer würden nun zunehmend Lehrer verbeamtet. Der Grund dafür sei der Lehrermangel. Die Verbeamtung sei attraktiv, wodurch sich die Lehrkräfte durch das Angebot auf Verbeamtung von anderen Bundesländern abwerben ließen. "Das könnte man unterbinden", fordert er.
Rechtzeitig Rücklagen bilden
Bund und Länder bildeten momentan Rücklagen, die aber immer nur anteilsweise die zukünftigen Zahlungen decken könnten, kritisiert Werding. Die einzigen Ausnahmen seien Sachsen und die Bundesagentur für Arbeit. Sachsen spezifisch habe früh damit angefangen, ausreichend Geld zurückzulegen, um Pensionen zu finanzieren.
Reform des Pensionssystems
Der wichtigste Punkt sei jedoch, dass die Systeme besser vergleichbar werden müssten, meint Werding. Sein Vorschlag wäre, dass Verbeamtete besser bezahlt werden und dafür auch in eine separate "Pensionskasse" einzahlen. Dies würde auch dem Problem der mangelnden Rücklagen entgegenwirken. Doch die strukturelle Realisierung der Idee sei eine Herausforderung.
Eine Reform braucht es in den Augen Werdings jedoch auf jeden Fall. Er geht davon aus, dass die Verbeamtung momentan nicht "wirklich die besten Bewerber und Bewerberinnen anzieht, die so ein bisschen Drive haben, hochmotiviert sind und dafür aber auch kurzfristig was sehen wollen.“ Stattdessen befürchtet er: "Ob wir nicht eher so etwas ängstliche Typen, die Sicherheit wollen, eine gute Altersversorgung, in den öffentlichen Dienst locken."
MDR (mtr)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RECAP | 16. Juni 2023 | 17:00 Uhr