Medikamentenmangel Bundesinstitut für Arzneimittel: Lieferengpass ist nicht gleich Versorgungsproblem
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26. August 2023, 19:03 Uhr
Immer wieder machen Meldungen über Lieferprobleme für bestimmte Medikamente in Deutschland Schlagzeilen. Zuletzt rieten Kinderärzte, sich für neue Infektionswellen im Winter mit Fieber- und Schmerzmitteln einzudecken. Wie ernst ist die Lage?
- BfArM: Lieferengpässe beziehen sich meist nur auf bestimmte Medikamenten-Dosierungen oder Darreichungsformen.
- Bei Knappheit einiger Präparate gibt es fast immer wirkstoffgleiche Alternativen.
- Bei Arzneimittelengpässen wird mit unterschiedlichen Instrumenten gegengesteuert.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert in einer Internet-Datenbank über Lieferengpässe bei Medikamenten. Gemeldet werden sie von den Pharmazeutischen Unternehmen mit genauer Bezeichnung des Medikaments, Dauer der Lieferschwierigkeiten und Gründen.
Lieferengpass meist nur für bestimmte Dosierungen und Darreichungsformen
BfArM-Sprecher Maik Pommer erläutert MDR AKTUELL, dass ein Lieferengpass nicht gleichbedeutend mit einem relevanten medizinischen Versorgungsproblem in Deutschland sei. Oft könne eine Firma nur ein bestimmtes Präparat in bestimmter Darreichungsform (also Tablette, Saft oder Zäpfchen), in bestimmter Dosierung oder Packungsgröße nicht liefern. Alle einzelnen Produkte landeten in der Lieferengpass-Datenbank.
Das gilt dann laut Datenbank manchmal für wenige Wochen, mitunter aber auch schon seit mehr als einem Jahr. Als Gründe werden meist "sonstige" angeführt, selten "Produktionsprobleme". Dennoch gibt es Pommer zufolge auch immer wieder Lieferengpässe durch Produktionsausfall oder unterbrochene Lieferketten.
Fast immer gibt es alternative Medikamente
In der Regel stehen laut Pommer wirkstoffgleiche Medikamente anderer Hersteller zur Verfügung, um Engpässe bei bestimmten Präparaten auszugleichen. Bei insgesamt über 100.000 zugelassenen Medikamenten in Deutschland gebe es derzeit etwa 500 Liefereinschränkungen, aber nur bei einer Handvoll echte medizinische Versorgungsprobleme. Darunter waren etwa das Brustkrebspräparat Tamoxifen und einige Antibiotika für Kinder.
Dennoch sorgen diese Lieferengpässe bei bestimmten Standardmitteln zur Grundversorgung – wie Antibiotika, Ibuprofen-Fiebersaft für Kinder oder eben dem ersatzlosen Krebsmittel Tamoxifen – für Schlagzeilen und Ängste in der Bevölkerung.
Das wird getan bei Medikamentenmangel
Das BfArM hat nach Angaben von Pommer verschiedene Stellschrauben, um auf Engpässe zur reagieren. Das betreffe einerseits das Liefermanagement. So sei beim Krebspräparat Tamoxifen in anderen Ländern nachgeordert worden. Auch konnte mit der Empfehlung zum Verschreiben kleinerer Packungsgrößen eine bessere Verteilung erreicht werden. Im Fall des Penicillin-Mangels habe es zusätzliche Importe aus Holland gegeben.
Daneben stehe das BfArM im engen Austausch mit den verschiedenen Akteuren, um absehbare Versorgungsengpässe abzufedern. So können Pommer zufolge Apotheken nicht lieferbare Fiebersäfte für Kinder auf Rezept selbst herstellen. Dafür erhielten die Apotheken dann eine Vergütung. Werden Antibiotika knapp, sei auch die Ärzteschaft aufgerufen, streng nach den Leitlinien zu verschreiben, um bei einer Infektionswelle Ressourcen zu sparen.
Als weiteren Grund für zuletzt aufgetretene Engpässe sieht Pommer Nachholeffekte bei bestimmten Infektionskrankheiten nach der Corona-Pandemie. Während der Pandemie habe es wegen der Kontaktbeschränkungen weniger Erkrankungen gegeben, nach Ende der Maßnahmen dann einen sprunghaften Anstieg. Da hätten dann teils auch Produktions- und Lieferkapazitäten nicht ausgereicht.
Außerdem reagierte die Bundesregierung mit dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG). Es hebt unter anderem die Preisbindung für Kinderarzneimittel weitgehend auf, was die Produktion ankurbeln soll.
MDR AKTUELL (ans)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. August 2023 | 08:12 Uhr
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