Ernährung und Klima Weniger Fleisch kann Treibhausgase reduzieren – drastisch!
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10. September 2020, 14:42 Uhr
An Fleisch ist eigentlich alles schlecht – außer der Geschmack. Wenn Menschen darauf verzichten würden, könnten zehn bis zwanzig Jahre CO2-Emissionen rückgängig und vielleicht das Klima gerettet werden. Das zumindest legen Forschende aus den USA nahe. Ach ja: Das Risiko von Pandemien wie Covid-19 würde sich auch noch reduzieren. Praktisch.
Der Mensch sei Fleischfresser, argumentieren gern jene, die Angst haben, man könne ihnen das T-Bone-Steak vom Teller wegdiskutieren. Und: Der Mensch brauche schließlich das Eiweiß. Erstens: Der Mensch ist Allesfresser. Und zweitens: Nährstoffe wie Eiweiß liefern auch pflanzliche Produkte, zum Beispiel Hülsenfrüchte und Nüsse.
Kuhfutter statt Kullererbsen
Aber Fleisch hat etwas, was Linsen und Bohnen nicht haben: Verdammt viel Platzbedarf auf unserer Mutter Erde. Und zwar nicht nur die Rinderherden, die – sofern sie überhaupt das Tageslicht sehen dürfen – Wiesen und Weiden besiedeln. Sondern auch die Tatsache, dass diese Tiere ja auch irgendwas zu futtern brauchen. So geht ein großer Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit damit drauf, Lebensmittel aus tierischen Produkten herzustellen. Jup, liebe Vegetarierinnen und Vegetarier, dazu zählen auch Milchprodukte. 83 Prozent sind es zusammen, haben die Forschenden ausgerechnet. Den Rest dürfen sich Getreide, Radieschen, Gurken und Melonen teilen.
Effektive Ernährung mit Erbsen
Es könnte so viel besser sein, dachten sich Forschende der New York University und machten sich dran, zu berechnen, wie viel Fläche denn eigentlich genau auf der Erde zu finden ist, die deutlich besser als für Tierprodukte einzusetzen wäre. Denn Nutzfläche ist nicht gleich Nutzfläche. Das Forschungsteam ist davon ausgegangen, dass auf gewonnener Nutzfläche Wald entsteht, der sich wiederum positiv aufs Klima auswirkt. Die Chancen, dass der Wald sich vermehrt und ein nachhaltiges Ökosystem mit sich zieht, sind nicht überall gleich gegeben.
Immerhin: Gerade in Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen, stehen die Chancen besonders gut. Konkret hieße das: Wir müssten unsere Ernährung umstellen, hin zu pflanzlichen Proteinen, die viel weniger Platz brauchen, und die gewonnenen Fläche dem Wald zu Verfügung stellen. Uns wird es also nicht an Nährstoffen mangeln, wir gewinnen sie nur effektiver.
Kampf fürs Klima – und gegen Pandemien
Immerhin würde dadurch ein weltweites Potenzial von sieben Millionen Quadratkilometern Wald entstehen. Das ist eine Fläche von der Größe Australiens. Und was soll's bringen? Halten Sie sich fest. Den Berechnungen zu Folge würden dadurch jahrzehntelange Luftverschmutzung rückgängig gemacht. Wenn die Nachfrage nach Fleisch drastisch sinken würde – und damit auch der Landbedarf – könnten neun bis 16 Jahre CO2-Emissionen kompensiert werden. Das wäre ein beträchtlicher Schritt im Kampf gegen den Klimawandel. Hier ginge es vor allem darum, regional zu beurteilen, was sinnvoll erscheint, erklären die Forschenden mit Hinweis auf Regionen auf der Welt, in der Tierhaltung kulturell und wirtschaftlich wichtig sei.
Also geht es erstmal darum, dass wir uns an unserer eigenen, westlichen Nase fassen. "Die Wiederherstellung der einheimischen Vegetation auf ertragsarmen landwirtschaftlichen Flächen ist derzeit unsere sicherste Möglichkeit zur Entfernung von CO2", sagt Helen Harwatt, Co-Autorin der Studie, und spielt darauf an, dass man nicht die ganze Hoffnung in aufwändige Technologien mit gleicher Funktion stecken solle. William Ripple, Mitautor der Studie, ergänzt, dass so nicht nur der Klimawandel bekämpft werden könne: "Eine geringere Fleischproduktion wäre auch für die Wasserqualität und -quantität, den Lebensraum der Wildtiere und die Artenvielfalt von Vorteil."
Die Voraussetzung ist natürlich ein Umdenken in den Ernährungsgewohnheiten und die Auseinandersetzung mit der eigenen Fleischlust. Das galt bislang trotz steigender Zahl an Vegetariern und Veganern als aussichtslos. Gerade vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie könnten hier aber die Karten neu gemischt werden und mehr Menschen zu einem Umdenken bereit sein. Denn, so die Forschenden, man wisse jetzt, dass intakte Ökosysteme und ausreichende Lebensräume für Wildtiere dazu beitragen würden, Pandemien zu verhindern.
flo
Link zur Studie
Die Studie erschien am 7. September 2020 im Fachmagazin Nature Sustainability.
DOI: 10.1038/s41893-020-00603-4
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