Weltklimarat-Bericht Diese Auswirkungen hat die Klimaerwärmung in Zentraleuropa
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11. August 2021, 12:52 Uhr
Das Klima erwärmt sich so schnell wie nie und schon Anfang der 2030er-Jahre könnten wir die kritische Schwelle von 1,5 Grad Klimaerwärmung erreicht haben, warnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Weltklimarates im ersten Teil ihres Situationsberichts zum Klimawandel. Und von der Klimakrise bleibt demnach kein Ort auf der Welt verschont – also auch nicht wir in Mitteleuropa. Welche Folgen hat die Erderwärmung also für uns? Darüber erlaubt der Bericht erstmals detaillierte Aussagen.
- Die Temperatur in Mitteleuropa wird mit hoher Sicherheit auch unabhängig vom künftigen Ausmaß der Erderwärmung zunächst schnell weiter steigen.
- Es wird künftig häufiger extreme Hitzewellen geben, die auch mit weiteren Extremereignissen wie Bränden verbunden sein können.
- Der Boden in Westeuropa trocknet aus, es kommt häufiger zu Dürre-Perioden. Ab einer Erwärmung von 2 Grad Celsius wird das für die Ökosysteme und die Landwirtschaft existenzbedrohend.
- Während weniger Schnee fällt und geschlossene Schneedecken unterhalb von 1.500 Höhenmetern im Laufe des Jahrhunderts immer unwahrscheinlicher werden, kommt mehr Niederschlag als Regen zu Boden.
- Regen fällt zunehmend extremer aus. Dieser Starkregen führt dann vermehrt zu Überschwemmungen. Auch die Gefahr von Fluss-Hochwasser steigt stetig an.
Natürlich kommt es darauf an: Je stärker sich das Klima in den kommenden Jahren erwärmt, desto heftiger werden sich die Folgen auswirken – und zwar nicht nur bei uns in Zentraleuropa, sondern weltweit. Einige Effekte sind sogar schon unumkehrbar. So wird etwa der Meeresspiegel in den nächsten Jahrhunderten unweigerlich steigen. Die Frage ist nur, wie hoch genau. Dass der Prozess aber in Gang ist, lässt sich nun nicht mehr stoppen. Ganz ähnlich sieht es beim Abschmelzen der Gletscher aus, bilanzieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im ersten Teil des sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats.
Es wird heiß in Europa
Wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht sofort drastisch reduziert werden, dann droht die Menschheit die Pariser Klimaziele krachend zu verfehlen. Schon in etwa zehn Jahren kann dann die Schwelle von 1,5 Grad erreicht sein, heißt es im Bericht.
In Europa werde es allerdings in jedem Fall immer wärmer. Unabhängig vom zukünftigen Ausmaß der globalen Erwärmung werden die Temperaturen in allen europäischen Gebieten "sehr wahrscheinlich" mit einer Geschwindigkeit ansteigen, die die globalen mittleren Temperaturänderungen übersteigt.
Es wird also besonders heiß in weiten Teilen unseres Kontinents. Es wird auch häufiger heiße Extreme geben – also etwa häufigere Hitzewellen, die stärker sind als bisherige. Solche Hitzewellen seien eindeutig auf die Klimaerhitzung zurückzuführen, schreiben die Forschenden. In den vergangenen Jahren hätte es einige davon ohne den Klimawandel überhaupt nicht gegeben. Auch die heißen Extreme werden voraussichtlich unabhängig vom Szenario der Treibhausgasemissionen weiter zunehmen, heißt es.
Zentraleuropa ist sehr stark von der Klimaerwärmung betroffen.
Aber wie sicher ist es, dass genau das eintritt, was die Fachleute prognostizieren? Es ist ziemlich sicher, die Klimamodelle sind stetig verbessert worden und die Daten waren nie so valide wie jetzt. Allerdings kann es regionale Effekte geben, die sich schlecht prognostizieren lassen. In solchen Regionen könne es dann auch eine völlig andere Entwicklung geben als gedacht.
Dürre: Ausgetrockneter, unfruchtbarer Boden
Europa und der Westen Nordamerikas trocknen quasi aus, erklärt die leitende Autorin des Kapitels über extreme Wetter- und Klimaereignisse des Weltklimarat-Berichts Professorin Sonia Seneviratne von der ETH Zürich. Und diese Austrocknung sei eindeutig auf den Menschen als Ursache zurückzuführen. Und die Schweizerin weist auch darauf hin, dass verschiedene Extreme miteinander gekoppelt auftreten können: Wenn es also zum Beispiel sehr heiß sei, steige natürlich auch die Brandgefahr. Solche extremen Feuer sind ja derzeit in Südeuropa schon zu beobachten.
Im Bericht heißt es, die für Ökosysteme und Menschen relevante kritische Schwellenwerte seien bei einer globalen Erwärmung ab 2°C überschritten. Das heißt nichts anderes, als dass unser Überleben ab diesem Wert gefährdet ist: Es würde dann womöglich zum Artensterben kommen, die Wasserversorgung wäre gefährdet und auf den Feldern wächst dann perspektivisch nicht mehr sehr viel. Die höheren Temperaturen führen nämlich zu erhöhter Verdunstung, was wiederum den Boden austrocknet und die Pflanzen stresst. So werde die Landwirtschaft dann selbst in Mitteleuropa – wo die Forschenden keine großen Änderungen im Gesamtniederschlag erwarten – deutlich erschwert. Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht eingeschränkt wird, werde voraussichtlich bis 2100 etwa ein Drittel der weltweiten Landfläche von zumindest moderater Dürre betroffen sein.
Wann war's das letzte mal richtig Winter?
Während die heißen Tage also künftig zunehmen, wird es weniger häufig Kälteperioden geben. Die Zahl der Frosttage werde perspektivisch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit deutlich sinken, heißt es. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Schneefall im Winter. Für Ski-Urlaub muss man perspektivisch im Winter wohl sehr hoch hinaus: Denn in den Alpen wird die Schneedecke im 21. Jahrhundert unterhalb von Höhen von 1.500–2.000 Metern sehr wahrscheinlich abnehmen. Und Eile ist auch geboten: Die Schneesaisondauer wird in einer sich erwärmenden Welt natürlich auch abnehmen.
In den tieferen Lagen wird dann künftig statt Schnee sehr viel wahrscheinlicher nur Regen fallen im Winter. Die Beobachtungen weisen ein saisonales und regionales Muster auf, schreiben die Forschenden dazu. Demnach zeigten die Prognosen, dass es in Nordeuropa im Winter mehr Niederschläge geben wird.
Das andere Extrem: Hochwasser-Gefahr steigt
Während wir im Zentrum Europas also einerseits von extremer Hitze und Dürre bedroht sind, steigt andererseits gleichzeitig die Gefahr von Überschwemmungen. Dafür ist zum einen der Regen verantwortlich. Da Niederschläge mit zunehmender Erwärmung immer häufiger als Starkregen niedergehen, kann das zu Überschwemmungen führen. Es ist also genau das Szenario, das jüngst in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für erhebliche Schäden gesorgt und viele Todesopfer gefordert hat. Bei einer Erwärmung von 2°C und mehr steige die Wahrscheinlichkeit solcher Starkregen-Hochwasser erheblich, so die Forschenden. Zusätzlich gebe es dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einen zunehmend Trend zu Überschwemmungen von Flüssen.
Was ungeachtet des Ausmaßes der globalen Erwärmung auf jeden Fall steigen werde, ist der relative Meeresspiegel – und zwar überall in Europa außer an der Ostsee. Dieser Anstieg werde in etwa dem globalen Mittelwert entsprechen oder sogar darüber liegen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rechnen mit einem Anstieg von 30 Zentimetern bis zu einem Meter bis zum Jahr 2100. Doch auch darüber hinaus wird der Meeresspiegel weiter steigen, denn er reagiert sehr langsam auf die globale Erwärmung, weshalb der Anstieg sich unumkehrbar über tausende Jahre fortsetzen werde. Wird das 1,5 Grad-Ziel eingehalten, wird es in 10.000 Jahren einen Anstieg um sechs bis sieben Meter geben, bei vier Grad um 19 bis 33 Meter, so die Projektion. Doch schon in näherer Zukunft werde der Meeresspiegel-Anstieg zu mehr Überschwemmungen an den Küsten führen. Küstenlinien entlang sandiger Küsten werden sich demnach schon im Laufe des 21. Jahrhunderts zurückziehen.
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(kie)
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