Desinfektion im Theater Mit Wasserstoffperoxid-Nebel gegen Coronaviren
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13. August 2020, 15:23 Uhr
Hygienekonzept - dieses Wort dürfte den Verantwortlichen verschiedener Kulturbetriebe die Haare sträuben. Denn Hygienekonzepte in Zeiten des Coronavirus sind gerade in Theatern und Konzertsälen eine besondere Herausforderung. Das Berliner Ensemble glaubt nun eine Lösung in Wasserstoffperoxid gefunden zu haben. Der wird als Nebel in den Räumen versprüht und soll alles desinfizieren. Doch funktioniert das wirklich?
Es erinnert ein wenig an eine Schneekanone. Doch statt der weißen Pracht spucken die großen Düsen Strahlen von feinem, weißem Nebel aus. Als breite Wolke sinkt er zu Boden, legt sich über die Bühne des Berliner Ensembles, die historischen, stoffbespannten Sitze, den Stuck im Theatersaal. Doch der Nebel dient hier keinem dramatischen Effekt, sondern der Desinfektion.
Für Viren und Bakterien tödlich
Der Nebel besteht aus Wasserstoffperoxid. Er wird unter anderem von Firmen wie der B-P-S zur Raumdesinfektion eingesetzt. Was Haare bleichen und zu Sprengstoff verarbeitet werden kann, kann auch für Viren und Bakterien tödlich sein. Kathrin Höhne von der B-P-S erklärt die Wirksamkeit von Wasserstoffperoxid: "Wasserstoffperoxid ist ein Oxidationsmittel und es wird seit mehr als 50 Jahren zur Bekämpfung von Viren, Bakterien und Sporen eingesetzt. Wasserstoffperoxid zerstört nämlich die Lipid-Schicht der Viren. Und kann dadurch die Viren inaktivieren." Die Hülle der Viren wird also zerstört, die Viren werden unschädlich. Dass es also gegen das Coronavirus auf Flächen helfen kann, ist plausibel.
Auch bei Aerosolen wirksam
Doch das Virus kann auch in Aerosolen - also kleinen Luftpartikeln - vorkommen - und da ziemlich lange überleben. Auch hier soll der Nebel das Virus bekämpfen können, erklärt Höhne:
"Hierzu nutzt man die physikalische Eigenschaft der Diffusion. Denn diese Desinfektionsmittel-Aerosole sind so lange in der Luft unterwegs, bis sie einen ausgeglichenen Feuchtigkeitsgehalt in der Luft haben. Das heißt, die wollen mit jedem Teil, das in der Luft ist, diesen Ausgleich schaffen. Und deswegen ist diese Vernebelung auch unglaublich wirksam, weil sie an Stellen kommt, an die man mit einem normalen Putztuch nicht mehr hinkommt. […] Diese Aerosole senken sich auch irgendwann auf Oberflächen ab und desinfizieren diese mit." Danach muss noch gelüftet werden. Die ganze Prozedur dauert ein bis zwei Stunden. Und hinterlässt einen reinen, coronafreien Raum, so der Anbieter B-P-S.
Hygieniker haben Zweifel
Doch Michael Pietsch, Leiter der Hygieneabteilung an der Universitätsmedizin Mainz, hat seine Zweifel an der Wirksamkeit: "Das ist im Augenblick definitiv nicht bewiesen. […] Zumindest gibt es eine Forderung, die das Robert-Koch Institut erhebt, wenn es sagt: Es muss validiert werden, festgestellt werden, wie wirksam ist denn ein Verfahren mit Wasserstoffperoxid in der Raumluft auch an den Stellen, wo es möglicherweise schwierig ist, dass der Dampf hingelangt."
Keine unabhängigen Untersuchungen
Natürlich ist es aber denkbar, dass es funktioniert. Doch unabhängige Untersuchungen gibt es eben noch nicht. Eine Frage sei auch, ob der Nebel, der sich auf Flächen absetzt, noch die nötige Konzentration an Wasserstoffperoxid hat, um desinfizieren zu können. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum das Robert-Koch Institut die Wasserstoffperoxid-Vernebelung nicht auf seiner Liste für Desinfektionsverfahren führt, erklärt Pietsch: "Das Robert-Koch Institut sagt, Wasserstoffperoxid-Verfahren sind im Augenblick nicht zu listen, weil sie so unterschiedlich sind. Je nach Produkt und je nach Generator und je nach Raumkonfiguration."
Ein nachgewiesenes und einheitliches Rezept für die Raum-Desinfektion mit Wasserstoffperoxid gibt es also noch gar nicht. Das bedeutet nicht, dass die Vernebelung von Wasserstoffperoxid bei der Desinfektion nutzlos ist. Aber es fehlen eben noch die unabhängigen, wissenschaftlichen Belege und Erkenntnisse, wie und wann es eingesetzt werden kann.
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