Begriffe aus der Raumfahrt leicht erklärt Astro-, Kosmo- oder Taikonaut und warum eigentlich Weltraum-Bahnhof?

15. April 2021, 10:56 Uhr

Heißt es jetzt Astronaut oder Kosmonaut? Verflixt noch eins. Bei den ganzen unterschiedlichen Namen für raumfahrende Personen kann man schnell durcheinanderkommen. Und dann gibt es auch noch Weltraum-Bahnhöfe und -Flughäfen. Wir erklären Ihnen leicht verständlich und schnell, was es mit den unterschiedlichen Begriffen auf sich hat.

Der erste Mann und die erste Frau im All waren Kosmonauten. Der erste Mensch auf dem Mond war ein Astronaut. Aber warum Astronaut oder Kosmonaut? Und was hat es mit den Taikonauten und Austronauten auf sich? MDR Wissen hilft Ihnen bei dem Weltraum-Wusel durchzublicken.

Astronaut oder Kosmonaut?

Die amerikanischen Raumfahrerinnen und Raumfahrer sind Astronauten, die russischen Weltraumreisenden sind Kosmonauten. Letzteres gilt auch für die ehemalige Sowjetunion. Neben den Amerikanern sind auch viele andere Raumreisende Astronauten wie beispielsweise die meisten Europäerinnen und Europäer.

Bei Deutschland wird es kompliziert. Der erste Deutsche im Weltraum war ein Kosmonaut: Sigmund Jähn. Da die DDR zum von der Sowjetunion angeführten "Sozialistischen Weltsystem" gehörte, wurden deren Weltraumreisende Kosmonauten genannt. Alle anderen Deutschen Raumfahrer (bisher waren es nur Männer) werden Astronauten genannt. Entweder, weil sie aus Westdeutschland kamen oder erst nach der Wiedervereinigung zu Astronauten ausgebildet wurden.

Die Bezeichnung Kosmonautin oder Astronaut bezieht sich auf die auszubildende Raumfahrtbehörde. Die russische Raumfahrtbehörde bildet Kosmonautinnen und Kosmonauten aus. Die westlichen Raumfahrtbehörden wie ESA (Europa), NASA (USA), CSA (Kanada) oder JAXA (Japan) bilden Astronautinnen und Astronauten aus. Dabei ist es vollkommen normal, dass Kosmonauten auch mal in den USA trainieren und Astronauten in Russland.

Griechischer Ursprung

Übrigens: Der Begriff Astronaut leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet Sternenfahrer. Er setzt sich aus den Begriffen Astro- (griech. ástron = Stern bzw. Sternbild) und -naut (griech. naútēs = Seefahrer) zusammen. Das altgriechische Wort kósmos steht für Kosmos, Weltraum. Damit sind Kosmonauten Weltraumfahrer.

Sind die Chinesen Taikonauten?

In den westlichen Medien werden die chinesischen Raumfahrenden gerne Taikonauten genannt. Übersetzt bedeutet es Weltraumfahrer, da taiko- von dem chinesischen Wort für "große Leere" (chin. taikong), sinnbildlich also dem Weltall abstammt.

Das Mondfahrzeug mit der Flagge von China.
Das chinesische Mondfahrzeug mit der Flagge von China. Bildrechte: imago images / Xinhua

Die Volksrepublik China war das dritte Land, das es aus eigener Kraft geschafft hat, einen Menschen in den Weltraum zu schicken. Die westlichen Medien hatten den Begriff von der englischsprachigen Webseite "Go Taikonauts!" übernommen – der damals einzigen wirklich zuverlässigen Quelle, die über die chinesische Raumfahrt berichtet hat. Auch heute steht die chinesische Regierung den westlichen Medien nur sehr kritisch gegenüber.

Die Chinesen nennen ihre raumfahrenden Helden aber Yuhang yuan. Yuhang steht für Raumfahrt und yuan für Mitglied oder auch Person. Somit ist Yuhang yuan das chinesische Raumfahrtmitglied. 

Weitere Bezeichnungen in Asien: Vyomanaut und Angkasawan

Die nächsten beiden Begriffe sind alles andere als leicht zu merken. Die indischen Raumfahrenden werden Vyomanauten genannt. Das leitet sich von den Worten naut und vyomagami aus dem Sanskrit – den verschiedenen Varietäten des Altindischen – ab. Vyomagami bedeutet übersetzt "etwas, das sich am Himmel bewegt".

Die erste indischstämmige Raumfahrerin wurde von der NASA ausgebildet und war Mitglied der letzten Columbia-Crew. Kalpana Chawla und die restliche "Space Shuttle"-Crew kamen 2003 beim Columbia-Unglück ums Leben. Seit 2006 verfolgt Indien sein eigenes bemanntes Raumfahrtprogramm: Gaganyaan (san. "Himmelsfahrzeug"). Und seit 2010 werden die zukünftigen indischen Raumfahrer und Raumfahrerinnen Vyomanauten genannt.

Das amerikanische Space Shuttle Atlantis dockt an die russische Raumstation MIR im Juni 1995 an. Die Kooperation zwischen beiden Nationen nimmt ihren Anfang. Wenige Jahre später folgt der Bau der Internationalen Raumstation ISS
Das amerikanische Space Shuttle Atlantis dockt an die russische Raumstation MIR im Juni 1995 an. Wenige Jahre später folgt der Bau der Internationalen Raumstation ISS. Bildrechte: NASA

Auch Malaysia hat einen eigenen Begriff für seine Raumfahrer: Angkasawan – er leitet sich vom malaiischen Wort angkasa ab und steht für das Wort Weltraum. Streng genommen waren es aber Kosmonauten, da sie 2007 an Bord einer russischen Mission waren. Jedoch sollten sich die malaysischen Raumfahrer von anderen Weltraumreisenden unterscheiden.

Spationaut, Austronaut, Euronaut und Afronaut

Dann gibt es noch Bezeichnungen, die sich nicht wirklich durchsetzen konnten. Das französische Kunstwort Spationaut basiert auf dem gleichsprachigen Begriff espace für Raum. Die österreichischen Medien gaben Franz Artur Viehböck den Spitznamen Austronaut, der im Oktober 1991 acht Tage lang im Weltraum verbrachte.

Zeitweise haben die Medien die europäischen Raumfahrenden Euronauten genannt. Jedoch konnte sich der Begriff genauso wenig durchsetzen, wie der Afronaut – der afrikanische Raumfahrer. Das klingt jetzt alles nach einer ganzen Menge neuer Begriffe, aber keine Angst: Falls Ihnen der richtige Begriff nicht einfallen sollte, dann verwenden Sie einfach Raumfahrerin oder Raumfahrer – das geht immer.

Weltraum-Bahnhof oder Weltraum-Flughafen

Ob Kosmonautin oder Astronaut: In den Weltraum gelangen sie über Startplätze. Doch diese werden mal Weltraum-Bahnhof oder Weltraum-Flughafen genannt. Die Europäische Weltraumbehörde ESA verwendet überwiegend den Begriff Raumflughafen, "da es sich um einen Startplatz für Trägerraketen handelt", teilt uns die Pressestelle der ESA mit.

Die Raketen-Startrampe im europäischen Weltraumbahnhof Kourou, auf Französisch-Guayana.
Die Raketen-Startrampe im europäischen Weltraumbahnhof Kourou, in Französisch-Guayana. Bildrechte: ESA

Eine Unterscheidung macht dennoch Sinn, wie der ehemalige deutsche Astronaut Ulrich Walter 2019 in einem Spiegel-Interview deutlich machte: "Ein Weltraum-Bahnhof ist per Definition eine Anlage, von der Raketen senkrecht von einer Startrampe aus starten."

Anders sieht es bei dem Spaceport America in New Mexico aus, der von Virgin Orbit und Virgin Galactic betrieben wird. Dort starten Flugzeuge, die mit einer Trägerrakete beladen werden. In einer gewissen Höhe wird diese abgeworfen und ein Air Launch – Start aus der Luft – eingeleitet. Ähnliches ist auch für den Flughafen in Rostock-Laage geplant. Walter "würde bei einer solchen Anlage aber nicht von einem Weltraumbahnhof sprechen, sondern von einem Weltraumflughafen". 

Horizontale Starts werden somit von Weltraum-Flughäfen durchgeführt. Klassische senkrechte Launchs werden von Weltraum-Bahnhöfen gestartet – die in Russland und China Kosmodrome genannt werden. Und falls Sie einmal durcheinander kommen sollten: Spaceport funktioniert immer.

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