Chemiepark Leuna mit der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland, Teilansicht, Luftbild.
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Öl- und Gasindustrie Übergewinne aus Energiekrise könnten fünf Jahre Klimaschutz in Entwicklungsländern finanzieren

11. November 2024, 15:49 Uhr

Schwarzes Gold sorgt für schwarze Zahlen: 2022 war das Jahr der Energiekrise mit hohen Öl- und Gaspreisen. Profitiert hat davon maßgeblich die Öl- und Gasindustrie mit enormen Übergewinnen – gut 500 Milliarden Dollar mehr als prognostiziert hat die Branche im Krisenjahr 2022 erwirtschaftet. Das sind Summen, die vor allem ärmeren Ländern als Klimazahlungen helfen könnten.

490 Milliarden US-Dollar – das ist die Zahl, die im Raum steht. Eine aktuelle Studie der TU München hat die Bilanzen von 93 Öl- und Gasunternehmen untersucht und herausgefunden, dass im Jahr 2022 deutlich mehr Gewinn erzielt wurde als zu Beginn prognostiziert. Als Grundlage dienten dafür die Auswertungen zahlreicher Analystinnen und Analysten zu Jahresbeginn. Vor allem durch den Angriffskrieg Russlands erhöhten sich die globalen Gewinne massiv. Statt der prognostizierten 753 Milliarden US-Dollar konnten die Öl- und Gaskonzerne einen Gesamtgewinn von 1,24 Billionen US-Dollar verbuchen.

Versprochen ist versprochen: 600 Milliarden US-Dollar für Entwicklungsländer

Geld, das etwa dringend für den Klimaschutz in ärmeren Ländern benötigt würde. Und das steht ihnen auch zu, denn die führenden Industrieländer haben sich verpflichtet, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden Euro an Schwellen- und Entwicklungsländer zu überweisen. In Summe sind das 600 Milliarden US-Dollar. Ein Großteil dieses Betrags hätte allein mit den Übergewinnen aus dem Jahr 2022 schon finanziert werden können.

Diese zusätzlich erzielten Profite nur eines Jahres belaufen sich annähernd auf die Summe, die den ärmeren Staaten für einen Fünfjahreszeitraum versprochen wurde.

Prof. Dr. Florian Egli Professor für Public Policy for the Green Transition an der TU München
Eingansgportal COP29 in Baku
Auf der Weltklimakonferenz in Baku wird auch über die Klimaausgleichsfinanzierung ärmerer Länder entschieden. Bildrechte: IMAGO / NurPhoto

Die Frage der Finanzierung für Entwicklungsländer wird auch bei der anstehenden UN-Klimakonferenz (COP29) in Baku eine zentrale Rolle spielen. Denn einerseits sind die versprochenen 600 Milliarden US-Dollar nicht vollständig geflossen, zum anderen soll in Baku eine Nachfolgevereinbarung zur Finanzierung beschlossen werden.

Hilft eine Übergewinnsteuer?

Eine viel diskutierte Lösungsmöglichkeit: Die Übergewinnsteuer. Dabei fließen alle ungewöhnlich hohen Gewinne von Unternehmen, die mit fossilen Brennstoffen ihr Geld verdienen, als Steuer in die öffentliche Hand. Eine solche Steuer gab es etwa in der EU in kleinerem Maßstab 2022 bereits. Etwa 20 Milliarden US-Dollar gingen so an die EU-Staaten.

Zugriff auf die Übergewinne würde dabei durchaus bestehen. 42 Prozent aller untersuchten Gas- und Ölunternehmen waren und sind in staatlichem Besitz, die meisten davon in Norwegen. 95 Prozent aller privatwirtschaftlichen Firmen haben ihren Sitz in Ländern, die sich zu der Zahlung des Klimaschutzbetrags an Entwicklungsländer verpflichtet haben. Dr. Anna Stünzi, zweite Forschungsleiterin hält daher fest: "Die Regierungen haben also die unmittelbare Möglichkeit, die aufgrund einer Krise erzielten Profite abzuschöpfen, um sie zur Bekämpfung der Klimakrise einzusetzen."

Zukunft der Finanzierung unklar

Der Blick auf die untersuchten Unternehmen zeigt aber auch: Die Hälfte der Gewinne, die in der Privatwirtschaft verdient wurden, gingen an Unternehmen aus den Vereinigten Staaten. Hinsichtlich der Haltung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der mit der Aufkündigung des Pariser Klimaschutzabkommens droht und wieder verstärkt auf fossile Energiequellen setzen will, scheint eine Übergewinnsteuer in den USA etwa sehr unwahrscheinlich. In die Studie nicht eingeflossen sind außerdem hochprofitable Energieunternehmen aus Russland, Venezuela, Südafrika und dem Iran, da diese keine Zahlen veröffentlichen.

Studienautor Florian Egli ist angesichts einer möglichen Übergewinnsteuer auch skeptisch. Er meint, ein solches Abkommen sei nicht leicht zu erreichen. Aber: Die von den G20-Staaten und der OECD beschlossene globale Mindeststeuer könnte ein Ansatz ein.

[...] die Vereinbarung zur globalen Mindeststeuer für Unternehmen, die mehr als 130 Staaten 2023 unter dem Dach der OECD und der G20 getroffen haben, könnte ein Vorbild sein.

Prof. Dr. Florian Egli Professor für Public Policy for the Green Transition an der TU München

Die COP29 startet heute und läuft bis zum 14. November. Bis dahin soll die neuerliche Finanzierungsfrage geklärt sein. Dass eine Übergewinnsteuer beschlossen wird, ist zwar unwahrscheinlich – sie könnte aber klamme nationale Haushalte enorm entlasten. Zumindest in der Theorie.

Links/Studien

Florian Egli, Michael Grubb, Anna Stünzi: Harnessing oil and gas superprofits for climate action, Climate Policy 2024. DOI: 10.1080/14693062.2024.2424516
http://dx.doi.org/10.1080/14693062.2024.2424516

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