Luftaufnahme einer Feld- und Waldlandschaft
Bildrechte: IMAGO / Hans Blossey

Artenvielfalt Neue Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung

13. März 2025, 15:56 Uhr

Sind viele kleine fragmentierte Lebensräume in Summe besser für die Artenvielfalt als wenige große zusammenhängende? Seit Jahrzehnten wird in der Wissenschaft darüber debattiert. Eine neue Studie unter Beteiligung von Forschern aus Mitteldeutschland kommt nun zu einem klaren Ergebnis: Nein, die Fragmentierung ist nicht besser für die Artenvielfalt.

Es ist eine Jahrzehnte alte Debatte: Ökologen sind sich zwar einig, dass der Lebensraumverlust und die Fragmentierung von Wäldern die Artenvielfalt innerhalb der verbleibenden Fragmente verringern. Aber uneins sind sie sich, ob es besser ist, viele kleinere, fragmentierte Flächen zu schützen oder größere, zusammenhängende Landschaften. Eine neue Studie der University of Michigan (USA), des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) sagt nun klipp und klar: Große, ungestörte Landschaften sind für die biologische Vielfalt besser geeignet als fragmentierte Landschaften.

"Wir haben klare Belege aus vielen verschiedenen bewaldeten Landschaften, dass Fragmentierung tatsächlich schädlich ist für die Biodiversität, von kleineren bis größeren Maßstäben", sagt Co-Autor Jonathan Chase, Forschungsgruppenleiter beim iDiv und der MLU. "Nicht nur finden sich in jedem einzelnen kleinen Lebensraum weniger Arten als in einem großen, sondern auch in der Summe finden sich weniger Arten, wenn man die einzelnen Lebensräume die gesamte Landschaft hinweg betrachtet."

Alpha-, Beta- und Gamma-Diversität

Genau dieser letzte Aspekt war in den vergangenen Jahren das große Diskussionsthema. Denn man kann die Biodiversität unterteilen in Alpha-, Beta- und Gamma-Diversität. Alpha-Diversität bezieht sich auf die Anzahl der Arten in einem kleinen Lebensraum, während Beta-Diversität beschreibt, wie sich die Artenzusammensetzung zwischen zwei Gebieten unterscheidet. Gamma-Diversität bezieht sich auf die Artenvielfalt in größeren Landschaften. Man stelle sich dazu vor, man fährt entlang landwirtschaftlicher Felder und Waldstücke zwischen den Feldern. Jedes Waldstück könnte eine Handvoll Vogelarten enthalten (Alpha-Diversität), aber jedes Waldstück hat im Vergleich zum vorherigen unterschiedliche Vogelarten (Beta-Diversität). Die Artenvielfalt der gesamten Landschaft, die alle fragmentierten Waldstücke enthält, ist die Gamma-Diversität der Region.

Die neuen Ergebnisse zeigen nun, dass Fragmentierung die Anzahl der Arten über alle Tier- und Pflanzen-Gruppen hinweg verringert, und dass der Anstieg der Beta-Diversität in fragmentierten Landschaften den Verlust der Artenvielfalt auf Landschaftsebene nicht ausgleicht. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten 4.006 Arten von Tieren und Pflanzen an 37 Standorten auf der ganzen Welt. Die Gamma-Diversität war bei fragmentierten Landschaften im Durchschnitt um 12,1 Prozent geringer. Etwa ein Achtel der Arten ging dort gegenüber großen zusammenhängenden Schutzgebieten also verloren.

Auf diesem am Rand des Feldes angelegten, mehrere Meter breiten Blühstreifen blühen insgesamt 28 in Sachsen-Anhalt heimische Wildkräuter. 4 min
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Studien-Erstautor Thiago Gonçalves-Souza von der University of Michigan hofft, dass mit diesem Ergebnis die Debatte ein Ende hat, welche Größe von Schutzgebieten besser ist. Denn wichtiger als zu streiten sei es anzupacken: "In vielen, vielen Ländern gibt es nicht mehr viele große, intakte Wälder. Daher sollte unser Fokus darauf liegen, neue Wälder zu pflanzen und zunehmend degradierte Lebensräume wiederherzustellen", sagt der Forscher. "Wiederherstellung ist für die Zukunft entscheidend, mehr noch als die Debatte darüber, ob es besser ist, einen großen Wald oder viele kleinere Waldfragmente zu haben."

(rr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringen-Journal | 12. März 2025 | 19:13 Uhr

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