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Naturschutz Genetische Vielfalt in der Natur sinkt, aber man kann etwas dagegen tun
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01. Februar 2025, 15:00 Uhr
Die umfassendste globale Analyse, die jemals durchgeführt wurde, zeigt einen starken Rückgang der genetischen Vielfalt in der Natur. Das kann bei bedrohten Arten zum Aussterben führen. Die Studie zeigt aber auch, dass aktiver Artenschutz diese Entwicklung aufhalten oder sogar umkehren kann. Genetische Vielfalt ist also kein passiver Faktor, sondern kann durch gezielte Eingriffe verbessert werden.
Noch vor zehn Jahren wäre so eine Analyse nicht möglich gewesen, meint Catherine Grueber. Die Professorin aus Sydney (Australien) hat es mit ihrer internationalen Forschungsgruppe geschafft, genetische Daten aus vielen früheren Studien zusammenzuführen und durch vereinheitlichte Maßstäbe vergleichbar zu machen. Auf diese Weise konnten Studienergebnisse aus mehr als 30 Jahren (1985 bis 2019) zu 628 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten überall auf der Welt in die Untersuchung einfließen.
"Fortschritte in der Genetik und Statistik haben uns neue Instrumente an die Hand gegeben, die es uns ermöglichen, noch lange nach der Durchführung von Studien aus diesen zu lernen", sagt Catherine Grueber und nennt das "einen großen Vorteil, wenn wir Populationen und Trends auf globaler Ebene betrachten."
Genetische Vielfalt bei zwei Dritteln der Populationen rückläufig
Das grundlegende Ergebnis der nun abgeschlossenen Meta-Analyse war irgendwie zu erwarten, ist aber doch ernüchternd. Bei zwei Dritteln der untersuchten Populationen nimmt die genetische Vielfalt ab. Die zu erwartenden Effekte daraus liegen auf der Hand: schlechtere Anpassung an veränderte Umweltbedingungen und schnellere Ausbreitung von Krankheitserregern. Bei ohnehin schon bedrohten Arten kann das schnell zum Aussterben führen.
"Es ist unbestreitbar, dass die biologische Vielfalt weltweit in einem noch nie dagewesenen Ausmaß abnimmt", sagt Grueber, die außer dieser schlechten Nachricht aber auch eine gute hat: "Es gibt auch Hoffnungsschimmer. Naturschutzmaßnahmen können diese Verluste rückgängig machen und dazu beitragen, genetisch vielfältige Populationen zu schaffen, die den Herausforderungen der Zukunft besser gewachsen sind." Dieser Satz ist nicht einfach so dahingesagt, sondern konnte in der Studie anhand mehrerer konkreter Beispiele bewiesen werden.
Polarfuchs in Nordeuropa
Die Art hat aufgrund des Pelzhandels einen starken Rückgang erlebt. Die Populationen sind kleiner geworden und stehen zudem oft in Konkurrenz zum Rotfuchs. Aber eine Reihe von Schutzmaßnahmen wie Zusatzfütterung, Rotfuchs-Entnahmen und das Aussetzen von Polarfüchsen aus Zuchtprogrammen in die Natur haben dafür gesorgt, dass die genetische Vielfalt erhalten wurde, in einigen Fällen sogar erhöht. Die Populationsgröße nimmt nun laut Studie wieder zu.
Schwarzschwanz-Präriehund in Nordamerika
Manche Populationen dieser Art, die zu den Erdhörnchen gehört und ihren Hundenamen nur von den wie Bellen klingenden Warnrufen hat, leiden unter der Pest, die durch Flöhe verbreitet wird. Artenschützer haben deshalb Präriehund-Höhlen mit Insektiziden bestäubt. Der gewünschte Effekt trat ein: Die Flöhe waren weg, die Schwarzschwanz-Präriehunde erkrankten nicht mehr an der Pest, die genetische Vielfalt erhöhte sich.
Goldener Kurznasenbeutler in Australien
Vor allem Buschfeuer, Füchse und verwilderte Hauskatzen sollen es gewesen sein, die für den dramatischen Rückgang der Populationen dieser kleinsten Art der Kurznasenbeutler gesorgt haben. Die Art, früher nur im Norden Australiens heimisch war, ist vom Aussterben bedroht. Aber der Mensch hat durch Aussetzen von Tieren in Westaustralien neue Populationen geschaffen. Die genetische Vielfalt des Goldenen Kurznasenbeutlers (englisch "Golden Bandicoot") wurde dadurch erhalten.
Präriehuhn, Libelle und Frosch in den USA
Das Große Präriehuhn hatte ein Inzucht-Problem, denn die einzelnen Populationen waren zu klein. Der Mensch hat für Austausch gesorgt und einzelne Exemplare in andere Populationen "umgesiedelt". Dadurch hat sich die genetische Vielfalt wieder erhöht.
Somatochlora hineana hat keinen deutschen Namen. Es ist eine vom Aussterben bedrohte Libellen-Art in den USA, deren Populationen aufgrund des Lebensraumverlustes zurückgegangen und stark fragmentiert sind. Laufende intensive Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Erhaltung und Wiedervernetzung von Lebensräumen tragen dazu bei, die genetische Vielfalt der Art zu erhalten. Es wird erwartet, dass die Populationsgröße wieder zunimmt.
Der Mississippi-Gopherfrosch ist ebenfalls vom Aussterben bedroht. Seine Populationen sind sehr klein, die genetische Vielfalt ist gering. Aber die Bestände nehmen dank Erhaltungsmaßnahmen wie der Aufzucht von Kaulquappen in Tanks sowie der Bewirtschaftung von Feuchtgebieten zu.
Das Autorenteam der neuen Meta-Studie hofft, dass diese Positiv-Beispiel zu weiteren Schutzmaßnahmen ermutigen – vor allem bei Arten, die derzeit nicht kontrolliert werden. Was laut Co-Autorin Robyn Shaw sehr viele sind: "Zwei Drittel der untersuchten Populationen sind bedroht, und von diesen Populationen hat weniger als die Hälfte irgendeine Art von Schutzmanagement erhalten", sagt Shaw. "Es ist wichtig, dass wir aus dem lernen, was funktioniert hat, damit wir die Arten langfristig schützen können."
Links / Studien
Die Studie "Global meta-analysis shows action is needed to stop genetic diversity loss" ist im Fachjournal "Nature" erschienen.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 29. Januar 2025 | 06:31 Uhr
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