Biodiversität Eng verwandte Pflanzen schaffen trotz geringer genetischer Diversität vielfältige Lebensräume
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04. Dezember 2024, 14:31 Uhr
Bislang dachten Forscher, dass vielfältige Ökosysteme vor allem dann entstehen, wenn möglichst viele, nicht miteinander verwandte Pflanzenarten miteinander leben. Eine Datenanalyse zeigt jetzt aber das Gegenteil.
Ein Ökosystem wie ein Wald muss genetisch gar nicht besonders divers sein, damit die Pflanzen alle ökologischen Nischen ausfüllen können. Das ist das überraschende Ergebnis einer neuen Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Halle und Bologna. Fachsprachlich ausgedrückt heißt das: Die sogenannte phylogenetische Diversität korreliert nicht mit der funktionellen Diversität eines Umweltsystems. Bestimmte Gattungen von Pflanzen können also sowohl als Bäume, als auch als Büsche oder bodendeckende Lebewesen vorkommen, also unterschiedliche Lebensräume innerhalb des Waldes ausfüllen und dabei doch eng miteinander verwandt sein.
Grundlage dieser Erkenntnis ist die Auswertung von über 1,7 Millionen Einträgen aus einer Datenbank für Vegetationstypen, die am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig angesiedelt ist. Die Forscher um den Hallenser Geobotaniker Helge Bruelheide kombinierten diese Daten mit denen aus der TRY Datenbank, dem weltweit größten Register für Pflanzenmerkmale. "Das Ergebnis war für uns komplett überraschend: Es gibt keinen positiven Zusammenhang zwischen funktioneller und phylogenetischer Diversität. Oftmals sind beide sogar negativ miteinander korreliert", sagt Georg Hähn von der Universität Bologna. Das bedeutet: Die Pflanzengemeinschaft in einem Wald kann genetisch eng verwandt sein und trotzdem alle Arten von Lebensräumen in diesem Wald ausfüllen.
Das hat Folgen für den Naturschutz: Schutzmaßnahmen, die auf genetisch vielfältige Lebensräume abzielen, übersehen wichtige Bestandteile der Biodiversität. Das kann angesichts der klimatischen Herausforderungen für Ökosysteme gefährlich werden. "Unsere Untersuchung zeigt, dass Pflanzen in vielen Ökosystemen verschiedene Aufgaben erfüllen, obwohl sie eng miteinander verwandt sind", sagt Bruelheide. Ein Ökosystem könnte demnach anfällig für Veränderungen durch den Klimawandel sein, wenn es entweder nicht genügend funktionell verschiedene Arten oder aber nicht ausreichende evolutionäre Vielfalt gibt. "Ein effektiver Umweltschutz kann deshalb nicht nur die artenreichsten Flächen unter Schutz stellen. Stattdessen müssen sowohl funktionelle als auch phylogenetische Vielfalt betrachtet werden."
Links/Studien
- Hähn et.al. (2024): Global decoupling of functional and phylogenetic diversity in plant communities, Nature Ecology & Evolution
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 21. November 2024 | 16:25 Uhr
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