Klimakrise Nun ist es offiziell: 1,5 Grad Erwärmung 2024 überschritten – Klimaziele noch erreichbar
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10. Januar 2025, 04:00 Uhr
Mit 1,6 Grad war 2024 das erste Jahr der Neuzeit, in dem die Oberflächentemperatur der Erde mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau lag. Gerade jetzt ist aber kein Zeitpunkt für Scheuklappen und Kopp-in-den-Sand. Denn die Klimaziele sind nach wie vor erreichbar.
Das Überschreiten dieser verhängnisvoll imponierenden Einskommafünf heißt so viel wie: Aufgepasst, Achtung, Alarmstufe Rot. Es heißt eindeutig nicht: Jetzt ist alles zu spät, aus dem Schlamassel kommen wir nicht mehr raus. Die Unkenrufe haben sich allerdings bestätigt: 2024 ist mit 15,1 Grad nicht nur das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Sondern auch das erste, in dem die globale Durchschnittstemperatur über 1,5 Grad über dem vorindustriellen Zeitalter liegt – und zwar genau 1,6 Grad.
Das ist wichtig, weil durch das Pariser Klimaabkommen von 2015 1,5 Grad als symbolisches Limit gelten, bis zu dem die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts nach Möglichkeit begrenzt werden sollte, um die Auswirkungen der Klimakrise nicht noch verheerender werden zu lassen, als sie ohnehin schon sind.
2024 von Extremwetter geprägt
"Jedes Jahr des letzten Jahrzehnts gehörte zu den zehn wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen", so Samantha Burgess vom europäischen Wetterdienst ECMWF (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts). "Diese hohen globalen Temperaturen haben zusammen mit den Rekordwerten des atmosphärischen Wasserdampfs im Jahr 2024 zu noch nie dagewesenen Hitzewellen und starken Regenfällen geführt, die Millionen von Menschen in Not bringen."
Kein Scheitern der Klimaziele, aber Alarmstufe Rot
Das Überschreiten von 1,5 Grad ist jedoch nicht mit einem Scheitern des 1,5-Grad-Ziels Paris gleichzusetzen, welches sich auf ein zwanzigjähriges Mittel und nicht ein einzelnes Jahr bezieht. Die jetzt bestätigten Zahlen des Klimawandeldienstes des europäischen Erdbeobachtungsnetzwerks Copernicus mögen dahingehend also bereits alarmistisch klingen – dem renommierten Klimaforscher Mojib Latif geht das aber nicht weit genug. Er sagte bereits im November der Deutschen Presseagentur, die Betrachtung eines zwanzigjährigen Mittels sei unsinnig, der Treibhausgas-Ausstoß sei wieder historisch hoch gewesen, alle Klimaparameter wiesen in die falsche Richtung. Es sei absolut klar, dass die Erderwärmung weiter zunehmen werde – für eine Bestätigung müsse man keine zwanzig Jahre warten.
Latif sagte weiter: "Ohnehin ist es lächerlich, sich noch am 1,5-Grad-Ziel orientieren zu wollen. Wir werden die 1,5 Grad reißen, und wir werden auch die zwei Grad reißen." Der Klimawissenschaftler Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung betonte indes, wann die 1,5-Grad-Schwelle als erreicht gilt, sei längst nicht mehr die Kernfrage, sondern wann die Emissionen bei netto Null liegen würden. "Darum muss es Wettbewerb geben."
Seit Juli 2023 fast alle Monate über 1,5 Grad
Copernicus zufolge war 2024 noch einmal 0,12 Grad wärmer als 2023, das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – und sogar 0,72 Grad wärmer als das ohnehin warme "neue Klimamittel" der Jahre 1991 bis 2020. Seit Juli 2023 hätten bis auf den Juli 2024 alle Monate die 1,5 Grad Erderwärmung überschritten. Genau in diesem Monat wurde allerdings ein neuer Rekord für die tägliche globale Durchschnittstemperatur aufgestellt – am 22. Juli 2024 mit 17,16 Grad Celsius.
Und – was Küstenurlaubende bemerkt haben dürften, etwa an Nord- und Ostsee – auch die Meeresoberflächentemperatur außerhalb der Polargebiete erreichte im vergangenen Jahr ein Rekordhoch von 20,87 Grad, was 0,51 Grad über dem Mittel der Jahre 1991 bis 2020 liegt. Das warme Klima machte sich auch in europäischen Breiten deutlich bemerkbar: Als wärmstes Jahr in Europa brachte 2024 auch den wärmsten Frühling und den wärmsten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen mit.
Hohe Luftfeuchtigkeit, viel Hitzestress
Durch den hohen Wasserdampfgehalt der Atmosphäre litten viele Regionen der Erde unter Hitzestress, der durch hohe Temperaturen in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit entsteht – dann, wenn der Körper erschwerte Bedingungen hat, sich selbst herunterzukühlen. So berichtet Copernicus, Mitte Juli sei ein neuer Jahresrekord erreicht, als 44 Prozent der Erde von "schwerem" bis "extremen" Hitzestress betroffen waren. Dies sind 5 Prozent mehr der Erdoberfläche als der durchschnittliche jährliche Höchststand.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 10. Januar 2025 | 04:00 Uhr
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