Symbolbild: Temperatur-Diagramm
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Erwärmung In Deutschland ist es "plötzlich" 2,5 Grad wärmer als im frühindustriellen Zeitalter

01. April 2025, 16:28 Uhr

Im langfristigen Trend lagen die Temperaturen in Deutschland bis gestern um 1,9 Grad über dem frühindustriellen Niveau. Seit heute aber um 2,5 Grad. Das ist kein Aprilscherz, sondern Folge einer neuen Berechnungsmethode des DWD, die die dynamische Entwicklung des Klimawandels genauer abbildet.

Dass die alljährliche Pressekonferenz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zur Klimaentwicklung in Deutschland diesmal am 1. April stattfand, war reiner Zufall. Um Scherze ging es dabei nicht, sondern um Wetter- und Klimadaten aus dem Jahr 2024 – und um eine Neuerung.

Aufgrund dieser Neuerung kann man nun, quasi von einem Tag auf den anderen, in Deutschland von 0,6 Grad (oder eigentlich Kelvin) mehr langfristiger Erwärmung gegenüber dem frühindustriellen Zeitalter sprechen: statt 1,9 liegen wir im Trend nun plötzlich 2,5 Grad über den Temperaturen von 1881. Wie kommt das? An den bis 2024 erfassten und in die Berechnung eingeflossenen Temperaturen hat sich ja nichts geändert.

Aber der DWD hat für langfristige Trends die Berechnungsart verändert. Nicht um alarmistischer zu sein, wie Tobias Fuchs, Leiter der Klima- und Umweltberatung, betont, sondern um die dynamische Entwicklung des Klimawandels besser abzubilden. An den grundsätzlichen Temperatur-Jahreswerten ändert sich dabei natürlich nichts. Es bleibt dabei: 2024 war das mit Abstand wärmste Jahr in Deutschland, 2023 das zweitwärmste. Wie aber stellt man den langfristigen Trend am sinnvollsten dar?

Klima- und Wetterdaten: Lineare Trends können keine Dynamik abbilden

Bislang hat der DWD dabei auf lineare Trends gesetzt. Aber die sind nur begrenzt aussagefähig. Beispielsweise wenn man die linearen Trends von verschiedenen Zeiträumen vergleicht. Betrachtet man den Gesamtzeitraum von Beginn der großflächigen Datenerfassung 1881 bis 2024, kommt beim linearen Trend beispielsweise eine Erwärmung um 0,13 Grad pro Jahrzehnt heraus. Verkürzt man den Zeitraum aber auf die vergangenen reichlich 50 Jahre (1971 bis 2024), ist der lineare Trend dreimal so stark: 0,41 Grad Erwärmung pro Jahrzehnt.

Daran sieht man schon, dass eher kurzfristige Trends (über 50 Jahre) den ganz langfristigen Trends widersprechen können.

DWD zieht nach und verwendet nun auch das LOESS-Verfahren für Trends

Deswegen wendet der DWD (wie auch viele andere internationale Wetterdienste und die Welt-Wetter-Organisation WMO) nun das sogenannte LOESS-Verfahren für seine Trendlinien an. Es funktioniert so ähnlich wie eine gleitende Durchschnittsberechnung und kann kurzfristigere signifikante Perioden wie die Abkühlung in den 1960er- und 1970er-Jahren oder die starke Erwärmung zuletzt viel besser darstellen.

"Allerdings ist das Ergebnis der neuen Methode ernüchternd", sagt Andreas Becker, Leiter der Abteilung Klimaüberwachung des DWD. "Das neue Verfahren berechnet ein Plus bei der Jahresmitteltemperatur in Deutschland von 2,5 Grad seit 1881. Beim bisher genutzten, eher glättenden Verfahren, ergab sich ein Zuwachs von 1,9 Grad. Angesichts dieser Differenz ist mir wichtig zu betonen: Wir haben nicht neu gemessen, die Welt ist dieselbe wie vorher. Allerdings wird die Realität, und das betrifft vor allem die beschleunigte Erderwärmung, jetzt besser beschrieben."

Die neue Klimatrendlinie des DWD im Vergleich mit der alten linearen
Die neue Klimatrendlinie des DWD im Vergleich mit der alten linearen Bildrechte: DWD

Das LOESS-Verfahren kann und wird laut DWD auch für andere Messreihen wie Niederschlag und Sonnenscheindauer eingesetzt werden. Und noch einen weiteren Vorteil benennt Andreas Becker: "Das neue Verfahren stellt auch eine künftige Stagnation oder einen Rückgang der Erderwärmung durch erfolgreichen Klimaschutz zeitnah fest." Beim bisherigen linearen Trend würde man da sehr, sehr lange keinen Trend nach unten ablesen können.

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MDR FERNSEHEN Di 01.04.2025 13:23Uhr 01:16 min

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 01. April 2025 | 19:30 Uhr

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