Lernen von der Natur Bauen wie die Ameisen: schweigsam aber effektiv
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29. April 2021, 12:35 Uhr
Die Natur macht es vor und die Wissenschaft macht es nach: Das kennen wir von Flugzeugen, die den Vogelflug nachahmen oder von Saugnäpfen an der Badezimmerwand, und die wir von Tintenfischen geklaut haben. So kupfert die Wissenschaft gerne Phänomene aus der Natur ab. Wissenschaftler haben jetzt ein solches Phänomen bei Ameisen in Panama entdeckt. Die Ameisen arbeiten zusammen, ohne sich dafür absprechen zu müssen. Wie schaffen sie das? Und wo ist das für die Wissenschaft interessant?
Auf Deutsch heißen sie Wanderameisen, auf Englisch Armee-Ameisen und lateinisch Eciton burchellii. Sie sind einen Zentimeter groß und werden ihren verschiedenen Namen durchaus gerecht. Tagsüber jagen sie in riesigen Schwärmen nach Beute, ziehen oft mit Sack und Pack um und gehen auf Wanderschaft, erzählt Matthew Lutz vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz. Sie leben in temporären Nestern, die die Ameisen-Forschung Biwak nennt.
Wie kleine Akrobaten sind die Ameisen dabei in der Lage, die erstaunlichsten Gebilde aus ihren Körpern zu formen. Nicht nur ihr eigenes Nest entsteht so, sondern auch Brücken, um über Hänge zu gelangen und Kletterwände.
Matthew Lutz nennt sie "Gerüste" und hat sie sich in der neuen Studie genauer angeguckt:
Wir nennen sie Gerüste, weil sie ähnlich funktionieren wie die Gerüste, die wir aus dem Bau kennen. Es sind temporäre Strukturen. Die Ameisen bauen diese Gerüste aus sich selbst, wenn sie schräge Oberflächen hoch müssen. Dadurch rutschen andere Ameisen nicht ab und können fallende Ameisen auffangen.
Das Signal zum Gerüstbau: Eine Ameise rutscht ab, krallt sich fest und wartet
Das Erstaunliche dabei: Die Ameisen müssen sich dafür überhaupt nicht absprechen. Es findet keine Kommunikation untereinander statt. Wie geht das? Überraschenderweise ziemlich einfach, hat Matthew Lutz beobachtet. Dabei sieht es so aus, dass die Gerüste erst dann entstehen, wenn erste Ameisen, die eine Schräge hochlaufen müssen, abrutschen. Wenn sie sich wieder fangen, krallen sie sich am Untergrund fest und verharren dort. Für den Forscher der Hinweis auf eine einfache Regel:
Jede einzelne Ameise, die abrutscht, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit anhalten und so Teil des Gerüsts werden. Je größer das Gebilde, desto weniger Ameisen rutschen ab. So wachsen die Gerüste sehr schnell und wachsen bis zur benötigten Größe an. Die Formation beruht also auf individuellen Fehlerkorrekturen.
So schnell und effizient plötzlich auftretende Hindernisse überwinden: Das ist nicht nur interessant für Ameisen. Schließlich kennen auch wir Menschen plötzlich auftretende Hindernisse, auch für die Technik sind unverhoffte Hindernisse schwer zu überwinden. Wenn mehrere Systeme miteinander arbeiten müssen, wie in der Nanotechnologie oder Schwarmrobotik, braucht es dann ausgeklügelte Kommunikationssysteme. Oder vielleicht auch nicht, wie uns die Wanderameisen in Panama zeigen.
(kd)
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