Science vs. Fiction Ant-Man: Warum schrumpfen keine so gute Idee ist
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29. März 2021, 09:52 Uhr
In der Science-Fiction-Welt scheint nichts unmöglich. Schneller als das Licht, stärker als jedes Raubtier oder klein wie eine Ameise. So wie Marvel-Superheld Ant-Man. Der kann sich auf Kommando schrumpfen. Das klingt erstmal witzig. Keine geheime Besprechung wäre vor einem sicher. Wenn unser Körper aber wirklich auf Ameisengröße geschrumpft wäre, dann würden unsere Augen versagen und unser enormer Energiebedarf sogar lebensbedrohlich werden.
Schrumpfen in Comics und Film
In den Comics und im Film benutzt Ant-Man sogenannte "Pym-Partikel" zum Schrumpfen. Die sorgen angeblich dafür, dass seine Atome näher zusammenrücken. Der Gedanke ist gar nicht mal so absurd, wie er klingt. Das Atom ist nämlich fast komplett leer. Über 99,9 Prozent der Masse befindet sich im Atomkern. Das ganze Atom ist aber etwa hunderttausend Mal so groß wie der Kern. Das Größenverhältnis kann man sich ungefähr so vorstellen wie eine Stecknadel auf einem Fußballfeld.
Was wäre wenn?
Wenn wir jetzt mal davon ausgehen, es gäbe das Pym-Partikel und wir könnten uns schrumpfen. Dann würden wir ganz schnell merken, dass Schrumpfen eigentlich keine Superkraft ist. Das fängt schon bei unseren Augen an. Mit uns schrumpfen dann auch unsere Pupillen. Die haben normalerweise einen Durchmesser von etwa fünf Millimetern und sind damit rund 10.000 Mal größer als die Wellenlängen von sichtbarem Licht (380 bis 780 Nanometer).
Das Auflösungsvermögen unserer Augen – also wie scharf wir sehen können – hängt vom Durchmesser der Pupille, der Lichtwellenlänge und dem Abstand zu dem Gegenstand, den wir scharf sehen wollen ab. Wenn jetzt nur die Pupille kleiner wird und Lichtwellenlänge und Abstand gleich bleiben, dann haben unsere Augen eine viel schlechtere Auflösung und wir sehen völlig verschwommen.
Und die Augen sind nicht die einzigen Verlierer beim Schrumpfen. Unsere Stimmbänder werden auch kleiner. Wir hätten im Ameisenformat eine super fiepsige Stimme, würden also die ganze Zeit klingen wie auf Helium.
Jetzt könnte man denken, dass Ant-Mans Anzug, den er beim Schrumpfen trägt, diese körperlichen Folgen irgendwie verhindert. Aber:
Der Anzug hat tatsächlich nichts damit zu tun, ob du wachsen oder schrumpfen kannst. Oder damit, etwaige Konsequenzen realer Physik auf den Träger zu kompensieren. Das machen alles die Pym-Partikel.
Ant-Man kurz vorm Verhungern
Das größte Problem, was Ant-Man beim Weltretten hätte, wäre aber sein enormer Energiebedarf. Wenn wir kleiner werden, dann ändert sich das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Das kann man sich am besten vorstellen, wenn man der Einfachheit halber davon ausgeht, unser Körper sei ein Würfel. Wenn wir jetzt die Kantenlänge halbieren, dann wird die Oberfläche nicht halbiert, sondern geviertelt und das Volumen sogar geachtelt. Das liegt daran, dass die Oberfläche proportional zum Quadrat der Kantenlänge ist und das Volumen zum Kubik der Kantenlänge. Das Volumen schrumpft also schneller als die Oberfläche.
Im Umkehrschluss heißt das, dass unsere Oberfläche im Verhältnis zum Volumen beim Schrumpfen größer wird. Und über diese Oberfläche verlieren wir viel Energie in Form von Wärme. Die müssen wir uns über die Nahrung wieder reinholen. Das "Problem" hat zum Beispiel auch die Spitzmaus. Sie ist das kleinste Säugetier, was hier bei uns heimisch ist. Die Spitzmaus muss permanent fressen. Nach zwei bis drei Stunden ohne Nahrung ist sie schon verhungert. Bei Ameisen ist das übrigens kein Thema, weil sie Insekten sind und einen komplett anderen Körperbau und auch Stoffwechsel haben.
Atomradius verkleinern
Um uns so wie in den Ant-Man-Comics schrumpfen zu können, müssen die Pym-Partikel unsere Atome verändern. Sie müssen irgendwie dafür sorgen, dass sich in jedem unserer Atome die Elektronen näher am Atomkern aufhalten. Dass die Elektronen so weit entfernt vom Atomkern sind, ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Kräften, mechanisch und elektrisch. Der Physiker Niels Bohr hat Anfang des 20. Jahrhunderts das Bohrsche Atommodell entwickelt mit dem sich der Atomradius für Wasserstoff ausrechnen lässt. Und zwar mit folgender Formel:
wobei ε_0 die elektrische Feldkonstante im Vakuum, ℏ die reduzierte Planck-Konstante, m_e die Elektronenmasse und e die Elektronenladung ist. Das sind alles Naturkonstanten, also eigentlich nicht variabel. Aber rein theoretisch, mit Blick auf die Formel, würde der Atomradius kleiner werden, wenn zum Beispiel die Elektronenmasse wächst. Das müssten die Pym-Partikel also hinbekommen, damit wir so schrumpfen können wie Ant-Man.
Keine Hinweise auf Pym-Partikel
Auf so ein subatomares Teilchen wie das fiktive Pym-Partikel aus dem Marvel-Universum gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Hinweise. Dabei ist es gar nicht so abwegig, neue subatomare Teilchen zu finden. Mit großen Teilchenbeschleunigern, zum Beispiel im Forschungszentrum CERN, werden auch heute noch subatomare Teilchen gesucht. Und auch gefunden, so wie zum Beispiel 2012 das Higgs-Boson, welches 50 Jahre zuvor vorhergesagt worden ist. Aber eben keins, das die Fähigkeit hat, Materie zu schrumpfen.
Info: Wenn Sie noch mehr zu den Folgen vom Schrumpfen erfahren möchten oder sich schon immer gefragt haben, wie Daredevil ohne Augen sehen kann– schauen Sie doch mal auf unserem YouTube-Kanal "Science vs. Fiction" vorbei. Dort finden Sie auch die aktuelle Folge "Warum schrumpfen total bescheuert ist" mit Marc vom YouTube-Kanal "Der Comicladen".