Astronomie Milchstraße: Ein Drittel aller Planeten scheint in der bewohnbaren Zone zu liegen
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01. Juni 2023, 12:45 Uhr
Leben kann nur unter besonderen Umständen entstehen. Ein Planet sollte sich dafür im Idealfall in der bewohnbaren Zone seines Sterns befinden. Zwei Forscherinnen haben nun herausgefunden, dass dies für ein Drittel der Planeten in der Milchstraße zutreffen kann.
Wir haben schon ein großes Glück, dass es uns gibt. Unsere Sonne liefert uns genug Energie und Wärme, unsere Atmosphäre schirmt uns vor gefährlicher Weltraumstrahlung ab und kleinere Gesteinskörper wie Kometen verglühen in unserer Atmosphäre.
Dann befinden sich die Gasriesen weiter außen und fangen beispielsweise größere Asteroiden ab. Das ist keine Selbstverständlichkeit, oft befinden sich Gasplaneten näher an ihrem Stern. Unser Mond ist zudem so groß, dass er das Zerren der Gravitationskräfte von der innen liegenden Sonne und den außen liegenden Planeten Jupiter und Saturn ausbalanciert. Ansonsten würde sich die Erdachse immer wieder verschieben und auf der Erde würde es ständig Eiszeiten und Hitzewellen geben.
Zudem befinden wir uns in der bewohnbaren Zone in unserem Sonnensystem – dem Bereich, in dem Wasser in seiner flüssigen Form vorhanden sein kann. Und da, wo es flüssiges Wasser gibt, kann auch Leben entstehen. Das sind schon recht viele Zufälle, die dazu geführt haben, dass sich Moleküle aneinander binden konnten und kopierten, bis irgendwann dann auch wir entstanden. Dieses Glück scheint es eher selten im Universum zu geben – ansonsten müsste es doch von Leben nur so wimmeln?
Die Suche nach Planeten in der bewohnbaren Zone
Ein Forschungsteam der Universität von Florida hat sich in unserer Milchstraße einmal genauer umgeschaut. Dafür hat es die neusten Daten des Kepler- und Gaia-Teleskops zur Hilfe gezogen. Sie wollten wissen, wie die Planeten in unserer Galaxie verteilt sind. Befinden sie sich zu weit von ihren Sternen entfernt, damit Leben entstehen kann? Sind sie zu nah an ihrem Mutterstern? Oder befinden sie sich in der habitablen und somit bewohnbaren Zone?
Weltraumteleskop Kepler Das Kepler-Teleskop der Nasa war vom 7. März 2009 bis zum 30. Oktober 2018 im Einsatz. Es hat Informationen über Exoplaneten gesammelt, während diese sich vor ihren Wirtssternen bewegten. Dabei beobachtete das Weltraumteleskop einen festen Ausschnitt des Sternenhimmels im Sternbild Schwan. Dort befinden sich ungefähr 190.000 Sterne.
Eins steht fest: Solche Sterne wie unsere Sonne gibt es eher selten. Die weitaus häufigsten Sterne sind wesentlich kleiner und kühler. Sie haben höchstens die Hälfte der Masse unserer Sonne. Das heißt, dass ihre habitable Zone viel enger an diesen M-Zwergsternen liegt.
Weltraumteleskop Gaia Das Gaia-Teleskop der Esa ist seit dem 19. Dezember 2013 im Einsatz und soll voraussichtlich bis zum Jahresende 2025 in Betrieb bleiben. Es durchmustert den gesamten Himmel. Dabei richtet das Weltraumteleskop seinen Blick auf Sterne mit einer scheinbaren Sichtbarkeit von den Magnituden 3 bis 21. Je kleiner die Magnituden-Zahl, desto heller ist das Objekt. Unsere Sonne hat beispielsweise eine Magnitude von -26,832 mag. Der Polarstern ist 1,97 mag hell. Somit kann Gaia Galaxien wie Andromeda (3,4 mag), Planeten wie Neptun (7,8 mag) oder Zwergplaneten wie Pluto (13,9 mag9 oder Eris (18,8 mag) erkennen.
Für Astronomen und Astronominnen ist das ein gutes Zeichen. Denn unsere heutige Technologie kann überwiegend nur sternnahe Planeten erkennen. Diese umrunden ihren Stern in geringeren Abstand und verdunkeln damit auch öfters einen kleinen Teil des Sterns. Das hilft den Forschenden dabei, ihre Umlaufbahn zu bestimmen und damit auf ein wiederkehrendes Objekt zu schließen. Immerhin könnte bei der Beobachtung auch einfach ein Asteroid vor dem Stern vorbeigeflogen sein.
Zu nah, zu fern: Der richtige Abstand macht einen Planeten bewohnbar
Die meisten Sterne in unserer Milchstraße sind Zwergsterne und diese werden von Milliarden von Planeten umkreist. Damit ein Planet bewohnbar wird, muss er genügend Wärme einfangen. Da Zwergsterne jedoch weniger Wärme abgeben als beispielsweise unsere Sonne, müssen diese Planeten ihren Wirtsstern in einer engeren Umlaufbahn umkreisen. Jedoch kann dies auch dazu führen, dass sie extreme Gezeitenkräften ausgesetzt sind und die Entstehung von Leben somit unmöglich gemacht wird.
Und tatsächlich haben die Forschenden der Universität von Florida herausgefunden, dass zwei Drittel dieser Planeten durch die extremen Gezeitenkräfte geröstet werden – zumindest theoretisch. Das würde die Planeten sterilisieren und kein Leben mehr ermöglichen.
Ein Drittel der Planeten könnte sich jedoch in einer Goldlöckchen-Umlaufbahn befinden: Sie umrunden den Stern mit einer engen Umlaufbahn, wobei dessen Gravitationskräfte nur sanfte Auswirkungen auf die Planeten haben. Das ermöglicht die Fähigkeit zur Wasserspeicherung und möglicherweise sind auf solchen Planeten alle Bausteine vorhanden, damit Leben entstehen kann. "Ein Drittel" mag zunächst wenig klingen, tatsächlich würde es aber Hunderte von Millionen Planeten in unserer Milchstraße betreffen.
"Ich denke, dass dieses Ergebnis für das nächste Jahrzehnt der Exoplanetenforschung wirklich wichtig ist, weil sich die Augen auf diese Sternenpopulation richten. Diese Sterne sind hervorragende Ziele für die Suche nach kleinen Planeten in einer Umlaufbahn, bei der es denkbar ist, dass Wasser flüssig ist und der Planet daher bewohnbar sein könnte", erklärt die Doktorandin und Hauptautorin der Studie Sheila Sagear.
Eine kleine Stichprobe von Planeten um M-Zwergsternen
Insgesamt untersuchten die Forscherinnen 150 Planeten, die M-Zwergsterne umrunden. Diese Zwergsterne sind in etwa so groß wie Jupiter und haben eine Oberflächentemperatur von etwa 3.500 Grad Kelvin. Die Oberflächentemperatur unserer Sonne liegt bei 5.772 Kelvin – in dieser Größenordnung macht die Umrechnung in Celsius keinen Sinn mehr, da sie sich nur geringfügig vom Kelvin-Wert unterscheidet.
Wenn ein Planet nahe genug an seinem Stern kreist, etwa in der Entfernung, in der Merkur die Sonne umkreist, kann eine exzentrische Umlaufbahn zu einem Prozess führen, der als Gezeitenerwärmung bekannt ist. Da der Planet durch die wechselnden Gravitationskräfte auf seiner unregelmäßigen Umlaufbahn gedehnt und verformt wird, erhitzt sich der Planet durch Reibung. Im Extremfall könnte dies den Planeten verbrennen und damit jede Chance auf flüssiges Wasser zunichtemachen.
"Nur bei diesen kleinen Sternen ist die Zone der Bewohnbarkeit nahe genug, damit diese Gezeitenkräfte relevant sind", erklärt Sarah Ballard, die Mitautorin der Studie. Um die Bahnen der Planeten zu messen, konzentrierten sich die Forscherinnen vor allem auf die Umlaufzeit der Planeten. "Die Entfernung ist wirklich die Schlüsselinformation, die uns vorher fehlte und die es uns jetzt ermöglicht, diese Analyse durchzuführen", so Sagear.
Dabei fanden sie heraus, dass Sterne mit mehreren Planeten am ehesten die Art von kreisförmigen Umlaufbahnen aufweisen, die es ihnen ermöglichen, flüssiges Wasser zu halten. Bei Sternen mit nur einem Planeten war die Wahrscheinlichkeit am größten, dass sie extreme Gezeiten erlebten, die die Oberfläche sterilisieren würden.
Die Erweiterung der bewohnbaren Zone
Die Gezeitenerwärmung trifft nicht nur für Planeten, sondern auch für Monde zu. Allein Saturn hat 145 Monde und einige von ihnen, wie beispielsweise Enceladus, könnten ebenfalls die Bedingungen für Leben erfüllen. Und das, obwohl sich die habitable Zone nur von der Umlaufbahn der Venus bis zum Marsorbit erstreckt.
Die Gezeitenkräfte der Planeten könnten ebenfalls dazu führen, dass Wasser in flüssiger Form auch außerhalb der habitablen Zone eines Sterns möglich sei. Genau das möchte die europäische Raumfahrtbehörde Esa nun mit ihrer Juice-Mission an den drei Eismonden des Jupiters – Europa, Callisto und Ganymed – herausfinden.
Zu den Hunderten von Millionen Planeten könnten somit noch zahlreiche Monde hinzukommen, auf denen es die Bausteine für Leben geben kann. Die Möglichkeit, irgendwann doch auf Leben zu stoßen, scheint somit gar nicht so gering zu sein – und das auch noch in unserer direkten Nachbarschaft.
Links/Studien
Die Studie wurde an 29. Mai 2023 im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht: The orbital eccentricity distribution of planets orbiting M dwarfs (engl. Die Verteilung der Bahnexzentrizität von Planeten, die M-Zwerge umkreisen).
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