Start von Dragon-Raumkapsel der Axiom-2-Mission in Cape Caneveral
Start von Dragon-Raumkapsel der Axiom-2-Mission in Cape Caneveral Bildrechte: IMAGO/USA TODAY Network

Bemannte Raumfahrt Weltraumtouristen auf der ISS und die Reisebusse zum Mond

23. Mai 2023, 07:36 Uhr

In der bemannten Raumfahrt ist momentan ganz schön viel los: Die Internationale Raumstation ISS empfängt mit der Axiom-2-Mission wieder Weltraumtouristen und Virgin Galactic will ab Juni Reisende an die Grenze des Weltalls bringen. Dann sollen kommerzielle Raumstationen entstehen und die nächsten Mondlandungen vorbereitet werden – beides mit der Hilfe von SpaceX und Blue Origin. Eine Zusammenfassung von MDR WISSEN.

Reisen in den Weltraum sind derzeit ganz schön angesagt, besonders als Urlaubsort für zahlende Touristinnen und Touristen oder diejenigen, die sie finanzieren. Die Touris werden zunächst nur den erdnahen Orbit erreichen. Anders sieht es mit behördlichen Missionen aus, die zum Mond führen sollen. Im Mai 2023 hat sich einiges in der bemannten Raumfahrt getan – auch wenn es teilweise nur neue Ankündigungen sind. MDR WISSEN hat die Highlights der bemannten Raumfahrt zusammengefasst. 

Axiom 2: Weltraumtouristen auf der ISS

Den Anfang machte die Axiom-2-Mission. Dabei handelt es sich um einen kommerziellen Flug zur Internationalen Raumstation ISS mit einem achttägigen Aufenthalt in der Schwerelosigkeit. Genau diese Mission ist in am 21. Mai 2023 um 23:37 Uhr (MESZ, 17:37 Uhr EDT) von Cape Canaveral (Florida, USA) aus aufgebrochen.

Zur Besatzung gehört die erste arabische Frau in der Schwerelosigkeit: Rayyanah Barnawi. Sie ist Biomedizinerin und forscht seit neun Jahren über Krebsstammzellen. Im Februar dieses Jahres hatte die saudische Raumfahrtkommission SSC (Saudi Space Commission) die 34-jährige Forscherin sowie ihren 31-jährigen Kollegen Ali AlQarni ausgewählt. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Luft- und Raumfahrtwissenschaften und ist Kapitän und Pilot der Königlich Saudischen Luftwaffe.

Auch wenn Frauen in der arabischen Welt oft Ungleichbehandlung erleben, werden sie in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) beispielsweise in den Vereinigten Arabischen Emiraten stark gefördert. Bei der arabischen Mars-Mission Hope liegt der Frauenanteil bei 34 Prozent, bei der wissenschaftlichen Mission sogar bei 80 Prozent. 

Ebenfalls an Bord wird sich der US-Amerikaner John Shoffner befinden. Er ist Investor, Pilot und ehemaliger Rennfahrer, der an mehreren 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teilgenommen hat. Als echte Berufsastronautin fliegt Peggy Whitson mit. Die 63-Jährige ist eine Legende der Raumfahrt. Sie war die erste weibliche Kommandantin auf der ISS – dieser Besuch ist quasi eine Heimkehr für sie. Whitson hat bereits über 60 Stunden an Außenbordeinsätzen im freien Weltall und insgesamt 665 Tage im All verbracht – länger als jede andere Frau oder jeder andere Amerikaner. Nun kommen noch ein paar Tage mehr auf ihr Konto. 

Peggy Whitson
Die Nasa-Astronautin Peggy Whitson schwerelos auf der ISS. Bildrechte: NASA

Die kommerzielle Besatzung hat am Montag (22. Mai 2023) um 15:16 Uhr (MESZ) die ISS erreicht. Der Rückflugtermin ist teilweise vom Wetter abhängig. Wenn dieses schlecht sein sollte, kann sich der Aufenthalt zur Freude der Weltraumtouristen um ein paar Stunden oder Tage verlängern. 

Ein Ticket von Axiom soll übrigens ungefähr 55 Millionen US-Dollar, also fast 51 Millionen Euro, kosten. Ein stolzer Preis, den auch Raumfahrtbehörden für einen Platz ihrer Astronautinnen und Astronauten an Bord einer Dragon-Raumkapsel von SpaceX zahlen müssen.

Virgin Galactic: Der finale Testflug, bevor Touristen ins All fliegen

Günstiger kommen Reisende davon, die mit Virgin Galactic an die Grenze zum Weltall fliegen wollen. Das private Raumfahrtunternehmen von Sir Richard Branson verlangt 450.000 US-Dollar (knapp 400.000 Euro). Angesicht der 51 Millionen Euro bei Axiom-2 ein Schnäppchen, jedoch sind die Reisenden von Virgin Galactic auch nur ein paar Minuten in der Schwerelosigkeit. 

Das Trägerflugzeug und Raumschiff von Virgin Galactic heben ab.
Das Trägerflugzeug und Raumschiff von Virgin Galactic heben ab. Bildrechte: Virgin Galactic

Zunächst wird das Weltraumfahrzeug SpaceShipTwo mit einem Trägerflugzeug auf eine Flughöhe von circa 15 Kilometern transportiert. Anschließend wird sich das SpaceShipTwo vom Trägerflugzeug White Knight Two trennen und selbst starten. Durch dieses Vorgehen benötigt das Raumschiff weniger Schubkraft und kann somit wertvollen Treibstoff einsparen. 

Doch bevor die ersten kommerziellen Weltraumreisenden mit Virgin Galactic aufbrechen, muss das SpaceShipTwo noch einen letzten Probeflug absolvieren. Der soll am 25. Mai 2023 um 14:00 Uhr (MESZ) vom eigenen Weltraumflughafen Spaceport America in der Wüste New Mexicos (USA) erfolgen. Neben zwei Piloten werden sich vier Missionsspezialisten an Bord des Raumschiffes befinden, die anschließend die Flugdaten auswerten sollen. 

Den Weltraum konnte die suborbitale Mission noch nicht erreichen. Bisher hatte das Raumschiff nur eine Höhe von circa 89 Kilometern (22. Mai 2021) geschafft. Offiziell beginnt das Weltall erst ab einer Höhe von 100 Kilometern und der imaginären Kármán-Linie. Wo die Grenze zum Weltraum tatsächlich definiert wird, ist jedoch Auslegungssache. Für die US-Air Force reichen bereits 80 Kilometer über dem Meeresspiegel aus.  

Trotz alledem wird im Mai erst noch ein Testflug erfolgen. Laut Virgin Galactic sollen die ersten kommerziellen Touristen bereits ab Juni 2023 ins All aufbrechen – an Bord werden sich dann Beamte der italienischen Luftwaffe befinden. 

Boeing: Das Starliner-Raumschiff soll die ersten Astronauten zur ISS bringen

Einen Monat darauf soll das Starliner-Raumschiff von Boeing mit einer bemannten Mission zur ISS aufbrechen. Damit wird SpaceX Konkurrenz bekommen, denn vom amerikanischen Boden fliegen sonst nur Personen mit SpaceX ins All.

International betrachtet, ist auch noch das chinesische Raumfahrtprogramm dazu in der Lage. Die erste bemannte indische Mission Gaganyaan-1 wurde auf das erste Quartal 2024 verschoben. Dann wären da noch die Sojuz-Raumschiffe von Roskosmos – doch durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird so schnell kein westlicher Raumfahrender mehr mit Russland ins All aufbrechen. 

Dieses künstlerische Konzept zeigt den Crew Space Transportation (CST)-100 Starliner von Boeing beim Andocken an die Internationale Raumstation.
Dieses künstlerische Konzept zeigt den Crew Space Transportation (CST)-100 Starliner von Boeing beim Andocken an die Internationale Raumstation. Bildrechte: Boeing

Am 21. Juli 2023 soll der Starliner von Cape Canaveral aus in den Weltraum aufbrechen. Der bemannte Testflug CFT (Crew Flight Test) wird mit einer Atlas-V-Trägerrakete der ULA (United Launch Alliance) starten. An Bord werden sich die Nasa-Astronauten Barry Wilmore und Suni Williams befinden. Wilmore ist bereits mit dem Space Shuttle Atlantis ins All aufgebrochen. Insgesamt hat er 178 Tage in der Schwerelosigkeit verbracht. Seine Kollegin hat mehr als 321 Tage im All verbracht. Williams hat zudem 50 Stunden an Weltraumspaziergängen absolviert – doppelt so viel wie ihr Kollege. 

Wenn alles nach Plan verläuft, wird das Raumschiff nach acht Tagen wieder zurück zur Erde fliegen. Die nächsten bemannten US-Missionen zur ISS werden im August 2023 und Februar 2024 mit SpaceX erfolgen. Im Sommer 2024 darf Boeing in den Regelbetrieb übergehen und dann pro Flug vier Raumfahrende zur ISS bringen.

Haven-1: Die erste kommerzielle Raumstation wird 2025 ins Weltall gebracht

Ab August 2025 soll SpaceX Weltraumtouristen und -touristinnen zur ersten kommerziellen Raumstation Haven-1 bringen. Die vierköpfige Besatzung soll mit einem Dragon-Raumschiff für einen 30-tägigen Ausflug zur privaten Raumstation gebracht werden. Erst am 10. Mai 2023 hatte SpaceX die vertragliche Vereinbarung mit dem privaten US-Unternehmen Vast (Long Beach, Kalifornien, USA) publik gemacht. 

Bevor die kommerzielle Raumstation besucht werden kann, wird sie von SpaceX ins Weltall befördert. Über die Zeit soll eine 100 Meter lange Raumstation mit mehreren Modulen entstehen, die künstliche Schwerkraft herstellen kann. Das erreicht sie, indem sie sich dreht. 

SpaceX: Das nächste Starship ist (fast) startbereit

Von der erdnahen Umlaufbahn geht es weiter hinaus zum Mond. Zumindest ist das der Plan von SpaceX. Doch erst mal muss das Starship starten. Beim Jungfernflug am 20. März 2023 wurde die automatische Notsprengung ausgelöst. Dennoch verbuchte das Unternehmen die Mission als Erfolg – besser Fehler passieren jetzt bei den Testflügen als später bei bemannten Missionen.

Jedoch hat der Fehlstart seine Folgen. Nach dem Start hatte es in dem Naturschutzgebiet vor Ort gebrannt, berichtete die Naturschutzbehörde United States Fish and Wildlife Service. Das Feuer hat 1,5 Hektar betroffen. Tote Vögel oder Wildtiere wurden keine gefunden. Die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Administration) will SpaceX so schnell keine neue Startlizenz erteilen. Anfang Mai hatten mehrere Umweltschutzorganisationen und eine Gruppe zur Kulturpflege Klage gegen die FAA eingelegt. Diese hätte eine deutlich umfassendere Analyse der Folgen des Startversuchs für die Natur und den Standort vornehmen müssen, bevor dieser erlaubt wurde – heißt es in der Klageschrift (Az.: 1:23-cv-01204).

 

Doch am 18. Mai 2023 hat SpaceX bereits das nächste Starship, das Ship 25, am eigenen Raumhafen in Boca Chica (Texas, USA) in Position gebracht. Zunächst sollen die sechs Raptor-Triebwerke getestet werden. Ende April verkündete Elon Musk (Gründer von SpaceX), dass der nächste Flugtest in etwa zwei Monaten erfolgen könnte. Vorausgesetzt, die FAA erteilt ihm dafür tatsächlich eine Lizenz – was derzeit unwahrscheinlich erscheint.

Blue Origin: Der Auftrag für die Mondlandung bei Artemis V

Wenn das Starship nicht erfolgreich die Erde umrundet, wird die Mondmission Artemis III wohl verschoben. Diese soll nicht vor Dezember 2025 erfolgen, um die erste Frau und den nächsten Mann auf der Mondoberfläche landen lassen. Das alles mit dem HLS (Human Landing System), einem umgebauten Starship von SpaceX. Bis dahin ist zwar noch etwas Zeit, aber ohne ein funktionierendes HLS wird es keine erneute bemannte Mondlandung geben. In 2028 soll dann Artemis IV starten, ebenfalls mit einem umgebauten Starship und einer Mondlandung.

Künstlerisches Konzept des Starship HLS von SpaceX, das auf dem Mond landen soll.
Künstlerisches Konzept des Starship HLS von SpaceX, das auf dem Mond landen soll. Bildrechte: SpaceX

Anders bei Artemis V – Elon Musk bekommt hier Konkurrenz von einem seiner Erzfeinde in der Raumfahrt: Jeff Bezos. Der Vertrag für die Mondlandefähre für Artemis V ging nämlich an Blue Origin. Die Mission soll im September 2029 starten. Laut der Nasa wird Blue Origin das "Blue Moon Landegerät entwerfen, entwickeln, testen und verifizieren, um die Anforderungen der Nasa an ein menschliches Landungssystem für wiederkehrende Astronautenexpeditionen zur Mondoberfläche zu erfüllen". 

Dazu gehört auch das Andocken an das Lunar Gateway, einer Raumstation, die den Mond umrunden soll. Ursprünglich sollte sie mit Artemis III in den Mondorbit gebracht werden. Jedoch wurde der Aufbau der Station verschoben. Deswegen wird sie erst mit Artemis IV zum Erdtrabanten gebracht werden.  

Eine künstlerische Darstellung des Lunar Gateway, einer Raumstation, die den Mond umrunden soll.
Eine künstlerische Darstellung des Lunar Gateway, einer Raumstation, die den Mond umrunden soll. Bildrechte: MDR, NASA

Dass Blue Origin den Auftrag erhält, überrascht nicht. Sie tüfteln bereits seit Längerem an ihren Mondplänen und mit der Vergabe an mehrere Firmen will die Nasa den Wettbewerb fördern und erhofft sich dadurch, die Kosten für den Steuerzahler zu senken.

Jedoch hat es Blue Origin bis jetzt nicht aus eigener Kraft in den Orbit geschafft. Seine suborbitalen Weltraumtouristen fliegen gerade einmal in eine Höhe von etwas mehr als 100 Kilometern. Das ist okay, denn in den Weltraum gelangt die Landefähre Blue Moon mit einer anderen Rakete. Für den Bau der Landefähre hat sich Blue Origin eine Vielzahl von kompetenten Partnern gesucht: Lockheed Martin, Draper, Boeing, Astrobotic und Honeybee Robotics. 

Eine künstlerische Darstellung der Mondlandefähre Blue Moon vom privaten Raumfahrtunternehmen Blue Origin.
Eine künstlerische Darstellung der Mondlandefähre Blue Moon vom privaten Raumfahrtunternehmen Blue Origin. Bildrechte: Blue Origin

Auch bei einer kommerziellen Weltraumstation mischt Blue Origin den Markt auf. Mit seinem Partner Sierra Space plant das New-Space-Unternehmen das Orbital Reef. Ursprünglich sollte die Raumstation Ende 2024 in den Orbit gebracht werden – ein genaues Datum gibt es nicht. Es ist nur bekannt, dass die Station ab 2027 auch Weltraumreisende empfangen soll. 

In der bemannten Raumfahrt ist gerade also wieder einiges los. Je mehr Anbieter, desto eher kann die Raumfahrt tatsächlich so erschwinglich wie ein Ticket mit einem Flugzeug werden – irgendwann zumindest.

Links

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/6f20a591-f707-4abb-9f6b-7228fc623c8b was not found on this server.