Harzer Regenschatten Nassester Winter seit 50 Jahren: Warum einige Bodenschichten immer noch trocken sind
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18. Februar 2024, 15:11 Uhr
In Mitteldeutschland gab es seit Oktober so viel Niederschlag wie seit fast 50 Jahren nicht. Die Böden haben sich bis in tiefe Schichten vollgesaugt. Außer im Süden Sachsen-Anhalts und im Norden Thüringens. Und das hat zwei Gründe.
"Die Dürremusik wird im Winter gemacht", hat Andreas Marx im vergangenen Juni gesagt. Der Leiter des Dürremonitors beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig begründet das mit fehlenden negativen Stressoren im Winterhalbjahr, es gebe "kaum Verdunstung, die Pflanzen ziehen kaum Wasser aus dem Boden. Im Winter hat das Wasser Zeit, in den Boden zu gehen."
Und genau das tut das Wasser nun schon seit Oktober.
Monate Oktober bis Januar: So viel Regen wie seit 49 Jahren nicht
Oktober, November, Dezember und Januar waren in Summe so niederschlagsreich wie nur einmal seit 1881, vor 49 Jahren. Normal sind in diesem Viermonatszeitraum in der "Neuzeit" etwa 210 Millimeter Niederschlag, das ist der Mittelwert der Jahre 1991 bis 2020. Diesmal waren es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durchschnittlich satte 335 Millimeter, also fast 60 Prozent Zuschlag zu dem, was normalerweise so vom Himmel fällt.
Trotzdem Trockenstress in Sachsen-Anhalt und Thüringen?
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat eine interaktive Bodenfeuchtekarte für ganz Deutschland. Und wenn man sich da für die vergangenen Tage nicht die aller obersten Erdschichten anzeigen lässt, sondern knapp einen Meter tief "gräbt", erscheint eine auf den ersten Blick möglicherweise verstörende Karte, die da laut Legende sagt: Trockenstress im Süden von Sachsen-Anhalt und im Norden von Thüringen. Gelbtöne bedeuten laut Legende leichten Trockenstress, Orange- bis Brauntöne dann schon stärkeren bis extremen Trockenstress.
Wie kann das sein nach vier Monaten voller Regen? Agrarmeteorologe Andreas Brömser vom DWD sagt, das sei recht typisch für dieses Gebiet, und es gebe zwei Hauptgründe.
Harzer Regenschatten und im Thüringer Becken: Hier regnet es weniger
Zum einen gehört die Region zu den trockensten in ganz Deutschland, was Niederschläge angeht. In Deutschland wehen meist westliche Winde. Und da fangen laut Andreas Brömser schon Mittelgebirge im Westen Deutschlands einiges an Regen ab. Der Harz und der Thüringer Wald dann noch einmal.
Und so kommt es zum viel zitierten Harzschatten, dessen Existenz sich auch für die zurückliegenden vier Monate nachweisen lässt. Stichprobenartig haben wir vier DWD-Messstationen aus dem "trockenen" Gebiet und vier weitere aus anderen Regionen Mitteldeutschlands ausgewählt.
Die zu überprüfende Frage lautet also: Hat es seit Oktober in den vier rot markierten Orten (Bernburg, Bad Lauchstädt, Quedlinburg und Ottenhausen, nördlich von Erfurt) deutlich weniger geregnet als in den vier anderen weit verteilten in Mitteldeutschland (Aue, Görlitz, Meiningen und Stendal)?
Und die Antwort lautet: Ja.
Das Defizit gegenüber anderen Regionen ist also offensichtlich, aber es war ja wiederum nicht extrem wenig Niederschlag, der im Harzschatten und im Thüringer Becken seit Oktober fiel, sondern etwa so viel wie im mitteldeutschen Durchschnitt in normalen Jahren. Dass das trotzdem für "Trockenstress"-Werte in tieferen Erdschichten sorgt, hat einen weiteren Grund.
Boden in der Börde und in Thüringen kann deutlich mehr Wasser speichern
"Sehr tiefgründig" nennt DWD-Agrarmeteorologe Andreas Brömser die Böden im Süden Sachsen-Anhalts und im Norden Thüringens. Sie können deshalb prinzipiell mehr Wasser aufnehmen als Böden in vielen anderen Regionen. Eine Menge Regenwasser, die anderswo ausreicht, den Boden "voll" zu machen, reicht in dieser Region deshalb eben noch nicht.
Überprüfen kann man das beispielsweise beim interaktiven Bodenatlas der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Wenn man sich dort die Wasserspeicherfähigkeit der Böden in Deutschland anzeigen lässt, wird klar, dass es genau die Region in Sachsen-Anhalt und Thüringen ist, die besonders hohe Speicherfähigkeit aufweist.
In Aue ist die Erde in tiefen Schichten nass - in Bernburg geht noch mehr
Die Auswirkungen von weniger Regen und von Böden, die mehr Wasser aufnehmen können, sieht man dann in den Bodenfeuchteprofilen für verschiedene Standorten. In diesem Fall schauen wir exemplarisch auf Aue (als Beispiel für "nicht so tiefgründigen" Boden) und Bernburg (als Beispiel für "tiefgründigen" Boden). Wie hat sich da die Bodenfeuchte seit Oktober jeweils verändert?
In Aue reichten also schon die Niederschläge bis Dezember, um den nicht so stark speicherfähigen Boden bis in einer Tiefe von anderthalb Metern voller Wasser zu machen. In Bernburg hingegen wurden zwar auch kontinuierlich immer tiefere Schichten gesättigt, aber alles dauert viel länger. Selbst jetzt im Februar ist die "Vollsättigung" (blaue Farbe) erst bei reichlich 70 Zentimetern Tiefe angekommen.
In die unteren Schichten passt theoretisch also noch mehr Wasser hinein. Die sogenannte nutzbare Feldkapazität (nFK) ist dort noch nicht erreicht. Aber das ist nicht weiter schlimm. "Von Trockenstress", sagt Andreas Brömser vom DWD deshalb, "sind wir insgesamt weit entfernt." Denn auch in den Böden von Sachsen-Anhalt und Thüringen sei derzeit insgesamt genügend Wasser.
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