Was Freiheit ist, definiert jede und jeder Einzelne ganz unterschiedlich. Für manche bedeutet Freiheit, jedes Wochenende dem eigenen Fußballverein hinterherzureisen. Für manche Amerikanerinnen und Amerikaner bedeutet Freiheit, eine Schusswaffe besitzen zu dürfen. Und für andere bedeutet Freiheit, auf der Couch zu entspannen. Der Freiheitsbegriff ist abhängig vom individuellen, aber auch vom zeitlichen Kontext, in dem man lebt. Leibeigenschaft für Bauern würde heute nicht als besonders freiheitlich verstanden werden, im Mittelalter hingegen bedeutete sie Sicherheit und Schutz – auch eine Art Freiheit, wenngleich sie auf Kosten anderer Freiheiten ging.

Der Psychologe und Autor Dr. Leon Windscheid tritt mit seiner Show beim Silbersalz-Festival in Halle auf. Bildrechte: IMAGO/Future Image

Denn die richtige Freiheit, die gibt es nicht – das ist eine alte Theorie. Dr. Leon Windscheid ist Psychologe und sagt, dass wir zwar Freiheit fühlen und spüren können. Am Ende sei jedoch alles zu einem gewissen Grad determiniert. Das erklärt er auch mit den äußeren Einflüssen und persönlicher Veranlagung. Dafür sorgen laut Windscheid "die Erfahrung, die wir im Leben gemacht haben, was uns geprägt hat, durch die Gene, die uns mit beeinflussen. Und all das zusammen führt eigentlich dazu, dass ich überhaupt keine Freiheit habe, obwohl sich das manchmal so anfühlt."

Die These ist also: Menschen fahren wie auf einer Art Gleis durchs Leben. Wir leben in einer bestimmten Zeit, mit bestimmten Ideen, in einem bestimmten Körper, haben eine bestimmte Geschichte. All das macht von vornherein bestimmte Dinge unmöglich und andere wahrscheinlicher.

Freiheit spielt auch dort eine Rolle, wo man sie am wenigsten erwartet. Windscheid erklärt das anhand der Geschichte des österreichischen Neurologen und Psychiaters Viktor Frankl. Der war zu NS-Zeiten in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert, auch im Vernichtungslager in Auschwitz. Windscheid erzählt, dass sich Frankl dort in den dunkelsten Momenten seines Lebens bewusst gemacht hat, dass er selbst dort für sich, und sei es nur in seinen Gedanken, einen gewissen Handlungsspielraum hatte. Frankl selbst benutzte damals für sich tatsächlich den Begriff.

Es sei ein Extrembeispiel und auch schwer zu verdauen und zu verstehen. Das Beispiel zeige aber, dass wir Freiheit auch konstruieren können, und Freiheit nicht nur von äußeren Faktoren bestimmt wird. 

Doch was passiert beim anderen Extrem, also bei absoluter Freiheit? Windscheid vermutet, dass Menschen einfach sitzen bleiben und gar nichts mehr tun.

In der Psychologie und Philosophie bezeichnet man dieses Phänomen als „Tyrannei der Wahl“. Obwohl den Menschen so viele Möglichkeiten zur Verfügung stehen würden wie nie zuvor, würden Menschen bei zu vielen Optionen handlungsunfähig, sagt Windscheid.

Menschen können sich das Gefühl von Freiheit selbst vermitteln. Ein Schlüssel dazu ist die intrinsische Motivation. Windscheid beschreibt das so: Wenn man Dinge tue, für die es keine Belohnung oder Strafe gebe, und man sie trotzdem erledigt – dann haben wir das Gefühl frei zu sein.

km/sh