Sars-CoV-2 Unabhängige Studie: Vierte Dosis entscheidender als Omikron-Anpassung
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07. Dezember 2022, 11:10 Uhr
Laut einer unabhängigen Studie bringen die an BA.5 angepassten Impfstoffe nur wenig mehr Schutz als eine Viertimpfung mit den ursprünglichen Vakzinen. Die BQ.1.1. Variante kann den neuen Antikörpern leicht entkommen.
Was die Anpassung der Corona-Impfstoffe an die BA.5 Variante gebracht hat, darüber wird unter Forschenden heftig debattiert. Während die Impfstoffhersteller Biontech und Moderna den Nutzen der neuen bivalenten Booster-Vakzine betonen, deutet eine neue, unabhängige Laborstudie von Forschenden aus Göttingen und Hannover jetzt an, dass es zwar einen zusätzlichen Nutzen durch die Anpassung gibt, dieser aber relativ geringfügig ausfällt. Außerdem bestätigen die Tests im Reagenzglas das Potenzial der neuen Varianten BA.2.75.2 und BQ.1.1, den durch Impfungen und Impfdurchbrüchen aufgebauten Antikörpern auszuweichen.
Vergleich: Antikörper von Geimpften und Genesenen gegen BQ.1.1 Variante
Für ihre im Fachjournal The Lancet erschienene Studie hatten die Wissenschaftler um Markus Hoffmann und Stefan Pöhlmann von der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum eine Reihe von Neutralisationstests durchgeführt. Dabei wird das Blut von Versuchspersonen in einer Petrischale mit Viren konfrontiert, in diesem Fall mit sogenannten Pseudovarianten. Das sind Viren, denen die Spikeproteine der aktuellen Coronavarianten BA.5 BA.2.75.2, BJ.1 und BQ.1.1. eingepflanzt wurden. Zum Vergleich zogen sie auch noch Viren mit Spikeproteinen der B.1 Variante heran. So konnten die Forscher beobachten, inwiefern sich die Antikörper der Testpersonen an die mutierten Spikeproteine gebunden haben.
Die Testpersonen wiederum gehörten zu fünf Gruppen.
- Die erste Gruppe hatte drei Impfungen erhalten und keinen Impfdurchbruch erlitten.
- Gruppe zwei hatte vier Impfungen mit den nicht angepassten Impfstoffen erhalten und keinen Impfdurchbruch gehabt.
- Gruppe drei hatte eine vierte Dosis mit den an BA.5 angepassten bivalenten Impfstoffen bekommen.
- Gruppe vier hatte nach drei Impfungen einen Impfdurchbruch mit einer der Omikron-Varianten BA.1, BA.2 oder BA.5 gehabt.
- Und schließlich Gruppe fünf hatte nach drei Impfungen einen Impfdurchbruch mit BA1. oder BA.2 gehabt und dann schließlich noch eine Booster-Impfung mit einem angepassten bivalenten Impfstoff bekommen.
Stärkste Immunität: Drei Impfungen, dann Impfdurchbruch, dann Omikron-Booster
Bei allen Tests zeigte sich, dass die vor allem in Indien zirkulierende BA.2.75.2 Variante und die in Europa aktuell auf dem Vormarsch befindliche BQ.1.1 Variante den Antikörpern der Geimpften und Genesenen am besten ausweichen konnten. Hier sei der Immune-Escape am deutlichsten gewesen, schreiben die Forschenden in der Studie.
Am stärksten konnte sich die Gruppe fünf mit dem Impfdurchbruch nach drei Impfdosen und der zusätzlichen Dosis mit dem bivalenten BA.5 Vakzin gegen die Viren wehren. Sie hatten im Vergleich zur Gruppe eins (drei Impfungen, keine Infektion) 17,6-fach stärkere Antikörper. Danach folgte Gruppe vier (drei Impfungen plus Infektion), die zwischen 3,7 und 8,5 mal so viele neutralisierende Antikörper wie Gruppe eins hatte. Gruppe drei (keine Infektion, Viertimpfung mit BA.5-Booster) zeigte schließlich eine 1,9- bis 2,2-fach höhere Neutralisierung als Gruppe eins. Damit fiel der Wert aber nur geringfügig besser als bei Gruppe zwei (vier Impfungen mit dem ursprünglichen Vakzin), wo die Neutralisationsaktivität etwa 2-fach erhöht ausfiel.
Immunologische Vorprägung durch ursprüngliche Impfstoffe?
"In unserer Studie wurde zwar eine höhere neutralisierende Aktivität nach Immunisierung mit dem BA.5-angepassten Booster-Impfstoff beobachtet, der Unterschied zum klassischen, nicht-angepassten Impfstoff war jedoch gering", fasst Markus Hoffmann, Erstautor der Studie zusammen. "In diesem Zusammenhang muss allerdings erwähnt werden, dass wir uns einen Zeitraum kurz nach der Booster-Immunisierung angeschaut haben. Es ist daher möglich, dass zu einem späteren Zeitpunkt deutlichere Unterschiede auftreten, beispielsweise aufgrund fortgeschrittener Antikörperreifung."
Zudem vermuten die Forscher, dass die Vorprägung des Immunsystems durch die ursprünglichen Impfstoffe ursächlich dafür ist, dass der Effekt der angepassten Booster relativ gering ausfällt. Hier zeige sich, dass ein Durchbruch mit einer neuen Variante in Kombination mit einer angepassten Impfung den stärksten, aber immer noch nicht absolut durchschlagenden Effekt habe. Künftige Impfstrategien müssten daher berücksichtigen, wie die immunologische Vorprägung am besten überwunden werden könne.
Neutralisationstests: Nur wenig Rückschlüsse über Risiko einer Ansteckung möglich
Einschränkend muss zur Studie gesagt werden, dass Neutralisationstests nur bedingt Rückschlüsse zulassen dazu, wie gut Impfstoffe vor einer Ansteckung schützen oder nicht. Zudem sagen die Tests auch nichts dazu aus, wie schwer eine Durchbruchsinfektion im Zweifel verläuft.
Links/Studien
- Hoffmann et.al.: Effect of hybrid immunity and bivalent booster vaccination on omicron sublineage neutralisation, The Lancet
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 01. Dezember 2022 | 10:20 Uhr