Ein Glas mit Milch steht zwischen einer Packung Kuhmilch und einer mit einer pflanzlichen Milch-Alternative auf einem Tisch.
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Wissen-News Bei Laktoseintoleranz: Milchprodukte könnten vor Diabetes schützen

23. Januar 2024, 05:01 Uhr

Für Menschen mit Laktoseintoleranz klingt es wahrscheinlich paradox, aber gerade für sie könnte es empfehlenswert sein, ab und zu ein Glas Milch zu trinken. Laut einer Studie geht bei laktoseintoleranten Menschen der Verzehr von Kuhmilchprodukten mit einem verringerten Risiko einher, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.

Der Konsum von Kuhmilch kann sich bei laktoseintoleranten Personen positiv auf die Gesundheit auswirken, indem er das Risiko für einen Typ-2-Diabetes verringert. Zu diesem Ergebnis kommt eine US-amerikanische Studie, die im Fachmagazin "Nature Metabolism" veröffentlicht wurde. Die Daten zeigen, dass ein höherer Milchkonsum bei Laktoseintoleranz mit einem um etwa 30 Prozent verringerten Risiko für Typ-2-Diabtes einhergeht, während dieser Effekt bei laktosetoleranten Menschen nicht zu beobachten ist.

Anlass der Untersuchung war für die Forschungsgruppe die Beobachtung, dass Ernährungsstudien zu den Effekten von Milchkonsum unter anderem auf Diabetes in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Eine Ursache dafür könnte sein, dass in Asien die Mehrheit der Menschen (60 bis 100 Prozent) laktoseintolerant ist, wohingegen in Europa nur bis zu 40 Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Um diese Hypothese zu überprüfen, analysierten die Wissenschaftler bei 12.653 Personen der "Hispanic Community Health Study / Study of Latinos", ob sie laktosetolerant oder -intolerant sind und wie häufig sie Milch konsumierten. Außerdem untersuchten sie das Darmmikrobiom und die Blutmetabolitenwerte über einen mittleren Nachbeobachtungszeitraum von sechs Jahren.

Gegensätzliche Effekte bei Laktoseintoleranz und -toleranz

"Das ist ein beeindruckendes Paper, das sich in das bestehende Wissen über die Risikofaktoren von Typ-2-Diabetes gut einfügt", sagt Robert Wagner, Professor für klinisch-diabetologische Stoffwechselforschung in Düsseldorf. "Auf den ersten Blick scheint die Aussage der Studie kontra-intuitiv zu sein. Die Unverträglichkeit von Milchzucker, die sogenannte Laktoseintoleranz, hat allerdings unterschiedliche Ausprägungen. Manche merken gar nicht, wenn sich das Laktase-Enzym, das den Milchzucker im Darm abbaut, nach dem Säuglingsalter zurückbildet", so Wagner. "Eben bei diesen Personen zeigt die Studie klar, dass der Milchkonsum mit geringerer Diabetesinzidenz vergesellschaftet ist." Darüber hinaus hätten die Autoren beobachtet, dass ein höherer Milchkonsum bei laktoseintoleranten Personen auch mit einem niedrigeren Body-Mass-Index (BMI) assoziiert war.

Die Studie ist allerdings nur eine rein statistische Betrachtung, die noch nichts über mögliche Ursachen und Funktionsweisen im Körper aussagt. Erklärungsansätze gibt es laut Robert Wagner dennoch: "Es ist naheliegend, dass durch den Milchkonsum bestimmte Bakterien im Darm mit Milchzucker gefüttert werden und diese besser wachsen", so der Professor. In der Studie seien bei laktoseintoleranten Personen verschiedene Bakterien-Spezies im Darm identifiziert worden, die auf den Laktoseabbau spezialisiert sind. "Laktosetolerante Personen hingegen zersetzen den durch die Milch aufgenommenen Milchzucker bereits im Dünndarm, wodurch dieser im Dickdarm nicht mehr ankommt und dort auch nicht mehr die nützlichen Bakterien füttert." Der Konsum von Milch könne laut Wagner bei laktosetoleranten Personen also sogar zu einem gegenteiligen Effekt führen, nämlich Gewichtszunahme und Erhöhung des Diabetes-Risikos, weil Milch sehr nahrhaft sei.

Sind Blähungen und Darmgeräusche Zeichen für gesundheitsfördernde Prozesse?

Den Autorinnen und Autoren der Studie ist es zwar nicht gelungen nachzuweisen, wie genau die beobachteten Effekte hervorgerufen werden. Aber laut Robert Wagner zeigt diese Studie "Hinweise dafür, dass das Mikrobiom die Diabetesanfälligkeit tatsächlich kausal beeinflussen könnte. Gleichzeitig wird gut veranschaulicht, wie stark das Zusammenspiel von genetischer Veranlagung und Lebensstil das Mikrobiom bestimmt."

Blähungen und Darmgeräusche stehen durch diese Erkenntnisse vielleicht in einem neuen Licht (oder Duft) da. Denn zwischen den Erkenntnissen der neuen Milch-Studie und Wirkungen von Ballaststoffen sieht Robert Wagner Parallelen: "Interessant ist, dass eigentlich Lebensmittel, die wir vermeintlich nicht vertragen, sogar einen schützenden Effekt haben können. Ähnlich ist das bei Ballaststoffen, die der menschliche Körper nicht verwerten kann, aber von denen man weiß, dass sie sich, möglicherweise auch über günstige Beeinflussung des Darmmikrobioms, positiv auf die Gesundheit auswirken. Blähungen, Darmgeräusche oder ähnliche Symptome, die man von Unverträglichkeiten her kennt, können unter Umständen also auch ein Zeichen für gesundheitsfördernde Prozesse sein."

rr/smc

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