Wissen-News "Kein großer Wurf": Forschende kritisieren Steffi Lemkes Wolfsregelung
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14. Oktober 2023, 06:51 Uhr
Die Bundesumweltministerin will den Abschuss von Wölfen künftig einfacher machen. Einige Forschende kritisieren, der Vorschlag gehe nicht weit genug und lasse zugleich große Schlupflöcher für ein unkontrolliertes Abschießen von Wölfen nach einem Angriff auf Weidetiere.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will den Abschuss von Wölfen künftig schneller erlauben und Bürokratie abbauen. Hat ein Wolf ein Weidetier getötet, soll er künftig im Umkreis von einem Kilometer ohne DNA-Abgleich innerhalb von 21 Tagen getötet werden können – sofern er dabei eine Herdenschutzmaßnahme, also beispielsweise einen Zaun, überwunden hat. Ein DNA-Test würde bei dieser Regelung erst im Nachgang durchgeführt und soll dann Auskunft darüber geben, ob nun tatsächlich der Wolf getötet wurde, der die Weidetiere getötet hat. Bislang war eine DNA-Analyse vor dem Abschuss eines Wolfes Pflicht, damit Jäger die unter Artenschutz stehenden Tiere nicht wahllos erschießen. Politisch wird der Vorschlag kontrovers diskutiert.
Politisches Handlen ist nötig, weil die Wolfsbestände wachsen
Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), sagt, er sehe in diesen Vorschlägen den Versuch, Arten- und Tierschutz mit wirksamen Maßnahmen zum Weidetierschutz zu vereinbaren. Ein wichtiger Punkt sei, dass der Schutzstatus des Wolfes mit der aktuellen Regelung nicht angetastet werde, sondern weiterhin lediglich die Tötung von Einzeltieren legal bleibe. "Wir stellen seit geraumer Zeit ein Anwachsen des Bestandes fest, welches mit einem erhöhten Aufkommen tot aufgefundener und zum Teil auch illegal getöteter Wölfe einhergeht." Aus seiner Sicht werde damit ein Handlungsbedarf ersichtlich, der zielgenaue Maßnahmen erforderlich mache, so Hofer: "Daher ist politisches Handeln aus wissenschaftlicher Sicht nachvollziehbar und angeraten."
Die Sonderrichtlinie zum Wolf lässt einige Lücken offen
Wie praktikabel das Gesetz allerdings sei, werde sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Es stelle sich die Frage, wie man sicherstellen wolle, dass tatsächlich lediglich sogenannte "Problemwölfe", die Weidetier gerissen haben, getötet werden, betont Heribert Hofer. Theoretisch könne die Sonderregelung auch so interpretiert werden, dass in den drei Wochen nach einer Weidetiertötung durch einen Wolf alle Tiere im Umkreis von einem Kilometer und somit ganze Rudel zufällig vorbeiziehender Wölfe umgebracht werden dürfen. Aus seiner Sicht sei in diesem Punkt noch eine Nachschärfung der Vorgaben nötig.
Erlaubnis zum Abschuss einzelner Wölfe: Sonderregelung kein Paradigmenwechsel
Schärfere Kritik kommt von Klaus Hackländer, Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (IWJ) und Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. Aus seiner Sicht sei der Vorschlag der Bundesumweltministerin alles andere als ein großer Wurf oder ein Paradigmenwechsel, betont er. "Der Vorschlag beinhaltet lediglich eine Veränderung des ohnehin nicht rechtsverbindlichen Praxisleitfadens über den Umgang mit dem Wolf." Eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes oder der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die beide im Zuständigkeitsbereich der Bundesumweltministerin lägen, werde nun nicht mehr verfolgt. Aus seiner Sicht schiebe die Bundesumweltministerin damit die Verantwortung in Richtung der Länder, die den nun vorgeschlagenen Sonderweg bislang aber auch schon umsetzen konnten.
Eine bundesweite Lösung für die Zukunft des Wolfes in Deutschland wäre gut
Eine bundesweite Festlegung, wie viele Einzelfälle es beim Wolfabschuss dann insgesamt geben dürfe, gibt es bislang noch nicht. Das kritisiert Klaus Hackländer. Eine solche Zahl solle sich daran orientieren, dass der Erhaltungszustand des Wolfes in Deutschland nicht gefährdet werde. Außerdem sei der Abschuss des Wolfes aktuell lediglich in Sachsen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen Teil des Jagdrechtes. Dreizehn Landesjagdgesetze müssten somit noch an die neue Regelung angepasst werden, prognostiziert Hackländer. Der Vorschlag der Bundesumweltministerin sei sicher gut und praktikabel, von einer bundesweiten Lösung sei man allerdings noch weit entfernt.
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