Wissen-News Theorie eines Dresdner Forschers bestätigt sich: Es gibt Quanten-Tornados
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10. März 2025, 12:33 Uhr
Es ist der erste Nachweis eines neuen Quantenphänomens: Die Elektronen im Impulsraum des Quanten-Halbmetalls Tantal-Arsenid (TaAs) verhalten sich wirbelartig und bilden eine Art Tornado. Der Dresdner Feststoffphysiker Roderich Moessner hat dieses Phänomen bereits vor acht Jahren theoretisch vorhergesagt. Eine junge Würzburger Forschungsgruppe lieferte nun den Nachweis.
Dass Elektronen in einem Quantenmaterial Wirbel ausbilden könne, ist nicht neu. Dass die kleinen Teilchen sich allerdings im Impulsraum zu einem Tornado formieren, wurde erst jetzt experimentell bewiesen. Dieser Erfolg gelang einem internationalen Forschungsteam um Maximilian Ünzelmann, Gruppenleiter am Exzellenzcluster ct.qmat der Universitäten Würzburg und Dresden.
Der Impulsraum ist ein physikalisches Konzept, mit dem die Bewegung von Elektronen anhand ihrer Energie- und Bewegungsrichtung bestimmt wird – und nicht mittels des konkreten Ortes, an dem sie sich befinden. Der "Gegenspieler" des Impulsraumes ist der sogenannte Ortsraum. Dieser bildet die Umgebung ab, in der beispielsweise Alltagserfahrungen wie Wasserwirbel oder Wirbelstürme beschrieben werden. Auch Quantenwirbel in Materialien konnten bisher nur im Ortsraum nachgewiesen werden. Mit der ersten dreidimensionalen Abbildung eines wirbelartigen Magnetfeldes im Ortsraum eines Quantenmaterials hatte ein anderes ct.qmat-Team vor wenigen Jahren weltweit Aufsehen erregt.
Quanten-Tornade vor acht Jahren vorhergesagt, nun nachgewisen
Dass ein Quanten-Tornado ebenfalls im Impulsraum möglich ist, sagte Roderich Moessner vor acht Jahren theoretisch vorher. Das Dresdner ct.qmat-Gründungsmitglied publizierte dieses Quantenphänomen damals als "Rauchring", weil Rauchringe auch aus Wirbeln bestehen. Unklar war jedoch bis jetzt, wie man diese Wirbel überhaupt messen kann. In den Experimenten zeigte sich nun, dass der Quanten-Wirbel durch sogenannte orbitale Bahndrehimpulse geformt wird – also die Kreisbewegung der Elektronen um die Atomkerne. "Als wir erste Hinweise hatten, dass die vorhergesagten Quanten-Wirbel tatsächlich existieren und messbar sind, haben wir den Dresdner Kollegen kontaktiert und ein gemeinsames Projekt gestartet", sagt Maximilian Ünzelmann.
Das Würzburger Forschungsteam entwickelte ein "ARPES" genanntes Verfahren weiter. ARPES, die winkelaufgelöste Photoemissionsspektroskopie, gehöre zum Standardrepertoire der experimentellen Festkörperphysik, erklärt Ünzelmann. "Dabei werden Materialproben mit Licht bestrahlt, auf diese Weise Elektronen herausgelöst sowie deren Energie und Austrittswinkel gemessen. Das gewährt einen direkten Blick auf die elektronische Materialstruktur im Impulsraum. Wenn man diese Methode geschickt ausnutzt, lässt sich der orbitale Bahndrehimpuls messen." Und genau damit beschäftigt sich Ünzelmann seit seiner Dissertation.
"Wir haben die Probe schichtweise untersucht, wie man das von medizinischen Tomographien kennt. Die Einzelbilder wurden aneinandergereiht", erklärt Ünzelmann. "So konnten wir die dreidimensionale Struktur des orbitalen Bahndrehimpulses sehen und nachweisen, dass die Elektronen im Impulsraum Wirbel bilden."
Der nachgewiesene Tornado ist ein neuer Meilenstein in der Quantenforschung. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher hoffen, dass dieses wirbelartige Verhalten der Elektronen im Impulsraum in Zukunft Grundlage für neuartige Quantentechnologien wie zum Beispiel die Orbitronik sein könnte. Dabei wird statt der elektrischen Ladung das orbitale Drehmoment der Elektronen für die Informationsübertragung in elektronischen Bauteilen genutzt. Das könnte die Energieverluste wesentlich verringern.
Links / Studien
Die Studie "Imaging Orbital Vortex Lines in Three-Dimensional Momentum Space" ist im Fachjournal "Physical Review X" erschienen.
(rr, pm)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 09. März 2025 | 16:15 Uhr
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