Wissen-News Bald noch genauer kleinste Zeitunterschiede messen: Erste Atomkern-Uhr der Welt vorgestellt
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06. September 2024, 10:07 Uhr
Sie soll die Messtechnik revolutionieren und bisher nicht feststellbare Unterschiede aufzeigen: Die TU Wien hat ein neues Chronometer auf Grundlage der Schwingung von Atomkernen präsentiert.
Noch liefert das neue Gerät keine höhere Präzision als die gewöhnliche Atomuhr, doch die Wissenschaftler halten die Verbesserung der Technologie nur für eine Frage der Zeit. Wichtiger war es für Thorsten Schumm und sein Team, zu zeigen, dass ihre Entdeckung vom April 2024 auch in der Praxis Relevanz hat. Vor ein paar Monaten zeigten die Forscher der TU Wien, dass es möglich ist, einen Thorium-Kern mittels Laser von einem Zustand in einen anderen umzuschalten. Dieses Prinzip soll zukünftig die Chronometergenauigkeit verfeinern.
Laser-Schwingung als Pendel
In Atomuhren dient ein Laser als Taktgeber im Zeitmesser, ähnlich wie ein Pendel in der Kirchenuhr. In den deutlich präziseren Artgenossen im Labor schwingen elektromagnetische Wellen, die Richtungswechsel eines Lasers werden gezählt. Dessen Frequenz kann sich allerdings über die Zeit verändern, weswegen der Laser nachjustiert werden muss. "Deshalb benötigt man zusätzlich zum Laser ein Quantensystem, das äußerst empfindlich auf eine ganz bestimmte Laserfrequenz reagiert", erklärt Thorsten Schumm. Dafür wurden bisher Cäsium- oder Strontium-Atome genutzt, die zwischen zwei Quantenzuständen hin und herwechseln, wenn der Laser sie in einer bestimmten Frequenz trifft. Ändert sich die Frequenz, bleibt der Zustandswechsel aus, was messbar ist und anzeigt, dass der Laser nachjustiert werden muss.
Schon lange gingen Forscher davon aus, dass dieses Prinzip noch weiter verbessert und genauer gemacht werden könnte, wenn statt ganzer Atome nur die Kerne als Quantensystem genutzt werden. Sie sind deutlich kleiner und reagieren weniger auf Störungen als elektromagnetische Felder. Das praktische Problem: Es wird für beinahe alle Atomkerne deutlich mehr Energie benötigt, um das Umschalten zwischen den Zuständen einzuleiten. Das gilt nicht für Thorium, ein schwach radioaktives Schwermetall. "Thorium-Kerne haben zwei Zustände sehr ähnlicher Energie, sodass man sie mit Lasern umschalten kann", sagt Thorsten Schumm. Es hat lange gedauert, bis Schumm den genauen Unterschied der Energie feststellen konnte. Im April war es so weit, der Schritt zur technischen Umsetzung in die Atomkern-Uhr nicht weit. Auch wenn diese bisher nicht präziser ist als die Atomuhr, wird das bald so sein, versichert der Quantenmetrologe: "Die ersten Autos waren auch noch nicht schneller als Kutschen. Es ging darum, ein neues Konzept vorzustellen. Und genau das ist uns jetzt mit der Atomkern-Uhr gelungen."
Hand an die Naturkonstanten legen
Die Größenordnungen der Verbesserung sind kaum vorstellbar. "Als wir den Übergang erstmals angeregt haben, konnten wir die Frequenz auf einige Gigahertz genau bestimmen. Das war bereits um mehr als einen Faktor tausend besser als alles, was davor bekannt war. Jetzt aber haben wir eine Präzision im Bereich von Kilohertz – also noch einmal eine Million mal besser", sagt Thorsten Schumm. "Wir rechnen damit, auf diese Weise die besten Atomuhren in 2-3 Jahren zu überholen". Durch die erhöhte Genauigkeit erhoffen sich die Wissenschaftler einen exakteren Blick auf fundamentale Regeln in der Natur. Vielleicht sind einige Konstanten doch nicht perfekt konstant, sondern ändern sich in Raum und Zeit – mit der Atomkern-Uhr lässt sich das wohl bald noch genauer überprüfen.
Link zur Studie
Die Studie Frequency ratio of the 229mTh nuclear isomeric transition and the 87Sr atomic clock ist in "nature" erschienen.
jar/idw
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringenjournal | 26. August 2024 | 19:00 Uhr
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