Probleme bei Fernwärmeversorgung Einsturz der Carolabrücke: Korrosion als mögliche Ursache
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11. September 2024, 20:56 Uhr
In Dresden ist eine der wichtigsten Elbbrücken in Teilen zusammengebrochen. Wenige Minuten vorher hatte noch eine Straßenbahn in der Nacht die Querung passiert. Um kurz nach 3 Uhr stürzte die Strecke ins Wasser. Weil auch zwei große Leitungen beschädigt wurden, war am Mittwoch die Fernwärmeversorgung in der Stadt gestört.
- Aufgrund des Einsturzes der Carolabrücke in Dresden kommt es zu Verkehrsbehinderungen.
- Auch die Fernwärmeversorgung war betroffen.
- Die Feuerwehr sagt: "Es herrscht akute Lebens- und Einsturzgefahr."
Nach dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden geht die Polizei von einem Unglück aus. Ein Sprecher erklärte, es gebe bisher keine Hinweise auf Fremdeinwirkungen. Als Einsturzursache vermutet das Dresdner Straßenbauamt eine Korrosion bei Stahlteilen des sanierungsbedürftigen Bauwerks. Dass ein Defekt der Fernwärmeleitung in der Brücke die Ursache für den Einsturz ist, kann nach Angaben der Stadt Dresden zum jetzigen Zeitpunkt und zum derzeitigen Kenntnisstand ausgeschlossen werden.
Am frühen Mittwochmorgen war ein 100 Meter langer Abschnitt der Carolabrücke in die Elbe gestürzt und blockiert seitdem dort die Fahrrinne. Betroffen ist der Brückenteil, über den die Straßenbahnen fahren. Wie die Stadt Dresden mitteilte, sind weitere Brückenteile akut einsturzgefährdet.
Straßen und Elberadweg gesperrt
Die Feuerwehr war gegen 3 Uhr am Mittwochmorgen alarmiert worden. Menschen kamen durch den Einsturz nicht zu Schaden. Der gesamte Bereich um die Carolabrücke, einschließlich der Bundeswasserstraße Elbe, des Elberadwegs und des Terrassenufers, bleibt bis auf Weiteres vollständig gesperrt. Verkehrsteilnehmer müssen mit erheblichen Behinderungen rechnen. Durch den Einsturz fällt mit der B170 über die Elbe eine wichtige Verkehrsverbindung weg. Es wird gebeten, den Bereich weiträumig zu meiden und die Einsatzkräfte nicht zu behindern.
Fernwärmeversorgung in Dresden gestört
Feuerwehrsprecher Michael Klahre war einer der ersten am Einsturzort: Als er die Brücke betrat, sah er, dass sich am Brückenkopf auf der Altstädter Seite auf einer Länge von rund einem Meter ein Spalt gebildet hatte. "Als wir nachgeschaut haben, gab es einen lauten Knall. Daraufhin sind zwei Fernwärmeleitungen geborsten und es strömten Tausende Liter heißes, dampfendes Wasser aus dem Brückenkopf heraus." Das Terrassenufer wurde geflutet. Die Feuerwehrleute gingen weiter in Brückenmitte. "Wir haben dort festgestellt - der Brückenbereich, über den die Straßenbahnen fahren, der war einfach weg."
Es gab einen lauten Knall. Zwei Fernwärmeleitungen sind geborsten und es strömten Tausende Liter heißes, dampfendes Wasser aus dem Brückenkopf heraus.
Situation ist angespannt
Am Mittwochnachmittag wurden die Lage und das weitere Vorgehen sondiert. Dabei kam an der Elbbrücke auch eine Drohne der Feuerwehr zum Einsatz. Die Situation war angespannt: "Es herrscht akute Lebens- und Einsturzgefahr", sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Beschäftigte der Dampfschifffahrt sicherten den Dampfer "Meißen", der nur knapp hinter der eingestürzten Brücke am Anleger liegt. An den Rändern des abgestürzten Betonteils hat sich eine starke Strömung gebildet.
Das Technische Hilfswerk (THW) installierte ein optisches Messsystem. Es soll die Brücke überwachen, falls sich etwas bewegt und auch die Einsatzkräfte warnen. "Die Brückenlager sind akut gefährdet, die werden mit großen Holzplatten abgesichert, um Teile wieder begehbar zu machen", so ein Zugleiter des THW.
Dresdens Oberbürgermeister bedankt sich bei Einsatzkräften
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert bedankte sich bei den Einsatzkräften und zuständigen Behörden für ihr schnelles und umsichtiges Agieren. Nun gelte es vor allem sicherzustellen, dass ein mögliches Hochwasser an der Elbe mit Blick auf die Trümmerteile keine Gefahren für Menschen oder andere Bauwerke mit sich bringe.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wie auch OB Hilbert zeigten sich erleichtert, dass es keine Opfer gab. Die Brücke müsse schnell wieder aufgebaut werden kann, so der Ministerpräsident.
Eingestürzter Teil sollte saniert werden
Ob und inwieweit der Einsturz mit den derzeit laufenden Sanierungsarbeiten an der Brücke zusammenhängt, ist noch nicht bekannt. Die dreigeteilte Carolabrücke wird seit 2019 saniert.
Dass der Zustand im Brückenzug C so schlimm ist, dass es zum Einbruch gekommen ist, war nicht vorhersehbar.
Schon im Vorfeld der Arbeiten war im Stadtrat immer wieder von Ermüdungserscheinungen am Bauwerk aus den 1970er-Jahren die Rede. Der nun eingestürzte Teil sollte als letztes im nächsten Jahr auf Vordermann gebracht werden, nachdem die Arbeiten an den beiden Autospuren abgeschlossen sind.
"Dass der Zustand im Brückenzug C so schlimm ist, dass es zum Einbruch gekommen ist, war nicht vorhersehbar. Man steckt in so einem Bauwerk halt nicht drin", sagte Holger Kalbe, Abteilungsleiter vom Straßen- und Tiefbauamt Dresden. Er vermutet Korrosionsschäden. Nun gelte es, eine Gefahr für die beiden anderen Brückenteile auszuschließen.
Brücke wurde regelmäßig überprüft
Die Brücke sei ständig richtlinienkonform untersucht worden, sagte Simone Prüfer, Amtsleiterin Straßen- und Tiefbauamt, auf einer Pressekonfrenz am Mittwochnachmittag. Die Prüfungen fänden zweimal im Jahr statt, die letzte Hauptprüfung sei vor drei Jahren gewesen. "Es gibt momentan noch keine Erklärung für das Versagen der Brücke", so Prüfer. Das Ergebnis der letzten Prüfung habe besagt, dass eine Sanierung notwendig sei.
Das Bauwerk muss man unter komplett einsturzgefährdet verbuchen.
Der Brückenbauexperte Steffen Marx von der TU Dresden hat den Einsturz eines Teils der Dresdner Carolabrücke als Desaster für den Brückenbau in ganz Deutschland bezeichnet. "Das Bauwerk muss man heute unter komplett einsturzgefährdet verbuchen." Dass eine Brücke im laufenden Betrieb so einstürze, nannte Marx einen "Supergau".
Der frühere Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes Dresden, Reinhard Koettnitz, geht von einer langwierigen Untersuchung zum Teileinsturz der Carolabrücke aus. Koettnitz sagte dem MDR, für Schadensbeurteilung und Ursachenforschung müssten eine Menge an Akten studiert werden. Es werde mehrere Jahre dauern, bis wieder Straßenbahnen über die Brücke fahren könnten.
Sachsenenergie arbeitet an Fernwärmenetz
Nachdem am Mittwochmorgen die Fernwärmeversorgung in der Stadt ausgefallen war, waren kurz nach 17:35 Uhr "alle Dresdner Haushalte wieder mit Fernwärme versorgt", so die Stadtverwaltung. Fachleute der Bereiche Erzeugung sowie Netze von Sachsenenergie waren den ganzen Tag fieberhaft damit beschäftigt, die nach dem Brückeneinsturz zusammengebrochene Fernwärmeversorgung für Dresden wieder aufzubauen.
Dafür wurde unter anderem Heißwasser in riesigen Mengen erzeugt und aus Speichern zum Beispiel des Kraftwerkes Reick ergänzt, um den Druck im Leitungsnetz zu stabilisieren. Erste auf der linken Elbseite abgekoppelte Stadtteile konnten bereits am Vormittag wieder angeschlossen werden.
Kliniken in Friedrichstadt und Neustadt betroffen
Auch die städtischen Kliniken in Friedrichstadt und Neustadt waren von der fehlenden Versorgung mit Fernwärme betroffen. Auf Intensiv- und Kinderstationen waren am Mittwochmorgen Maßnahmen getroffen worden, um die Patienten vor dem Auskühlen zu schützen, informierte die Stadtverwaltung. Im Klinikum Friedrichstadt funktionierte die Wärmeversorgung ab Mittag wieder.
Der Klinikbetrieb lief an allen Standorten, einschließlich Neustadt, laut der Stadt Dresden ohne Einschränkungen für die medizinische Patientenversorgung. Das galt auch für die operative Versorgung. Entgegen erster Informationen vom Mittwochmorgen konnten alle geplanten Eingriffe realisiert werden, so die Stadtverwaltung.
Feuerwehr bereitet sich auf mögliches Hochwasser vor
Das herabgestürzte Brückenteil in der Elbe könnte bei Hochwasser zu Problemen führen. Die Feuerwehr in Dresden bereitet sich derzeit auf eine mögliche Hochwasserlage vor. "Der Deutsche Wetterdienst und andere Partner haben informiert, dass sich eine Unwetterlage im östlichen Bereich einstellen wird", sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Seit Dienstag stehe die Feuerwehr Dresden mit dem Umweltamt in engem Kontakt. "Wir haben das Ereignis auf dem Zettel, aber es ist noch vollkommen unklar, wie sich dieses Wetterereignis einstellen wird." Es gebe aber einen "Abwehrplan."
MDR (ama/ali)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 11. September 2024 | 06:00 Uhr