Pilotanlage in Leipzig Biomethan aus Kompost und Agrarnebenprodukten – so könnte es effizient werden
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19. März 2025, 16:18 Uhr
Eine neue Pilotanlage im Deutschen Biomasseforschungszentrum DBFZ soll die Erzeugung von Biomethan und E-Methan aus biologischen Nebenprodukten effizienter machen. Am Ende soll aus Biomasse unter Zuleitung von grünem Wasserstoff ein 99-prozentiges Bio/E-Methan entstehen. Dieses könnte dann zu erneuerbarem LNG verflüssigt werden.
Klimaneutral bis 2045, das soll künftig sogar im deutschen Grundgesetz stehen. In vielen Bereichen sollen fossile Energieträger durch elektrischen Strom ersetzt werden. Dort, wo das nicht so einfach möglich ist, also beispielsweise in der Schifffahrt, könnten Biokraftstoffe eingesetzt werden. Diese Kraftstoffe sind zwar mit einem geringeren CO2-Impact verbunden, gelten aber bislang nicht als wettbewerbsfähig mit konventionellen Kraftstoffen.
In Leipzig forscht man am Deutschen Biomasseforschungszentrum DBFZ daran, wie sich diese Kraftstoffe effizienter erzeugen lassen. Eine neue Pilotanlage soll in den kommenden Jahren ermitteln, wie sich Biomethan aus Agrarnebenprodukten und Biomüll herstellen lässt – und wie sich der Methanertrag in diesem Prozess maximieren lässt.
Keine Biomasse, die für Tierfutter und Nahrung verwendet werden kann
Die Pilotanlage am DBFZ kann entweder mit Kompost oder Agrarnebenprodukten wie Gülle und Stroh gefüttert werden. Damit will man auch eine Kontroverse umgehen, die häufig mit dem Thema Bioenergie verbunden ist: Die Teller oder Tank-Debatte. "Es war von Anfang an klar, dass wir hier nur Biomasse einsetzen, die als "fortschrittlich" bezeichnet wird. Das heißt, keine Biomasse, die in direkter Konkurrenz zu Nahrungs- oder Futtermitteln steht", erklärt Karin Naumann, Projektleitung am DBFZ. Die Kosten der nun finalisierten Pilotanlage liegen bei circa sechs Millionen Euro, während des Baus der Anlage kam es immer wieder zu Verzögerungen.
"Gefüttert" wird die Pilotanlage aktuell mit Agrarnebenprodukten, die Nutzung von Bioabfall aus den Kommunen oder auch Grünschnitt wird ein zentrales Thema für 2026 sein. "Die größte Herausforderung wird hier vermutlich die Verunreinigung sein", betont Naumann. Dass Bioabfälle vergärt werden, sei zwar auch keine absolute Neuheit, aber weil die Anlage darauf ausgelegt sei, automatisch Material von den Fermentern weiterzupumpen, müssen die Abfälle entsprechend vorbereitet werden. "Da dürfen dann keine Steine, Schrauben, Windeln, Plastiktüten, Knochen oder Avocadokerne drin sein."
Kompost ist häufig stark verunreinigt
Verunreinigungen sind generell ein großes Problem für die Weiterverwertung von Kompost. Laut der Bundesgütegemeinschaft Kompost müssen bereits 97 Prozent des Biomülls aussortiert werden, wenn nur 1 Prozent Fehlwürfe enthalten sind. Wichtig dabei: Plastiktüten sollten auf keinen Fall mit in die Biotonne geworfen werden. Das gilt auch für vermeintlich kompostierbare Bio-Plastik-Tüten. Nicht alle können aktuell in Vergärungsanlagen überhaupt kompostiert werden.
Deshalb muss Kompost besonders gut vorbereitet werden, bevor er in die Pilotanlage gelangt. Ist die Biomasse aus Landwirtschaft und Kommunen im entsprechenden Zustand, wird sie in der Anlage im Hauptgärer vergärt. Damit die Forschenden am DBFZ ermitteln können, welche Reaktortypen Vorteile bringen, sind in der Pilotanlage sowohl ein Pfropfenstromreaktor, als auch ein Rührkesselreaktor verbaut. Ersterer kann deutlich trockenere Substanzen verarbeiten. Der Rührkesselreaktor eignet sich dagegen eher für feuchte Materialien. Er wird aktuell schon flächendeckend eingesetzt. "Das sind die großen Behälter, die man auch immer beim Bauern sieht", erklärt Philipp Knötig, ebenfalls Projektleitung am DBFZ, bei einem Rundgang durch die Anlage. Knötig zeigt einen großen Bildschirm, der fortlaufend aktualisierte Daten aus den Reaktoren zeigt.
Live-Daten aus der Anlage
"Hier sieht man beispielsweise, wie viel Biogas wir erzeugen. Gerade zwischen 50 und 30 Litern die Stunde. Außerdem sieht man, wie die Methanzusammensetzung von dem Biogas ist." Im Hauptgärer liegt der Biomethananteil aktuell bei 50,3 Prozent. Die restlichen 50 Prozent sind hauptsächlich CO2, erklärt Knötig. Damit dieses CO2 nicht wieder in die Umwelt gelangt, wird es ebenfalls zu Methan gewandelt. Die Pilotanlage setzt quasi auf eine doppelte Herstellung des Stoffes.
"Wir leiten das Biogas dann in einen weiteren Reaktor, da haben wir 250 Grad, 20 Bar und einen Katalysator drin", setzt Philipp Knötig die Tour durch die Anlage fort. Hier wird dem Biogas grüner Wasserstoff zugeleitet. Unter den Bedingungen reagiert das CO2 mit dem Wasserstoff und wird zu Methan, quasi ein E-Methan. Durch diese doppelte Methanerzeugung lässt sich die Effizienz steigern. Am Ende des Prozesses entsteht aktuell 95-prozentiges Methan. Knötig sagt, er rechne sogar damit, künftig bis auf 99 Prozent zu kommen.
Power-to-Gas soll Energieüberschüsse speichern
Diese Idee der Methanisierung von grünem Wasserstoff ist für sich auch nicht mehr ganz neu, sondern unter dem Namen "Power-to-Gas" bekannt. Power-to-Gas könnte eine Möglichkeit sein, künftig die Energieüberschüsse aus Wind und Sonne zu speichern. Die Idee dahinter: Wenn ausreichend Strom zur Verfügung steht, wird damit grüner Wasserstoff erzeugt. Dieser Wasserstoff kann weiter genutzt werden und wäre auch in der überführten Form als E-Methan eine Möglichkeit, Energie zu speichern.
Nach der Verflüssigung kann erneuerbares LNG hergestellt werden
Das E-Methan und das aus der Vergärung entstandene Methan könnten dann verflüssigt werden und wiederum als "erneuerbares LNG" eingesetzt werden. Damit könnten etwa Schiffe betankt werden. Im Gegensatz zum herkömmlichem LNG (Liquid Natural Gas) wäre das immerhin nicht mehr fossilen Ursprungs. Allerdings ist die Verflüssigung des Gases zu LNG mit hohen Energiekosten verbunden. Das schadet auch der Wirtschaftlichkeit der Technologie - und so lange es nicht ausreichend grünen Strom gibt, vermutlich auch der CO2-Bilanz. Eines der Projektziele der Pilotanlage am Deutschen Biomasseforschungszentrum ist deshalb, diese hohen "Treibhausgasvermeidungskosten" für erneuerbares LNG zu senken. Eine Verflüssigung des Methans direkt bei der Pilotanlage in Leipzig ist allerdings nicht angedacht.
Links/Studien
Eine Vorstellung der Anlage finden Sie auch online beim Deutschen Biomasseforschungszentrum.
Wie die verschiedenen Reaktortypen funktionieren, können Sie in einem pdf des DBFZ nachlesen.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalereport Leipzig | 18. März 2025 | 16:30 Uhr
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