Herzmuskelentzündung Myokarditis
Schmerzen in der Brust können ein Hinweis auf eine Herzmuskelentzündung sein, eine seltene Nebenwirkung, die aber bis zu 40 von einer Million Männer nach einer Impfung betreffen kann. Bildrechte: imago/Science Photo Library

Impfstoffe Myo- und Perikarditis: Nach Corona-Impfung seltener als bei anderen Impfungen

12. April 2022, 15:50 Uhr

Eine Metastudie hat das Risiko einer Myo- oder Perikarditis nach einer Corona Impfung mit anderen Impfungen verglichen. Die seltenen Herzmuskel- oder -beutelentzündungen kommen demnach auch bei anderen Impfungen vor.

Herzmuskel- und -beutelentzündungen (Myo- und Perikarditis) nach einer Coronaimpfung werden offenbar nicht direkt durch den mRNA Impfstoff verursacht. Das ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis einer neuen Überblickstudie, die die Ergebnisse von insgesamt 22 Untersuchungen zu der seltenen Nebenwirkung einer Impfung zusammenfasst. Die Studie von Wissenschaftlern der Nationaluniversität Singapur ist jetzt im Fachblatt "The Lancet Respiratory Medicine" erschienen.

300 Millionen Impfungen mit mRNA – Myokarditis nur selten

Demnach kommt eine Myo-/Perikarditis nach einer Corona-Impfung wahrscheinlich sogar seltener vor als beispielsweise nach einer Impfung gegen die Windpocken. Allerdings zeigt sich über viele Studien hinweg, dass vor allem junge Männer unter 30 Jahren am häufigsten betroffen sind. "Die Daten legen nahe, dass Myo- und Pericarditis Nebenwirkungen der Entzündungsprozesse sind, die durch alle Impfstoffe ausgelöst werden können und die nicht einzigartig für die Covid-19-Impfungen oder Infektionen sind ", sagte Jyoti Somani, Infektiologe und Co-Autor der Studie.

Die Forscher hatten untersucht, wie oft die Entzündungen nach einer Impfung auftraten und dafür nach allen Studien zwischen 1947 und Ende 2021 gesucht. Genau die Hälfte der betrachteten Untersuchungen (11 Studien), betrachteten dabei die Covid-19 Impfungen. Somit konnte die Zahl der Myo- und Perikarditiden nach insgesamt 395 Millionen Impfdosen, darunter etwa 300 Millionen Dosen der mRNA-Impfstoffe von Moderna und Biontech, relativ präzise geschätzt werden. Sie lag im Schnitt aller Corona-Impfstoffe bei etwa 18 Fällen pro eine Millionen Impfdosen und lag damit sogar innerhalb der allgemeinen Wahrscheinlichkeit von etwa 9,5 bis 24,6 Fällen pro eine Million Menschen und Monat.

Myokarditis am häufigsten nach Windpocken-Impfung

Allerdings stieg das Risiko mit bestimmten Faktoren. Unter Geimpften, die jünger waren als 30 Jahre, kam es zu 40,9 Fällen pro einer Million Impfdosen. Auf Männer entfielen 23 Fälle pro eine Million, auf mRNA-Impfungen 22,6 Fälle und bei der Zweitimpfung kam es mit 31,1 Fällen pro eine Million häufiger zu der Nebenwirkung als nach der Erstimpfung.

Als Vergleichswerte betrachteten die Forscher die Daten zu 2,9 Millionen Dosen einer Impfung gegen die Windpocken, 1,5 Millionen Dosen gegen die Grippe und 5,5 Millionen Dosen gegen andere Infektionen. Am höchsten war das Risiko einer Myo- oder Perikarditis demnach nach einer Impfung gegen die Windpocken.

Hier kam es zu 132,1 Fällen pro Million Dosen. (Die Forscher schränken diese Aussage allerdings etwas ein, denn die zugrunde gelegten Studien waren allesamt an Angehörigen des US-Militärs und damit primär an jungen Männern, der Hauptrisikogruppe durchgeführt worden). Bei der Grippe lag die Quote mit 1,3 Fällen pro Million Impfungen relativ niedrig, bei verschiedenen anderen Impfstoffen mit 57 Fällen pro Million nur unwesentlich höher, als bei der Corona-Impfung, so die Autoren.

Menschen über 30 haben kaum noch ein Myokarditis-Risiko nach der Impfung

"Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich das Gesamtrisiko einer Myo- oder Perikarditis bei dieser neu zugelassenen Gruppe von Impfstoffen gegen COVID-19 nicht von Impfstoffen gegen andere Krankheiten unterscheidet", sagt Studienleiter Kollengode Ramanathan, ein Herzspezialist der Nationaluniversität Singapur. Insgesamt sei die von dieser seltenen Nebenwirkung ausgehende Gefahr relativ gering, das Risiko im Fall einer Infektion sehr viel höher. Bei Menschen über 30 Jahren kam es mit etwa 2,9 Fällen pro eine Million Dosen praktisch kaum noch vor und unterschied sich nicht vom allgemeinen Risiko.

Für die Gruppe der unter 12-Jährigen gebe es allerdings noch nicht genügend Daten, um Aussagen zu treffen, schränken die Forschenden ein.

(ens)

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