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Jungvögel bedroht? Flohschutzmittel im Meisennest
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10. Februar 2025, 10:23 Uhr
Genau wie manche Menschen betten sich auch manche Vögel gern weich und kuschelig. Bei den Vögel polstern einige ihre Nester also mit Tierhaaren aus. Dumm, wenn man sich dabei giftiges Zeug ins Haus, pardon, Nest holt. Genau das zeigt eine Studie aus England. Wichtigstes Ergebnis: In Nestern von Kohlmeisen und Blaumeisen wurden ausnahmslos Stoffe gefunden, die in der Landwirtschaft verboten sind, aber zur Parasitenabwehr von Haustieren weiter genutzt werden.
Meisen sind zwar in allen Gärten Deuschlands vorhanden, wie die jüngste Vogelzählung des Nabu bei der "Stunde der Wintervögel" zeigt.
Aber sowohl Kohl- als auch Blaumeisen verzeichneten bei der diesjährigen Nabu-Winterzählung beide ein Minus von sieben Prozent. In Sachsen lag das Minus bei 5 Prozent bei den Kohlmeisen, und bei Blaumeisen bei 2, in Thüringen und Sachsen-Anhalt bei minus 1 Prozent, also anders als im bundesweiten Durchschnitt.
Meisen: Gefährdet durch kuscheliges Fellbett?
In England wurde bei den Meisen nun einmal genauer hingeschaut. Eine Studie zeigt jetzt, dass Kohl- und Blaumeisen sich nicht nur Fellhaare ins Nest holen, sondern gleichzeitig chemische Stoffe, die zum Teil in der Landwirtschaft inzwischen verboten sind.
Aber wie kommen Fipronil, Imidacloprid und andere ähnliche Stoffe nun ins Meisennest? Wenn Meisen auf den Hund kommen oder die Katze, bzw. deren Fellhaare! Denn in der Hundehaltung werden die Stoffe als Floh- oder Zeckenschutz zum Beispiel über monatliche Dosen via Spray oder Shampoo verabreicht oder in Form von imprägnierten Halsbändern. In der Forschung geht man Studien zufolge davon aus, dass bis zu 82 Prozent der Katzen und 80 Prozent der Hunde mindestens einmal jährlich mit so einem Mittel behandelt werden.
Wie wurden die Stoffe aus der Tiermedizin in der Meisenstube gefunden?
Für die Studie in Großbritannien wurden ausschließlich Meisennester genommen, die zwischen September und Dezember in Großbritannien gesammelt worden waren. Insgesamt wurden 103 mit Tierhaar gepolsterte Nester untersucht, in denen Blau - und Kohlmeisen genistet hatten. In ausnahmslos allen Nestern wurde Fipronil nachgewiesen.
Was ist Fipronil?
Fipronil ist ein Stoff, der in der EU und in Großbritannien in der Landwirtschaft verboten ist. In der Tiermedizin wird er weiter benutzt. Er wirkt gegen Flöhe, Haarlinge, Läuse, Zecken, Raubmilben, Herbstgrasmilben und Räudemilben.
In 89 Prozent der untersuchten Nester wurde außerdem auch Imidacloprid gefunden, das seit 2018 in der EU als Pflanzenschutzmittel verboten ist. Insgesamt wurde nach 20 Insektiziden geschaut, 17 wurden tatsächlich in den Nestern nachgewiesen. Dort, wo mehr Insektizide bzw. hohe Konzentrationen der gesuchten chemischen Stoffe nachgewiesen wurden, fanden die Forscher mehr tote Jungvögel oder ungeschlüpfte Eier.
Das Team um Studienautorin Cannelle Tassin de Montaigu hält es für denkbar, dass der Kontakt mit den Tierschutzmitteln dafür sorgt, dass weniger Jungvögel überleben. Frühere Forschungen, als die Stoffe noch in der Landwirtschaft verwendet wurden, hatten bereits belegt, dass der Kontakt mit diesen Stoffen zu weniger Eiern im Gelege, dünneren Eierschalen und erhöhter Sterblichkeit der Jungvögel führt.
Für das Team um Montaigne tun sich eine Menge weitere Fragen auf: Wie hoch ist der Einfluss der Veterinärmedizin auf die Umwelt? Sind die Nester, wenn sie frisch gepolstert werden, vielleicht noch viel stärker mit den Schadstoffen belastet als am Ende der Brutsaison? Beeinflussen Mittel aus der Tiermedizin den Vogelbestand? Hier sollte die Forschung aus Sicht von De Montaigne noch viel genauer hinschauen.
Links/Studien
Die Studie wurde im Fachmagazin Science of The Total Environment veröffentlich. Sie können Sie hier im Original lesen.
lfw
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 10. Januar 2025 | 19:00 Uhr
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