Übersterblichkeit Corona: Im Osten sterben Menschen durch die Pandemie früher
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02. August 2024, 12:46 Uhr
Im Durchschnitt sterben Menschen im Osten Deutschlands durch die Corona-Pandemie ein bis zwei Jahre früher als vorher, im Westen weniger als ein Jahr als zuvor. Grund sind Altersstruktur und Verhalten der Menschen.
In der Corona-Pandemie hat es in Europa vielerorts eine Übersterblichkeit gegeben. Bevölkerungsexperten stießen dabei auf große Unterschiede, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung am Mittwoch in Wiesbaden bekannt gab. Erstmals sei mit einer neuen Studie eine Betrachtung der Übersterblichkeit der Jahre 2020 und 2021 in insgesamt 569 Regionen für 25 europäische Länder möglich.
In Deutschland war 2021 für die Experten ein Ost-West-Gefälle sichtbar: Die Übersterblichkeit betrug in Thüringen und in Teilen von Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg 1,5 bis 2 Jahre. Im westlichen Bundesgebiet habe sie unter einem Jahr gelegen, mit Ausnahme einiger bayerischer Gebiete.
Bevölkerung im Osten durch Wegzüge älter, daher verwundbarer
Als ein Grund für den Ost-West-Unterschied wird genannt, dass nach 1990 überproportional viele junge Menschen mit geringen Sterberisiken diese Regionen verlassen haben. Eine aus solchen Fortzügen hervorgehende höhere Übersterblichkeit lasse sich für Deutschland und Europa insgesamt feststellen; so verlagerte sich 2021 der Schwerpunkt der Übersterblichkeit nach Osten.
"In der zurückbleibenden Bevölkerung stieg somit das Durchschnittsalter deutlich an und das Gesundheitsverhalten wurde durch die ungünstigen Arbeitsbedingungen vor Ort negativ beeinflusst", sagte Co-Autor Michael Mühlichen. Hohes Durchschnittsalter und die vergleichsweise weite Verbreitung von Rauchen, Alkoholmissbrauch, Mangel an körperlicher Bewegung und ungesunde Ernährung tragen maßgeblich zum erhöhten Anteil vulnerabler Menschen bei. In der Slowakei, Litauen, Lettland, Ungarn sowie in Teilen Polens und Tschechiens lag die Lebenserwartung um mehr als 2,5 Jahre unter dem statistisch erwarteten Wert.
Aber auch viele westeuropäische Regionen zeigten 2021 eine höhere Übersterblichkeit als im Vorjahr. "Während im ersten Pandemiejahr 362 Regionen eine signifikante Übersterblichkeit verzeichneten, waren es im Folgejahr sogar 440", berichtete Mitautor Pavel Grigoriev.
2020 starben in Italien mehr, in Deutschland weniger Menschen
Mit Blick auf Regionen Italiens und Spaniens, in denen es 2020 die ersten großen Covid-19-Ausbrüche gab, sagte Mühlichen: "In der Spitze lag die Lebenserwartung mehr als zweieinhalb Jahre unter dem Erwartungswert." Für das Jahr registrierten die Forschenden eine hohe Übersterblichkeit in Norditalien, der Südschweiz, in Zentralspanien und in Polen.
In Teilen Nord- und Westdeutschlands, Dänemarks, West- und Südfrankreichs, Norwegens und Schwedens verzeichneten sie hingegen eine Untersterblichkeit. Die Forscher bezogen sich auf die langfristige Entwicklung der Lebenserwartung vor dem Jahr 2020. Darauf basierend seien Werte für die Jahre 2020 und 2021 prognostiziert worden. Die Abweichung zu den tatsächlich gemessenen Werten ergab die Über- oder Untersterblichkeit in den Regionen.
Aufgrund der umfangreichen Datenrecherche und Aufbereitung sowie der anschließenden Prüfverfahren konnten die Forscher ihre Grundlagenarbeit erst jetzt vorstellen. Das Bundesinstitut hat diese gemeinsam mit dem französischen Institut für demografische Studien verfasst und in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.
Links/Studien
- Bonnet et.al. (2024): Spatial disparities in the mortality burden of the covid-19 pandemic across 569 European regions (2020-2021), Nature Communications
(kna,ens)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 31. Juli 2024 | 16:40 Uhr
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