Corona Computertomograph bei Covid-19-Diagnose umstritten
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30. März 2020, 13:37 Uhr
Das Coronavirus stellt Krankenhäuser vor Herausforderungen. Nicht nur, weil sie damit rechnen, dass die Zahl der Fälle auf den Intensivstationen deutlich steigen könnte, sondern auch in Sachen Diagnostik: Wer wird wie behandelt? Wer könnte ein schwerer Fall werden - oder ist es ganz unbemerkt schon? Das Personal in den Kliniken lernt jeden Tag dazu und passt die Diagnoseverfahren an. Ein wichtiges Hilfsmittel: Der Computertomograph - der macht sichtbar, was gar nicht da zu sein scheint.
Aktuell werden im Universitätsklinikum Essen dreißig Menschen wegen Covid-19 behandelt, eine einstellige Zahl muss auf der Intensivstation beatmet werden, erzählt die dortige Oberärztin in der Notaufnahme, Dr. Carola Holzner, bei Markus Lanz im ZDF. Und sie berichtet von einer bemerkenswerten Beobachtung:
Was man eindeutig sieht ist, dass das einen zwei-gipfeligen Verlauf hat. Wir haben Patienten, die wir mit leichten Symptomen gesehen haben, klinisch stabil, denen zu häuslicher Quarantäne geraten wurde. (...) Die kamen nach vier, fünf Tagen mit deutlichen Verschlechterungen wieder und sind mitunter auf der Intensivstation gelandet.
Deshalb würden jetzt zahlreiche Verdachtsfälle in einen Computertomographen - kurz CT - geschoben, um sich deren Lunge anzuschauen. Auch bei milden Symptomen kann es nämlich sein, dass sich die Lunge längst entzündet hat und bei einigen von ihnen ist sogar der Rachenabstrich negativ.
Zeigt der Computertomograph, was dem Abstrich entgeht?
Wie kann das sein? Dann ist das Virus vom Rachen in die Lunge abgerutscht, erklärte Virologie-Professor Christian Drosten in seinem NDR-Podcast. Dort vermehre sich das Virus trotzdem weiter. Das heißt also, obwohl es nicht mehr im Rachen nachweisbar ist, kann man das Virus trotzdem haben. Das hatte auch in China in Wuhan für große Verunsicherung gesorgt - die scheinbare Unzuverlässigkeit aus dem Rachenabstrich und die Überforderung der Labore, sagt Drosten. Da kam dann die Computertomographie ins Spiel.
Der späte Patient, der in der zweiten Woche kommt, mit beginnender Pneumonie, und bei dem in der PCR im Rachenabstrich nicht zuverlässig positiv getestet wird: Da ist man zu einer Diagnosestellung übergegangen basierend auf dem CT-Bild.
In der Computertomographie sind die Folgen der Virusinfektion meist trotzdem zu erkennen. Zu diesem Schluss kam eine Studie an Patienten in Wuhan im Februar. Die sei sehr wichtig gewesen, erläutert Professor Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
Da hat man festgestellt, dass die Computertomographie eine viel höhere Wertigkeit in der Diagnosestellung hat als der Rachenabstrich. Wir finden dann sogenannte Milchglas-Trübungen - das sind ganz flaue, rundliche, zirkuläre Verschattungen, die sich auf die Lunge projizieren.
An seiner Klinik habe man daraufhin die Diagnostik angepasst: Mittlerweile wird bei bis zu 60 Prozent der Verdachtsfälle relativ frühzeitig eine CT-Untersuchung gemacht, sagt Janssens - vor allem bei Risikopatienten. Er sei froh über jede Publikation zu Patientenpopulationen, denn die Medizin sei noch ein stark lernendes System.
Skepsis in Leipzig
Während Janssens in Eschweiler nahe der Gemeinde Heinsberg schon einige Covid-19-Patienten gesehen hat, waren es in Leipzig noch nicht so viele. Hier betrachtet man die Erkenntnisse aus Wuhan etwas zurückhaltender. Die Diagnostik anhand des CT-Bilds hält er für unmöglich, sagt der Leitende Oberarzt Intensivmedizin am Universitätsklinikum Leipzig, Dr. Sven Laudi.
Wir glauben den Daten aus China nicht, in dem Sinn, dass wir nicht glauben, dass wir sie direkt anwenden können.
Anhand der ihnen bekannten Studien sei ist es relativ schwer zu unterscheiden, ob die Patienten schon einmal schwer krank waren und deswegen diese CT-morphologischen Veränderungen hatten, oder ob das in der Frühphase war, sagt Laudi. In Leipzig werde deshalb bei der Diagnose nicht mit dem CT gearbeitet.
Die Diagnose-Routinen unterscheiden sich derzeit also noch voneinander. Doch je mehr wir über das Virus lernen, desto mehr werden sich auch die Diagnoseverfahren entwickeln und verändern, schätzt Professor Janssens. Dann würden sie zukünftig auch immer mehr angleichen.
Zwei Studien - unterschiedliche Ergebnisse
Die oben erwähnte Studie aus Wuhan vom 26. Februar ist im Fachmagazin Radiology erscheinen. Sie zeigt, dass Patienten negativ auf das Virus getestet wurden, aber bereits befallene Lungen hatten. Allerdings gibt es auch den gegenteiligen Effekt. Eine weitere Studie aus China, die Ende Februar ebenfalls in Radiology erschienen ist, zeigte, dass CT-Befunde trotz Symptomen in den ersten Tagen der Krankheit auch unauffällig bleiben können.
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