Psychologie und Alkohol Alkoholiker trinken aus anderen Gründen als man bisher dachte
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03. Februar 2025, 16:07 Uhr
Alkohol trinken stimuliert und vergnügt Menschen. Und zwar alle, egal ob Alkoholiker oder Nicht-Alkoholiker. Eine Studie widerlegt einen gängigen Mythos um die Trinkmotivation von Alkoholkranken.
Wann trinken wir Alkohol, wieviel trinken wir, warum trinken wir? Das sind die Fragen, die sich alle stellen sollten, die sich mit dem eigenen Alkoholkonsum auseinandersetzen. So beschreibt es jedenfalls Suchtexpertin Andrea Rummel im Gespräch mit dem MDR über Sinn und Nutzen eines einmonatigen Alkoholverzichts.
Dass wir über Alkohol-Konsum nachdenken sollten, zeigen eindringlich die Zahlen einer Krankenkassen-Studie, die im Januar veröffentlicht wurde: Demnach lag allein in Sachsen der Anteil alkoholkranker Menschen über ein Drittel höher als im Bundesschnitt. Im Jahr 2023 wurden dort demnach 2,3 Prozent der Bevölkerung wegen Alkoholsucht behandelt – der Bundesschnitt beträgt knapp 1,7 Prozent. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät dazu, keinen Alkohol zu trinken. Sie änderte damit 2024 eine frühere Einschätzung. Auch in Maßen sei Alkohol nicht gesund – es gebe keine potenziell gesundheitsfördernde und sichere Alkoholmenge für einen unbedenklichen Konsum.
Alkohol nicht als Tröster – ein Mythos wird entzaubert
Wenn es um Menschen mit Alkoholmissbrauchsstörung geht, geht die Medizin bisher davon aus, dass sie trinken, um depressive Stimmungen aufzuhellen und dass also mit dem Alkoholkonsum eine Art von Selbstmedikation betrieben wird.
Eine Studie aus den USA belegt nun, dass dem nicht so ist. Sie zeigt vielmehr, dass Trinker genau wie Nicht-Alkohol-Süchtige beim Trinken den angenehmen Stimulus und das Vergnügen suchen und mögen. Ein Studienfund, der Studien-Erstautorin Andrea King (Universität von Chicago) zufolge zu anderen Behandlungsansätzen führen sollte. Momentan fokussiert sich der Behandlungsansatz auf die Beseitigung von Stress und depressiven Symptomen, so King. Man müsse aber auch die anderen Faktoren wie die stimulierende Wirkung, das Vergnügen und Verlangen nach Alkohol für die Behandlungsmethoden im Blick haben.
Wie wurde das untersucht?
An der Studie nahmen zwischen Oktober 2020 und 2021 insgesamt 332 Personen im Alter von 21 bis 35 Jahren teil. Die Hälfte der Studienteilnehmer lebte mit einer Alkoholmissbrauchsstörung, von denen wiederum die Hälfte im vergangenen Jahr zusätzlich schwere Depressionen durchlebt hatte. Alle mussten im Untersuchungszeitraum zum einen während ihrer Trinkepisoden alle halbe Stunde drei Stunden lang in einer App per Handy Fragen beantworten. Die Alkoholiker konsumierten in diesen Zeiträumen durchschnittlich 8,5 Getränke, die Nicht-Alkoholiker 3,7. Ebenso mussten sie während eines gleich langen alkoholfreien Zeitraums innerhalb von drei Stunden halbstündlich Auskunft über ihre Stimmung geben. Außerdem mussten sie täglich Fragen zu ihrer Stimmung beantworten.
Die Auswertung stellt Forscherin Andrea King zufolge die gängige Theorie in Frage, wonach die Alkoholabhängigkeit durch den Versuch des Gehirns entsteht, trotz wiederholten starken Alkoholkonsums Stabilität zu bewahren, um Entzugsgefühle zu meiden oder Stress. Die nun gefundenen "Trink-Treiber", Vergnügen und Stimulation, sollten Andrea King zufolge in die Behandlungsansätze für Alkoholabhängige einfließen.
Links/Studien
Die Studie, die im American Journal of psychatry veröffentlicht wurde, lesen Sie hier im Original.
Die Ergebnisse der Krankenkassenuntersuchung zu Alkoholmissbrauch finden Sie hier.
lfw
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR aktuell | 03. Januar 2025 | 09:21 Uhr
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