Neuer Podcast "Die Medizin von morgen" "Humanmedizin sollte etwas Humanes bleiben"

05. April 2024, 15:00 Uhr

Im Podcast "Die Medizin von morgen" widmen sich Eckart von Hirschhausen und Katharina Adick der Frage, wie die Medizin der Zukunft aussieht. Diesmal diskutieren sie die Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz (KI) für die Medizin. Dabei zeigt heute KI schon, dass sie viele Vorteile hat. Allerdings sollte man auch genau darüber nachdenken, wo sie eingesetzt wird.

Ab dem 9. April 2024 geht die ARD-Erfolgsserie "Charité" in die vierte Staffel. Die Geschichte über das renommierte Berliner Krankenhaus wird weitererzählt – nun über die Medizin der Zukunft im Jahr 2049. Wie der Titel schon verrät, beschäftigt sich auch der neue Podcast, in dem der Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen und die Journalistin Katharina Adick gemeinsam in die Zukunft blicken, mit der "Medizin von morgen".

Herr von Hirschhausen, wie verändert künstliche Intelligenz die Medizin?

Eckart von Hirschhausen: Ich fange mal mit einem konkreten Fall an. Es gibt das Beispiel des Locked-in-Syndroms. Ich kenne jemanden seit 15 Jahren, bei dem ich nah erleben konnte, wie sich diese Muskel-Erkrankung auswirkt. Diese ist durch den Physiker Stephen Hawking berühmt geworden, der nach und nach seine Kommunikationsfähigkeiten verlor. Jetzt ist mein Bekannter an dem Punkt, wo er locked-in ist, also wo er noch nicht mal mehr gut die Augen bewegen kann, obwohl sein Hirn komplett normal und er genauso blitzgescheit ist, wie damals, als ich ihn kennenlernte.

Wie kann KI da konkret helfen?

In Zukunft könnte es möglich werden, dass man wieder eine Verbindung zu solchen Patienten aufbaut. Dass es wieder möglich ist, eine Sprache zu finden und auch wieder in Kontakt zu kommen. Dazu wird derzeit intensiv erforscht, wie über Hirnströme, aber auch durch implantierte Elektroden irgendetwas von den Hirnsignalen der Patienten wieder mit der Welt geteilt werden kann.

Haben Sie selbst schon praktische Erfahrungen mit KI in der Medizin gemacht?

Ja, ich durfte für eine Doku das Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg besuchen. Dort bekam ich eine EEG-Haube aufgesetzt, mit der meine Hirnströme gelesen wurden. Der Forschungsleiter hat mit mir so eine Art Kartentricks gemacht. Ich durfte nur denken: Ja oder nein, das war meine Karte oder nicht. Dazu musste ich mich stark konzentrieren. Die Künstliche Intelligenz hat dann aus den diffusen Mustern meiner Hirnströme gelernt und konnte am Ende erkennen: Das war die Karte, an die du gedacht hast. Da war ich echt baff.

Eckhart von Hirschhausen... ...wurde 1967 in Frankfurt (Main) geboren. Der promovierte Arzt und Journalist bringt seit Jahren gesundheitliche Themen einem breiten Publikum auf allgemein verständlich und auch amüsante Art bei.

Katharina Adick arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin für verschiedene Formate wie "Quarks" im WDR oder "TerraX" im ZDF

Ein Podcast mit Hirschhausen und Adick
Katharina Adick und Eckart von Hirschhausen. Bildrechte: Karsten Möbius

Das klingt so, als wäre man schon sehr nah an der Lösung.

Nein, tatsächlich sind wir noch weit weg. Es gibt ja berühmte Filme mit dem Schmetterling und Taucherglocke, wo jemand mit den Augen noch einen Roman geschrieben hat. Das ist aber wahnsinnig zeitaufwendig. Wenn man buchstabieren will, muss man ja sehr, sehr lange Reihen durchgehen und sagen: Ja, diesen Buchstaben wollte ich. Und diese Signale, die Hirnströme, sind nur sehr ungenau zu messen.  . Das liegt auch daran, dass die Schädeldecke sehr dick ist. Das heißt, die Reize, die da ankommen sind nur minimal.

Deswegen ist der nächste Schritt, zu sagen: Wir machen die Schädeldecke auf und legen die Elektroden direkt ins Hirn.

Ja, Elon Musk plant beispielsweise mit seiner Firma "Neuralink", Chips in Gehirne zu setzen. Musk ist dabei genial in der Art und Weise, wie er die Werbetrommel rührt. Angeblich konnte er schon einen Chip bei einem Menschen einsetzen und der hat dann einen Cursor mit seinen Gedanken bewegt. Aber alle Fachleute fragen: Wo ist der Beweis? Wo ist das veröffentlicht? Wo ist dieser Mensch?

Also ist es maximal intransparent.

Trotzdem scheint es erstens plausibel, die Signale direkt im Gehirn aufzufangen, wenn man sie denn aus dem Kopf heraus transportieren möchte. Und Musk ist zweitens nicht der einzige mit dieser Forschung, daran wird weltweit gearbeitet. Und auch wenn wir beide uns keinen Chip einsetzen lassen würden oder zumindest noch nicht. Die Sache sieht anders aus, wenn man einen hohen Leidensdruck hat, wie beim Locked-in-Syndrom. Dann ist die Risiko-Nutzen-Abwägung eine andere.

Ein weiteres Potenzial bei der künstlichen Intelligenz in der Medizin sind die großen Datenmengen, die KI verarbeiten kann. Wenn man sich den Bereich bildgebende Diagnostik anguckt, gibt es dort schon beeindruckende Vorteile dieser Technik.

Total. Gerade in der Bilderkennung ist KI uns Menschen heute schon meilenweit überlegen. Wie beim Beispiel Röntgenbilder. Wenn du ein Röntgenbild nachts in der Notaufnahme machst, wem würdest du lieber deinen Befund anvertrauen? Einem übernächtigten Notarzt, der vielleicht das erste Jahr im Beruf ist oder einer KI, die 500.000 vergleichbare Röntgenbilder aus diesen Situationen innerhalb von Sekunden miteinander vergleicht und sofort auch kleinere Abweichungen identifizieren kann. Das ist auch eine spannende Verbindung zu unserer Folge zu den neuen Krebstherapien, wenn es darum geht, neue Therapien an Tumore ganz genau anzupassen. Da ist schon sehr viel KI im Einsatz, die mitunter viele Terabyte Daten über einen bestimmten Tumor verarbeitet.

Gibt es auch Bereiche in der Medizin, bei der eine KI nie die Menschen wird ersetzen können?

Ich engagiere mich seit langem dafür, dass Humanmedizin etwas Humanes sein und auch bleiben sollte. Dafür braucht es Menschen mit Herz, Hirn und vor allem Mitgefühl. Darum ist auch die Frage wichtig, nach welchen Kriterien wir zukünftig Menschen in Gesundheitsberufen aussuchen sollten. Dafür braucht es weniger diejenigen mit 1,0-Abi, die wahnsinnig viel Wissen in sich aufsaugen können und dann klugscheißend vor einem stehen, sondern vielmehr denjenigen, die wissen, wie ich mich in mein Gegenüber einfühle und welche Fragen gerade wirklich wichtig sind.

cdi

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