Citizen Science "NABU-Insektensommer" Marienkäfer, Biene, Schmetterling: Sechsbeiner gesucht
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31. Juli 2020, 10:51 Uhr
Geduld, ein waches Auge, Handy oder Stift & Papier: Im Grunde ist es sehr wenig, was man braucht, um bei der Insektenzählung des NABU mitzumachen. Jeder Sechsbeiner zählt, egal ob man ihn beim exakten Namen kennt, wie die dunkelfransige Hosenbiene, oder nur weiß: ok, das ist eine Biene. Zählen und Sichtungen an den NABU durchgeben geht ab 31. Juli bis 9. August.
Klein, rund, roter Körper, schwarze Punkte auf dem Rücken, sechs Beine und winzige Fühler - fertig ist der Marienkäfer. Jedenfalls wenn Kindergartenkinder ihn zeichnen. Draußen in der Natur ist das anders. Allein in Deutschland gibt es 78 Arten von Marienkäfern, weltweit sogar 6.000. Manche mit zwei Punkten, welche mit 14 oder sogar mit 24.
Aber auf solche Detailgenauigkeit und so viel Spezialwissen kommt es nicht an beim Citizen Science-Projekt "Insektensommer". Wer hier mitmacht, muss nur bis sechs zählen können, denn der NABU ruft zur Insekteninventur auf: Alles, was sechs Beine hat, wird gezählt.
Die Insekten-Inventur in Gärten, Parks, Friedhöfen oder auf Balkonen und Dachterrassen als Bürgerwissenschaft steckt nämlich noch in den Kinderschuhen, im Vergleich zur Vogelzählung im Sommer oder Winter. Mit 18.300 Teilnehmenden beim Start 2018 hatten sich zwar schon eine Menge Leute auf Wiesen und an Teichen für den NABU auf Insekten-Suche begeben.
Verglichen mit den ebenfalls einstündigen Vogelzählungen und 120.000 Teilnehmern bei der "Stunde der Sommervögel" sind das natürlich noch Peanuts. Nicht schlimm, sagt man beim Umweltverband. "Wir sammeln Daten für die Zukunft", erklärt NABU-Referentin Laura Breitkreuz."
Aus den bisherigen Daten der Zählungen 2018 und 2019 lassen sich weder wissenschaftliche Aussagen treffen, noch klare Trends zu Insektenvorkommen ablesen. Trotzdem zählt für die Zählung jedes Insekt, das man sieht. Selbst wenn man es nur als "bunter Schmetterling" meldet, weil man den Namen des fragilen Falters einfach nicht kennt. "Es gilt einfach die höchste Anzahl von Insekten an einer Stelle, die man meldet, ungeachtet der verschiedenen Arten", erklärt Laura Breitkreuz.
Warum sollen wir bitte Falter, Fliegen und Käfer zählen?
Wobei man beim NABU auf zwei Effekte hofft: den kurzfristigen "Corona-Effekt" und den langfristigen Lerneffekt. Also zum einen, dass sich wegen Corona mehr Menschen mit der Natur direkt vor ihrer Nase befassen. Und zum anderen, dass der Blick der Menschen für die faszinierende Welt der Insekten geschult wird, damit geht dann auch das Lernen einher. Funktioniert ja auch bei den Vogelzählungen, weiß man inzwischen beim NABU. Erstzähler melden weniger Vögel, nach dem 10. Jahr der Zählung sind Blick oder Ohr geschärft. Dann unterscheidet man locker zwischen der scheuen Drossel und der frechen Amsel, oder den Zilpzalp vom Spatz.
Am äußersten Zipfel des Lebensnetzes ist es einsam und gefährlich
Aber was ist so faszinierend an den krabbelnden, hüpfenden oder flatternden Winzlingen in Gärten und Parks? Die Welt der Insekten zeigt den Kreislauf des Lebens, sagt Dr. Mark Benecke, was er als Lebensnetzwerk beschreibt, in dem alles miteinander verbunden ist und in dem alles wiederverwertet wird, "Leichen-Recycling" nennt der Biologe das und verweist darauf, wie alles in der Natur miteinander verzahnt und verkettet ist.
Fällt an einer Stelle des Lebensnetzwerks ein Knoten weg, ist das Netz an sich stabil genug. Nur die Arten an der Spitze der Nahrungsketten werden im Falle eines Massensterbens weggehämmert wie bei den letzten fünf großen Massensterben.
In die Zukunft schauend sagt Benecke: "Beim sechsten Massensterben steht der Mensch an der Spitze, und der hat beim Ausfall einzelner Knoten im Lebensnetzwerk keinen Zugriff auf die Stationen darunter." Ein düsteres Szenario, das der Biologe, von Berufs wegen Kriminalforensiker, malt. Brauchen wir alle Ressourcen und Lebensräume der Erde auf, für den Anbau von Nahrung, versiegeln Flächen in Städten, holzen Wälder ab, dann sind die Tage der Menschheit gezählt, sagt er.
Gucken, zählen, melden: Bloß wie?
Wir sollten uns also dringend für das Lebensnetzwerk unterhalb unseres Blickfelds interessieren. Und könnten schon mal damit anfangen, indem wir einmal im Früh- und einmal im Spätsommer den Insekten auf den Pelz rücken. Mit Lupe oder ohne, eine Stunde Zeit, Papier und Stift oder App: Das ist alles, was man braucht. Notiert wird immer die höchste Zahl einer Insektenart, die man findet. Also wenn man einmal am Lavendelstrauch 21 Bienen gezählt hat, zum Beispiel am Anfang der Zählstunde, werden die notiert, und nicht die 12, die man vielleicht gegen Ende Zählstunde sichtet.
Auch wo man zählt, ist offen: Park, Garten, Balkon, Wiese, Wald, an einem Teich, auf dem Friedhof - egal wo, bei Sonnenschein sind Insekten unterwegs. Aber auch bei Nacht herrscht reges Insektentreiben, mit Glück lassen sich auch Glühwürmchen sichten, und andere Falter, sagt Biologe Benecke, unter Laternen und Lampen lässt sich das beobachten. Wobei das ein zweischneidiges Schwert ist mit den nächtlichen Lichtquellen: Insekten steuern die automatisch an, statt das zu tun, was sie nachts sonst so treiben.
Hier also die Herausforderung: Egal wann, egal wo, eine Stunde lang einfach alle Insekten notieren, die man sieht und dann an den NABU schicken.
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