Attributionsforschung Klimawandel als Auslöser für Hitzewellen belegt
Hauptinhalt
27. Juli 2022, 10:17 Uhr
Gerade hat Deutschland wieder eine Hitzewelle hinter sich. Ob der Klimawandel diese Extremereignisse verursacht, konnte lange nur vermutet werden, wurde jetzt aber bestätigt – dank der Attributionsforschung.
Ein neuer Rekordwert von 40,1 Grad im thüringischen Rudolstadt, genau 40 Grad in Huy-Pabstdorf in Sachsen-Anhalt und auch in Sachsen Temperaturen von knapp unter 40 Grad – der Juli 2022 hat auch in Mitteldeutschland neue Maßstäbe bei der Hitze gesetzt. Seit Längerem ist auch klar, dass solche Wellen extremer Wärme in Zukunft gehäuft vorkommen werden. Als Grund dafür wird der Klimawandel ausgemacht, wobei eine klare Kausalität lange nicht einfach zu belegen war. Mit der Attributionsforschung hat sich ein eigener Wissenschaftszweig herausgebildet, der sich mit der Zuordnung von extremen Wetterereignissen wie Dürren, Kälteeinbrüchen, Starkregenfällen und Hitzewellen zum Klimawandel beschäftigt. Für Letzteres ist dies mittlerweile klar belegt.
Lange Hitzewelle wie 2003 richtig gefährlich
"Der Klimawandel ist ein absoluter Game Changer: Das, was früher seltene Ereignisse waren, sind jetzt gewöhnliche Sommer. Das, was ohne Klimawandel unmöglich gewesen wäre, sind jetzt die neuen Extremereignisse", sagt etwa Prof. Friederike Otto, Deutschlands wohl bekannteste Attributionsforscherin, die an der Universität Oxford arbeitet. Dabei liege es in unserer Hand, ob diese Extreme zur Normalität werden und hänge davon ab, bei welcher globalen Mitteltemperatur wir Netto-Null-Emissionen erreichen.
"Solange die Treibhausgas-Emissionen nicht auf null sind, werden sich Hitzewellen in Zukunft immer weiter verstärken und immer häufiger vorkommen", betont auch Dr. Jakob Zscheischler vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Sein Kollege Dr. Karsten Haustein (Institut für Meteorologie der Universität Leipzig) fügt hinzu, dass lange Hitzewellen wie im Jahr 2003 richtig gefährlich seien: "Sollte sich eine solche Wetterlage wiederholen – mit Temperaturen, die etwa ein Grad höher liegen würden als noch vor 20 Jahren – wären die gesundheitlichen Risiken immens. Daher braucht es frühzeitige Anpassung."
Gefahr für Waldbrände steigt in Ostdeutschland
Weniger klar ist die Zuordnung dagegen bei anderen Extremereignissen wie Dürren und damit verbunden auch Waldbränden. Denn Trockenheit sei ein komplexes Phänomen, das unter anderem vom Niederschlag und der Verdunstung beeinflusst werde, erläutert Jakob Zscheischler. Wie groß der menschliche Einfluss darauf ist, sei noch nicht vollständig geklärt: "Für Europa zeigen Klimaprojektionen, dass mittlere Sommerniederschläge in Südeuropa abnehmen und in Nordeuropa eher zunehmen werden – jedoch sind die Modelle teils unsicher." Für Karsten Haustein ist dennoch klar, dass das Risiko von Dürreperioden drastisch zunehmen werde, besonders in den sowieso schon trockeneren Gebieten.
Zumindest zwischen der Zunahme von Hitzewellen und Waldbränden lässt sich durch die Attributionsforschung ein deutlicher Zusammenhang herstellen. "Feuerwetter besteht im Wesentlichen aus hohen Temperaturen, wenig Niederschlag und Wind", erklärt Friederike Otto. "Auch wenn Änderungen in den beiden letzten Komponenten oft gering sind, ist die Waldbrandgefahr allein durch den dramatischen Anstieg extremer Hitze deutlich gestiegen, und zwar fast überall. Im Mittelmeerraum besonders stark, da dort eine Abnahme des Niederschlags hinzukommt." Auch für Ostdeutschland steige laut Karsten Haustein das Waldbrandrisiko deutlich, da dort die Sommer immer regenärmer werden. "Kommt dann noch Wind dazu – was im Sommer bei trockenen Wetterlagen sehr häufig ist –, wird es kritisch", so der Experte.
cdi