CO2-Speicher und Klimawandel Bäume: Wer schneller wächst, ist früher tot
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15. September 2020, 11:12 Uhr
Wenn wir sehr viel essen, werden wir wahrscheinlich dick. Wenn Bäume viel zu sich nehmen, wachsen sie schneller. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Bäume, die schneller wachsen, auch schneller sterben. Warum das eine schlechte Nachricht für den Klimawandel sein könnte.
"Iss ordentlich, damit du groß und stark wirst". Diese goldene Regel aller Großmütter mag nicht bei jedem von uns funktioniert haben. Bei Bäumen scheint sie zuzutreffen. Sie wachsen schneller, wenn sie ausreichend Nährstoffe erhalten. Doch dafür zahlen sie einen hohen Preis, erklärt Emanuel Gloor, Professor für Earth and Environment an der Universität Leeds. Er fasst es so zusammen:
Was wir zeigen, ist, wenn Bäume schnell wachsen, dann werden sie auch früher sterben.
Und das sei ein globales Prinzip, zeigt eine internationale Studie, an der auch Gloor mitgearbeitet hat. Für diese Erkenntnis haben die Autoren die Jahresringe von mehr als 110 verschiedenen Baumarten aus über 70.000 Standorten ausgewertet. Denn die Anzahl und Breite der Ringe im Stamm zeigt an, wie alt der Baum ist und um wie viel er in einem Jahr gewachsen ist. Die Analyse zeigte nun, dass Bäume, die schnell gewachsen sind, eine verkürzte Lebensspanne von bis zu 23 Jahren haben.
Man könnte auch sagen, 'party hard, die young'.
Baumwachstum ist eine komplexe Angelegenhiet
Ganz so einfach ist es nicht, sagt der österreichische Botaniker Christian Körner, emeritierter Professor an der Universität Basel, in seiner Einschätzung der Veröffentlichung. Denn die Voraussetzungen für schnelles Wachstum bei Bäumen sind sehr komplex.
Es braucht immer mindestens zwanzig andere chemische Elemente - ich nenne ein paar Beispiele: Phosphor, Kalium, Magnesium, Mangan.(…) Alle Pflanzen in der Natur kämpfen seit Urzeiten um diese raren chemischen Elemente in der Bodenlösung.
Einige Forscher bringen auch immer wieder die Rolle von Kohlenstoffdioxid für das Wachstum ins Spiel. Welche Rolle das Klimagas aber tatsächlich spielt, ist umstritten. Fest steht aber laut Studien-Autor Emanuel Gloor, dass regional ein stärkeres Wachstum bei Bäumen zu beobachten ist - zum Beispiel im Amazonasgebiet:
Und diese Daten zeigen, dass tatsächlich irgendein Stimulus existiert, der die Bäume zum schnelleren Wachstum angetrieben hat über die letzten 30, 40, 50 Jahre.
Was bedeutet das für aktuelle Klimaszenarien?
Mit dem Wissen über das schnelle Wachstum und das frühe Sterben lasse sich außerdem eine Aussage über CO2-Emissionen treffen. Denn aktuelle Klimamodelle gehen davon aus, dass gerade durch schnell wachsende Bäume mehr Kohlenstoffdioxid gebunden werden wird. Das sei falsch, sagt Erdforscher Emanuel Gloor.
Unsere Studie zeigt, dass diese Berechnungen nicht korrekt sind. Dass die zu optimistisch sind, weil zwar so ein Stimulus existiert, aber dieser Stimulus eben dazu führt, dass die Bäume früher sterben. Und deshalb werden nach ein, zwei Generationen diese Wälder nicht mehr Kohlenstoff aufgenommen haben, als sie im Moment speichern.
Anders gesagt: Der Effekt, dass schnell wachsende Bäume mehr CO2 binden, wird sich neutralisieren, wenn die Bäume wieder sterben. Denn durch die Zersetzung wandeln sich die Kohlenstoffverbindungen wieder in CO2. Für Gloor zeigt das, dass sich der Klimawandel nicht alleine durch das Pflanzen von Bäumen aufhalten lässt. Am Ende helfe nur, Emissionen einzusparen.
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