Waldrodungen Satellitenbilder zeigen: Wälder in Europa werden stärker abgeholzt
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01. Juli 2020, 17:03 Uhr
Wenn es um Waldrodungen geht, blicken wir häufig nach Brasilien oder Borneo. Seit Jahren muss der Regenwald dort wirtschaftlichen Interessen weichen. Auf den gerodeten Flächen werden Palmöl und Soja angebaut. Kunden sind auch Unternehmen der Europäischen Union. Die EU selbst setzt auf den Schutz des Waldes. Er ist zentraler Bestandteil des European Green Deal, der die EU bis 2050 in die Klimaneutralität führen soll. Doch
eine neue Studie lässt nun Zweifel aufkommen.
Italienische Forscher warnen im Wissenschaftsmagazin Nature vor steigender Abholzung in Europa. Dafür wertete das Team hochauflösende Satellitenbilder der Jahre 2004 bis 2018 aus, um Veränderungen in Walderntegebieten zu untersuchen. Diese Daten glich das Team anschließend mit den jeweiligen Umweltbedingungen ab und versuchte so, Schäden durch Feuer oder Sturm auszuschließen.
Ab 2016 steigt die Abholzung
Das Ergebnis: Bis 2015 blieb die Größe abgeholzter Flächen konstant, bevor sie in den Jahren zwischen 2016 und 2018 fast um die Hälfte (49 Prozent) zugenommen habe. Auch die geerntete Biomasse stieg um 69 Prozent. In der Folge könnte dies Auswirkungen auf den Klimaschutz haben. Betroffen seien insbesondere Skandinavien, das Baltikum und die Iberische Halbinsel. Ausnahmen sind Deutschland, Belgien, die Niederlande und Dänemark.
Dabei kam eine finnische Studie im Jahr 2018 noch zu einem Ergebnis, das Hoffnung für die europäischen Wälder machte. Wissenschaftler der Universität Helsinki entdeckten einen Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Waldfläche. Sie kamen zu dem Schluss: Eine gute Wirtschaft lässt die Waldflächen wachsen.
Begünstigt Bioenergie die Abholzung?
In der aktuellen Studie zur Abholzung in Europa zeichnet sich laut den Autoren um Guido Ceccherini nun jedoch ein anderes Bild. Der Wald schwindet – insbesondere in den wohlhabenderen, skandinavischen Ländern. Zurückzuführen sei dies auf internationalen Handel und die Bioenergie. Besonders Regionen, die durch Forstwirtschaft geprägt sind, also beispielsweise auf Bioenergie setzen, sind betroffen.
Für Professorin Christine Fürst von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg belegt das den Kollateralschaden, der aus der aktuellen Klimapolitik entsteht: „Die Studie zeigt erstmals die sehr dramatischen Verluste an Waldfläche und Biomasse, die sich durch den Wunsch, stärker auf Bioenergie zu setzen, ergeben.“ Durch den höheren Bedarf an Holz und die Globalisierung des Marktes steige auch die Holzernte.
Trotzdem berücksichtigt die Studie laut Christopher Reyer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung nicht alle wichtigen Einflussfaktoren: „Gerade Borkenkäfer und andere Insekten haben aber auch in den letzten Jahren verstärkt Schäden angerichtet“. Diese, sowie Folgeschäden und Umwelteinflüsse auf kleineren Flächen würden nicht ausreichend analysiert.
Wälder wichtig für das Klimaziel der EU
Dabei sind die Wälder durch Trockenheit, Borkenkäfer und Unwetter wie die Orkantiefs Sabine oder Friederike gebeutelt. Ein Problem auch für die Klimapolitik der EU, die im Green Deal und zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens besonders auf die Gesundheit der Wälder setzt.
Derzeit ist die EU zu 38 Prozent von Wäldern bedeckt. Diese gleichen zehn Prozent der Emissionen aus. Denn in den Baumkronen und der Biomasse der Wälder wird Kohlenstoff gespeichert, der dann nicht in die Atmosphäre gelangt. Gleichzeitig lassen sich 12 Prozent aller Treibhausgasemissionen auf Entwaldung zurückführen.
Die aktuelle Studie könnte deswegen ein Warnschuss sein. „Die Ergebnisse sind besorgniserregend und weisen darauf hin, dass eher mit einer deutlichen Verschlechterung der CO2-Bilanz gerechnet werden muss, falls der Trend einer stark intensivierten Holzernte fortgesetzt wird“, erklärt MLU-Professorin Fürst. Dennoch könnten junge Waldbestände, die auf den abgeholzten Flächen entstehen, in Zukunft zur positiven Kohlenstoffbilanz beitragen.
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