DAS MDR KLIMA-UPDATE | FREITAG, 29. OKTOBER 2021 Was wir vom Weltklimagipfel erwarten können
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29. Oktober 2021, 11:00 Uhr
Das MDR Klima-Update: Was auf der Klimakonferenz COP26 ab Sonntag wichtig wird und wie die Erfolgsaussichten des UN-Gipfels aussehen. Außerdem: Was können wir tun, damit weniger Lebensmittel auf dem Müll landen?
Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,
ab diesem Wochenende richten sich alle Augen auf Glasgow, denn dort findet vom 31. Oktober bis 12. November 2021 die Weltklimakonferenz statt. Die Erwartungen sind hoch, immerhin musste der UN-Gipfel aufgrund der Pandemie im vergangenen Jahr ausfallen. Dabei drängt die Zeit für neue Beschlüsse. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen, die am Montag von der Weltwetterorganisation "World Meteorological Organization" (WMO) veröffentlicht wurden.
Drei wichtige Treibhausgase, die stark zur Aufheizung unseres Planeten beitragen, haben im vergangenen Jahr Rekordwerte erreicht. Die Rede ist von CO2, Methan und Lachgas. Der Zuwachs sei laut WMO 2020 überdurchschnittlich hoch gewesen und das, obwohl der CO2-Ausstoß durch die Corona-Pandemie etwas geringer war als im Jahr zuvor.
Diese Zahlen werden auch die Teilnehmer des Klimagipfels beschäftigen. Was in Glasgow sonst noch wichtig wird und mit welchen Ergebnissen wir rechnen können, erfahren Sie heute im Klima-Update. Zuvor möchte ich aber noch dieses Video mit Ihnen teilen. Darin geht es um die Bedeutung des Elements Erde für das Klima und die Umwelt. Denn gerade die Böden unserer Wälder drohen durch zunehmende Hitze auszutrocknen. Das erschwert nicht nur das Leben für die Tiere in der Erde, sondern auch für Vögel, denen dann die Nahrungsgrundlage fehlt.
26. COP: Das müssen Sie wissen
Die "Conference of the Parties", kurz COP, ist die Konferenz der Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention. Neben den Diplomaten der 197 Mitgliedsstaaten kommen dort auch Lobbyisten und Journalisten zusammen. Im Allgemeinen wird es darum gehen, was ab jetzt getan werden muss, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Derzeit emittieren wir nämlich noch immer doppelt so viel, wie wir eigentlich sollten, um das 1,5-Grad-Ziel aus dem Jahr 2015 zu erreichen und den globalen Temperaturanstieg zu begrenzen. Deshalb ist der kommende Weltklimagipfel besonders wichtig. Manche bezeichnen ihn sogar als die letzte Chance, bevor die Pariser Ziele unerreichbar werden.
Das sind die konkreten Ziele:
- Die Länder werden aufgefordert, konkrete Ziele für die Emissionsreduktion bis 2030 vorzulegen. Langfristig geht es auch um die sogenannte "Netto-Null" der CO2-Emissionen, die bis 2050 erreicht werden soll. Wichtige Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang die Beschleunigung des Kohleausstiegs, höhere Investitionen in erneuerbare Energien und der Umstieg auf Elektrofahrzeuge.
- Das Klima ändert sich bereits und wird es auch weiterhin tun. Deshalb müssen die vom Klimawandel direkt betroffenen Länder dabei unterstützt werden, ihre Ökosysteme zu schützen. Es sollen Frühwarnsysteme sowie widerstandsfähige Infrastrukturen und Landwirtschaften entstehen, damit der Verlust von Häusern und Lebensgrundlagen verhindert werden kann.
- Einer der größten Knackpunkte auf der Konferenz wird das Thema Finanzierung sein. Um die ersten beiden Ziele zu erreichen, müssen die Industrieländer ihr Versprechen einlösen, jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung des Klimaschutzes bereitzustellen. Auch die internationalen Finanzinstitutionen sollen ihren Beitrag leisten.
- Und ganz wichtig: Die Klimakrise lässt sich nur gemeinsam angehen. Daher sollen das Pariser Regelwerk fertiggestellt und die Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise beschleunigt werden – durch die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft.
Ungleiche Chancen für die Teilnahme am Klimagipfel?
Die Kritik ist allseits bekannt: Die Länder, die nicht die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel sind, sind am stärksten von ihm betroffen. Dazu kommt: Sie können sich das Handeln dagegen nicht ohne Weiteres finanziell leisten. Umso wichtiger ist ihre Teilnahme am Klimagipfel. Doch inmitten der Pandemie tut sich auf einmal ein ganz anderes Problem auf. Die globale Impflücke, die momentan auf der Welt herrscht, erschwere einigen Ländern die Teilnahme, so Carl-Friedrich Schleussner vom Forschungs- und Politikberatungsinstitut Climate Analytic.
Einige Vertreter der Länder aus dem globalen Süden befürchteten im Vorfeld eine wochenlange Quarantäne. Diese sei laut Schleussner zwar vom Tisch, doch auch eingeschränkter Flugverkehr und individuelle Regelungen innerhalb der Länder spielten eine Rolle.
Wie blicken Experten auf die COP26?
Es sei ein gutes Zeichen, dass immer mehr Länder wie China, Russland oder Saudi-Arabien mitziehen und klimaneutral werden wollen, erklärt Niklas Höhne, Leiter und Geschäftsführer des New Climate Institutes in Köln. Trotzdem habe kein einziges dieser Länder bisher kurzfristige Maßnahmen umgesetzt, um sich wirklich in Richtung Netto-Null beim Treibhausgas-Ausstoß zu bewegen. Auch die neu eingereichten Ziele bis 2030 würden in ihrer jetzigen Form nicht ausreichen, so Höhne.
Reimund Schwarze vom UFZ erhofft sich "einen Ausgleich mit den Entwicklungsländern und deren Anliegen". Die Versprechen und die Gesamtlage seien so gut wie nie. Ein großer Erfolg wäre es, wenn die Teilnehmerländer sich auf gemeinsame Regeln einigen und Entscheidungen nicht immer vertagt würden.
Auch in der aktuellen Folge von Kemferts-Klima-Podcast ist die COP26 Thema. Redakteurin Theresa Liebig spricht darin mit Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin über die Chancen, aber auch die Möglichkeit eines Scheiterns der Konferenz. "Es wird auch dieses Mal ein schwieriger Aushandlungsprozess", sagt Kemfert. Man müsse schneller und ambitionierter werden, um die Ziele einhalten zu können, aber diese allein würden noch keinen Klimaschutz machen. Es komme auf die Umsetzung an und an dieser mangele es bisher.
Das Problem: Wenn die Länder ihre Ziele nicht erreichen, drohen keine Sanktionen. Das wäre allerdings auch nicht der richtige Weg, so Kemfert. Sinnvoller seien stattdessen gemeinsame Anreize, um fossile Subventionen abzubauen oder einen CO2-Preis einzuführen, um die Emissionen weiter zu verringern.
Geplante Proteste am Rande der COP26
Neben den politischen Gästen wird es wie zu jedem Weltklimagipfel auch zahlreiche Klimaschützer in die schottische Hafenstadt ziehen. Bereits ab Freitag sind Veranstaltungen, Blockaden und Gegendemonstrationen geplant. Fridays for Future Schottland will das Wochenende in der Mitte des Gipfels für Aktionen nutzen. Unter anderem soll es eine Großdemonstration geben, an der auch Greta Thunberg teilnehmen will. Die Protestler kritisieren unter anderem den COP-Prozess und die schleppende Umsetzung der Maßnahmen.
Live-Ticker zum Weltklimagipfel
Ab Sonntag berichten die Kollegen von MDR Aktuell live aus Glasgow über die COP26. Den Ticker dazu finden Sie dann hier.
Was bedeutet die COP26 für Mitteldeutschland?
Dieser Frage sind wir in der letzten Ausgabe unseres Klima-Updates schon kurz nachgegangen, doch ich möchte sie an dieser Stelle noch einmal aufgreifen. Denn auch auf uns werden die Beschlüsse der Weltklimakonferenz Auswirkungen haben. Passend zum ersten Ziel schreitet in Mitteldeutschland der Kohleausstieg voran. Anfang Dezember geht beispielsweise das Kraftwerk Deuben vom Netz und weitere werden bis 2038 folgen. Auf Bundesebene diskutieren SPD, Grüne und die FDP sogar derzeit, ob der Kohleausstieg statt 2038 bereits acht Jahre früher angepeilt werden könne. Dann müssten auch bei uns die Pläne noch einmal angepasst werden.
Auch die Forschung richtet sich auf die Zukunft ein. Neben elektrobetriebenen Fahrzeugen stehen in der mitteldeutschen Forschung innovative Technologien mit grünem Wasserstoff hoch im Kurs. In Bad Lauchstädt wird dafür in den nächsten Jahren sogar ein Energiepark aufgebaut – mithilfe eines Windparks soll hier grüner Wasserstoff gewonnen werden.
Drei Viertel fordern mehr Einsatz gegen den Klimawandel
Die anstehende Klimakonferenz in Glasgow beschäftigt auch die Menschen in Mitteldeutschland. Mehr als 23.000 Personen haben bei einer Befragung von MDRfragt mitgemacht und die Mehrheit war sich einig: In Sachen Klimawandel muss mehr getan werden als bislang. Immerhin sehen über zwei Drittel den Klimawandel als große Bedrohung an. 59 Prozent der Befragten sprechen sich deshalb sogar für Verbote aus. Vor allem Plastik, Fliegen und Flächenversiegelung sollten ihrer Ansicht nach teurer werden. Nur beim Thema Kohleausstieg gehen die Meinungen auseinander. Die meisten (28 Prozent) sind für den Kohleausstieg vor 2038, dem bisher geplanten Termin. Jeweils ein knappes Viertel ist für den Ausstieg bis 2038 (24 Prozent) bzw. generell gegen den Kohleausstieg (23 Prozent).
Wetterextreme: Schäden können sich gegenseitig verstärken
Extreme Wetterereignisse wie Hochwasser können sehr hohe Kosten verursachen. Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung haben herausgefunden, dass sich die Schäden nicht nur summieren, sondern gegenseitig noch verstärken können. Mit Computersimulationen errechneten sie, dass Wetterextreme Schockwellen entlang unserer Lieferketten aussenden, die sich überlagern und einander verstärken: eine sogenannte Schockverstärkung. Am Ende ist dann die gesamte Schadenssumme höher, als die der einzelnen Ereignisse zusammenaddiert - laut der Studie um rund 20 Prozent.
Lebensmittel im Müll: Diese Apps wollen gegensteuern
CO2-Emissionen vermeiden und damit auch noch Geld sparen? Möglich ist das durch einen verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln. Denn in Deutschland landen jedes Jahr gut 12 Millionen Tonnen davon im Müll – und das, obwohl sie oft noch genießbar sind. Mehr als die Hälfte davon stammt aus privaten Haushalten, denn viele Menschen werfen Lebensmittel weg, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Food-Waste-Apps wollen das jetzt ändern.
Suppen, Zucchini und Äpfel würden besonders oft weggeworfen werden, erzählt Gerald Perschke von MDR Wissen. Und ganz oben auf der Liste stünden Brot und Brötchen. Die Resteretter-App, ein Projekt von Studierenden der Uni Leipzig und dem MDR, möchte dem etwas entgegensetzen. Durch das Eintragen von Lebensmitteln, die man selbst wegwirft, wird man sich dem eigenen Verhalten bewusst und reduziert dadurch fast automatisch seine Lebensmittelabfälle. Zusätzlich gibt es Rezepte für das perfekte Resteessen.
Die Lebensmittel App "Too good to Go" funktioniert dagegen anders. Hier bieten Händler zum Feierabend die Waren, die sie nicht mehr verkauft haben, zu einem kleinen Festpreis an. Bezahlt wird im Voraus online, doch was man genau bekommt, weiß man erst, wenn man seine "Bestellung" abholt. Neben Bäckern und Restaurants nutzen auch Discounter die App, um zu verhindern, dass ihre Lebensmittel im Müll landen. In Supermärkten sind das vor allem Produkte, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder deren Verpackung beschädigt wurde.
Zehn Prozent des jährlichen CO2-Ausstoßes sollen auf die Verschwendung von Lebensmitteln zurückzuführen zu sein. Trotzdem gibt es kaum aktuelle Studien zum Thema und auch die Vergleichszahlen fehlen. Die Politik habe Lebensmittelverschwendung zu spät als Thema begriffen, meint Gerald Perschke.
Zum Schluss
Weitere Möglichkeiten, wie sie im Alltag umweltbewusster Leben können, zeigt Bloggerin Marisa Becker im unten stehenden Video. Spoiler: Es sind die kleinen Dinge wie feste Seife, Stoffwindeln oder Natron als Scheuermilchersatz, die bereits einen Unterschied machen.
Nächste Woche schreibt Ihnen dann mein Kollege Florian Zinner und begibt sich auf eine Spurensuche in Mission Umwelt. Seien Sie gespannt!
Beste Grüße
Sarah-Maria Köpf