Das MDR Klima-Update | Freitag, 24. September 2021 Haben Sie Angst vor der Klimakrise?
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24. September 2021, 11:00 Uhr
Viele junge Heranwachsende haben Angst vor den Folgen des Klimawandels, zeigt eine aktuelle internationale Studie. Diese Angst reicht bis in den Alltag hinein, doch kann sie vielleicht sogar ein nützliches Instrument sein? Und: wie können wir uns an den Klimawandel anpassen?
Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,
Veränderungen liegen in der Luft. Am Sonntag findet die nächste Bundestagswahl statt und die Frau, die in meinem gesamten Erwachsenenleben Deutschland als Kanzlerin regiert hat, geht von der Bühne.
Diese Wahl wird von vielen als Klimawahl bezeichnet, weil uns nur noch wenige Jahre bleiben, einen Pfad einzuschlagen, der eine Begrenzung der Erderwärmung um 1,5 Grad möglich macht. Genauer gesagt sind es noch sieben Jahre, neun Monate und knapp 29 Tage, bis wir das 1,5 Grad-Budget überschritten haben. Diese Zahl habe ich von der CO2-Uhr vom Mercator Forschungsinstitut für Klimawandel und globale Gemeingüter abgelesen. Die Zeit ist knapp und die Klimakrise schreitet voran.
Das sind die Themen der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters: Welche Rolle spielt Angst beim Umgang mit der Klimakrise? Wie können oder müssen wir uns an die Folgen des Klimawandels anpassen? Und welche guten Nachrichten gab es diese Woche beim Klimaschutz?
Reden wir zuallererst über Gefühle: Wie stehen Sie Veränderungen gegenüber? Freuen Sie sich auf den Wandel oder machen Sie sich Sorgen? Schreiben Sie uns gerne Ihre Meinung. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sich besonders viele junge Menschen vor den Veränderungen fürchten, die mit der Klimakrise einhergehen. Das Meinungsinstitut Kantar hat für eine internationale Studie 1000 junge Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren in Deutschland befragt: Zwei Drittel der befragten Heranwachsenden haben wegen des Klimawandels Angst vor der Zukunft. Über 80% sagen, dass wir Menschen nicht gut genug auf den Planeten aufgepasst hätten. Die jungen Menschen werden die Folgen des Klimawandels deutlich stärker ausbaden müssen als ältere Generationen: Bis zu 2,7 Grad Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts sieht unser jetziger, weltweiter Pfad vor: das haben diese Woche die Vereinten Nationen ausgerechnet. Die Angst der jungen Menschen ist also legitim. Ist sie aber auch ein Grund für Panik? Nicht unbedingt, sagen die Psychologists for Future. Angst kann lähmen, sie kann aber auch Ansporn sein für Engagement:
Gefühle sind Bedürfnisanzeiger. Sie sagen uns, was wir gerade brauchen oder was gerade schiefläuft, und geben uns dann die Handlungsenergie, etwas zu tun, um dieses Bedürfnis zu erfüllen.
Was diese Angst konkret bedeutet und wie wir mit ihr umgehen können, haben wir hier aufgeschrieben:
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Auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion MDRfragt führen gerade eine Umfrage durch: Sie wollen wissen, ob Sie sich aktuell vom Klimawandel bedroht fühlen oder nicht. Nehmen Sie doch gerne daran teil, wenn Sie mögen.
Wie können wir uns anpassen?
Ich kann die Angst der Heranwachsenden gut nachvollziehen und ich spüre sie selbst manchmal – wenn ich an die Größe der Herausforderungen, die Wucht der Folgen und die fehlende Zeit denke. Egal wo wir landen, es wird vor allem eines bedeuten: Die Extreme werden zunehmen, der jüngste Bericht des Weltklimarates formuliert es in sehr sachlicher Sprache sehr drastisch:
„There will be an increasing occurrence of some extreme events unprecedented in the observational record with additional global warming, even at 1.5°C of global warming.“
Das übersetze ich mit: Es wird mehr Extremereignisse geben und es wird Extreme geben, die bisher in der Geschichte der Klima- und Wetterbeobachtung noch nicht gemessen wurden, selbst bei 1,5 Grad Erderwärmung. Hitzewellen, Dürreperioden, Starkregen, Überschwemmungen: Das Kaleidoskop von Klimakatastrophen haben wir in den letzten Monaten in den Nachrichten verfolgen und in Teilen Deutschlands auch am eigenen Leib erfahren können. Sogar viele Klimaforscherinnen und Forscher sind überrascht von der Intensität der Wetterkapriolen:
Es hat sich in den letzten Jahren einfach verdichtet, dass Extremereignisse, die wir eigentlich erst für die Mitte des Jahrhunderts erwartet haben, durchaus auch heute schon auftreten können: Buschbrände in Australien, die riesige Flächen vernichtet haben. 2011 eine Hitzewelle um Moskau herum, die wir nicht erwartet hatten. Und in Deutschland hatten wir ein Dürreereignis, das 2018 eingesetzt hat und zumindest in Sachsen-Anhalt und Brandenburg den vierten Sommer in Folge andauert.
Wie können, wie müssen wir uns auch in Deutschland an diese Extreme anpassen? Was muss sich in der urbanen Infrastruktur ändern, wenn etwa die Hitzetage deutlich zunehmen? Wie können Landwirtinnen und Landwirte mit zunehmender Trockenheit umgehen? Diesen Fragen sind meine Kollegin Angela Fischer und ich im Podcast "Meine Challenge – Leben mit der Klimakrise" nachgegangen, den ich Ihnen – nicht ganz uneigennützig – gerne ans Herz legen möchte. Denn das ist eine meiner Strategien gegen die Angst: sie durch Berichterstattung und "Konfrontation" abzumildern. Manchmal gelingt mir das ganz gut.
Gute Nachrichten gegen die Angst
Zwei Ratschläge der Psychologists for Future gegen die Angst möchte ich gerne hier mit Ihnen teilen. Erstens: bewusst auch mal gute Nachrichten zum Thema konsumieren.
Dazu zuerst zwei Kurzmeldungen aus der Weltpolitik: China hat diese Woche angekündigt, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland zu finanzieren. Bislang war die Volksrepublik weltweit größter Financier von schmutziger Kohlekraft. Die Ankündigung wird daher als wichtiges Signal für die Energiewende gewertet. Und zweitens: Die Türkei wird nun auch endlich das Pariser Klimaabkommen ratifizieren und sich an den weltweiten Klimaschutzbemühungen beteiligen. Das sind doch mal gute Nachrichten, oder?
Auch aus unserer Region habe ich gute Nachrichten für Sie, die allerdings erst einmal mit einer schlechten Botschaft anfangen: Gewaltige Mengen an Essen landen Jahr für Jahr im Müll und die dafür verwendeten Ressourcen verpuffen wirkungslos. Was könnten wir an Landfläche, Wasser und Co. sparen, wenn wir einfach weniger Essen wegschmeißen würden? Ein Forschungsprojekt untersucht gerade, wie die Solidarische Landwirtschaft dabei helfen kann, Essen vor dem Abfall zu retten. Die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) ist ein System, das eine direkte Verbindung zwischen Landwirtinnen und Konsumenten schafft. Ganz einfach gesagt: Sie zahlen monatlich einen Festbetrag und kriegen Woche für Woche das, was gerade auf dem Acker wächst – angepflanzt ohne Pflanzenschutzmittel und künstlichen Dünger. Dieses landwirtschaftliche System fördert die Artenvielfalt, die Bodenfruchtbarkeit und kann sogar gegen Lebensmittelverschwendung helfen. Und: es gibt SoLaWis mittlerweile überall in Deutschland. Hier können Sie eine in Ihrer Nähe finden.
Meine nächste gute Nachricht führt in die Welt der Energiewende und ist ein gutes Beispiel der vielgepriesenen deutschen Ingenieurskunst: Forscherinnen und Forscher der TU Dresden haben einen neuartigen Energiespeicher gebaut. Solche Speicher sind ein wichtiger Baustein unserer Energiewende.
Und die letzte gute Nachricht für heute: Die Fernseh-Kollegen zeigen in einem kurzen Film und einem Interview, wie Landleben sozial und nachhaltig funktionieren kann.
Engagement gegen die Krise
Als zweites Instrument gegen die Angst schlagen die Psychologists for Future vor, sich für den gesellschaftlichen Wandel zu engagieren: Zum Beispiel bei der eigenen Ernährung, aber vor allem im gemeinschaftlichen Handeln:
Wenn man einen systemischen Wandel braucht, dann ist ja die Frage: Wo ist mein Andockpunkt an das System? Und das kann eben so etwas sein, wie im Berufskontext darüber zu sprechen. Wie kann ich dafür Sorge tragen, dass unser Unternehmen sich zur Klimaneutralität 2035 verpflichtet? Wie kann ich mit meinem Chef darüber reden? Oder in meinem Sportverein? Wir haben ja alle Anbindungen an Menschengruppen.
Dieses Bild finde ich mutmachend, denn es geht nicht gleich um den Gang in die hohe Politik, sondern es kann schon mit einem einfachen Gespräch zum Thema anfangen – in der Familie, im Job oder eben im Sportverein: Können Sie sich vorstellen, im Verein oder Beruf das Thema Klimaschutz voranzutreiben? Machen Sie es vielleicht sogar schon? Schreiben Sie uns gerne Ihre Erfahrungen!
Mein "Andockpunkt ans System" ist in erster Linie mein Beruf als Journalist und der Sender, für den ich die meiste Zeit arbeite, der MDR: Ich habe letzte Woche mit unserer Nachhaltigkeitsbeauftragten gesprochen, um zu erfahren: Was macht denn das Unternehmen eigentlich gegen den Klimawandel? Diese Frage hatte uns auch ein Leser des Newsletters bereits vor einigen Wochen gestellt. Der MDR hat noch kein Klimaziel wie etwa unsere Bundesregierung (Klimaneutralität bis 2045), will aber im Verbund mit allen Rundfunkanstalten der ARD Anfang nächsten Jahres ein solches Ziel vorlegen. Spät, wie ich finde, aber immerhin. Außerdem will der MDR bis 2023 alle seine Studios, Funkhäuser und Büros mit erneuerbaren Energien versorgen und arbeitet an einem Konzept zur nachhaltigen Produktion von Fernsehfilmen und Dokumentationen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Veränderung wird also kommen; aber muss das so schlimm sein? Mit diesen zwei Beispielen möchte ich Sie einladen zu sehen (und zu hören), dass eine andere Welt möglich sein kann.
Zum Schluss
Viele junge Menschen finden ihren Umgang mit dem Klimawandel im Engagement auf Demonstrationen und heute ist wieder so ein großer weltweiter "Klimastreik". Allein in Deutschland rufen die Fridays For Future zu Demos in 400 Städten auf. Gehen Sie heute auf die Demo?
Vielen Dank für Ihr Interesse und ein schönes Wochenende wünscht
Max Heeke
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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 20. September 2021 | 11:40 Uhr
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