Japanische Raumsonde auf dem Mond.
Japanische Raumsonde auf dem Mond. Bildrechte: IMAGO/Cover-Images

Raumfahrt Japans erfolgreiche Mondlandung – und das Ende der Slim-Mission?

30. Januar 2024, 17:00 Uhr

Seit über einer Woche befindet sich das japanische Slim-Projekt auf der Mondoberfläche. Zwar gelang die Landung, jedoch gab es Probleme mit dem Aufladen der Solarzellen. Was hat diese Mission bisher erreicht? Und kann Slim die kalte Mondnacht überdauern?

Porträtfoto von Patrick Klapetz
Bildrechte: privat

Am 20. Januar 2024 um 16:22 Uhr (MEZ) ist Japan als erst fünftes Land erfolgreich auf der Mondoberfläche gelandet. Dies mit einer bisher noch nie dagewesenen Lande-Genauigkeit von unter zehn Metern. Damit hatte die japanische Raumfahrtbehörde Jaxa eines ihrer Missionsziele erreicht: Eine Mondlandung von einer Genauigkeit von mehreren Kilometern – wie sie es noch in der Apollo-Ära war – auf unter 100 Meter zu reduzieren.

Trotz geglückter und sanfter Mondlandung erzeugten die Solarzellen der Landefähre Slim (Smart Lander for Investigating Moon) zunächst keinen Strom. Anstatt auf den Füßen zu landen, ist ihre Schnauze zum Boden ausgerichtet und die hinten liegenden Schubdüsen schauen nach oben.  

Eine Illustration der japanischen Mondmission Slim, die 2023 auf der Mondoberfläche landen soll.
Eine Illustration der japanischen Mondmission Slim – so sollte die Landefähre eigentlich auf dem Mond landen. Bildrechte: MDR, Jaxa

Probleme mit dem Antrieb – Glück mit der Kommunikation

Während des Landeanfluges verlor eines der beiden Triebwerke an Leistung, was die Schubkraft um die Hälfte reduzierte. Der Schubverlust ist letztendlich der Grund dafür, dass Slim nun auf dem Kopf steht.

Dafür funktionierte die Kommunikation mit Slim. Jedoch waren die Solarkollektoren laut dpa nach Westen ausgerichtet. Slim und seine Instrumente befanden sich somit im Batteriebetrieb. Um Strom zu sparen, wurden zuerst die Heizelemente in der Sonde abgeschaltet. Um 18:57 Uhr wurde schließlich das komplette Raumfahrzeug abgeschaltet. Mittlerweile hat die Jaxa den Betrieb des Raumfahrzeugs wieder aufgenommen.

Die erste Datenauswertung: Ausweichmanöver beim Landeanflug

Die Jaxa analysiert die bisher erfassten Daten und das Landemanöver. In einer Höhe von etwa 50 Metern musste Slim beim Landeanflug ein Ausweichmanöver tätigen, um einem Hindernis auszuweichen. Da die Satellitenaufnahmen der Mondoberfläche aus einee Höhe von fast 100 Kilometern oder mehr gemacht werden, können nicht alle Hindernisse – bei noch so vieler Planung – vorzeitig erkannt werden.

Die Landestelle lag damit 55 Meter weiter östlich vom ursprünglichen Ziellandeplatz. Die Behörde untersucht derzeit, wie es zu dem Triebwerkausfall kam. In den nächsten Tagen oder Wochen sollte dazu eine neue Pressemitteilung erscheinen.

Zwei Rover ebenfalls erfolgreich gelandet

Noch während des Landeanfluges hatte sich die Landefähre von ihren beiden kleinen Rover LEV-1 und LEV-2 (Spitzname Sora-Q) getrennt. Zu diesem Zeitpunkt war aufgrund der Probleme unklar, ob die Mondlandung für alle Komponenten gelingt. Die beiden Rover landeten erfolgreich, und einer von ihnen schoss später auch ein Foto von der Landefähre.

Japanische Raumsonde auf dem Mond.
Japanische Raumsonde auf dem Mond – aufgenommen von dem Sora-Q-Rover. Bildrechte: IMAGO/Cover-Images

Der größere der beiden Rover (LEV-1) kann wie ein Frosch hüpfen, während der kleinere Rover etwa so groß wie ein Baseball ist und sich nach dem Auseinanderziehen wie ein Transformator bewegen kann. Zudem hat sich die spektroskopischen Multiband-Kamera (MBC) mit einer weiteren Sonde vor dem Anflug der Mondoberfläche von der Landefähre gelöst und sicher gelandet.

Ohne internationale Kooperation gäbe es keine japanische Mondlandung

Bereits vor dem geplanten Manöver hatte die indische Raumfahrtbehörde Isro Daten der Mondoberfläche von ihrem Orbiter der Chandrayaan-2-Mission bereitgestellt. Am 24. Januar 2024 ist die Mondraumsonde LRO (Lunar Reconnaissance Orbiter) der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa in einer Höhe von 80 Kilometer über die Landestelle geflogen und hat das erste Beweisfoto aufgenommen.

Die Energieversorgung von Slim wurde bei einem Restakkustand von zwölf Prozent abgeschaltet. Zu diesem Zeitpunkt hoffte die Behörde, dass sie ihre Mission fortsetzen kann, wenn die Solarzellen bei einer Richtungsänderung des Sonnenlichts anspringen würden.

Tatsächlich konnte der Betrieb am 28. Januar wieder aufgenommen werden. Das Sonnenlicht erreichte die Solarzellen, sodass die Sonde ansprang und ihren Betrieb automatisch wieder aufnahm.

Der erste Scanvorgang der Landestelle erfolgte. Dieser wurde durch die Bewegung eines verstellbaren Spiegels vorgenommen. Mithilfe eines Landschaftsbildes hat das Forschungsteam die naheliegenden Felsbrocken erfasst. Den interessantesten von ihnen wurden mit Spitznamen versehen, die ihrer Größe entsprechen. Mit der Multiband-Kamera wurde anschließend ein unscharfes Bild von einem "Zwergpudel" getauften Felsen aufgenommen.

 

Wenn die Solaranlage von Slim genügend Energie generiert hat, sollen die ersten hochauflösenden Beobachtungen durchgeführt werden. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Missionsziel noch erreicht wird.

Am 30. Januar verkündigte die Raumfahrtagentur, dass "die punktgenaue Landung von Slim" ohne die Zusammenarbeit mit anderen Raumfahrzeugen wie LRO und Chandrayaan-2 nicht gelungen wäre. 

Die Mission ist wohl (inoffiziell) beendet

Vermutlich war dies die vorerst letzte positive Nachricht der Slim-Mission. Mit dem Einbruch der 14-tägigen Nacht am 31. Januar 2024 werden die Temperaturen auf etwa -160 Grad Celsius herabfallen. Das Landefahrzeug ist für diese Kälte nicht ausgelegt. 

Zwar könnte der Kontakt bei Tagesanbruch auf dem Trabanten wieder hergestellt werden – doch dies ist eher unwahrscheinlich, wie zuletzt auch die indische Chandrayaan-3-Mission bewies. Auch die Vikram-Landefähre war nicht für diese Kälte ausgelegt und konnte nach mehreren vergeblichen Versuchen nicht mehr reaktiviert werden. Da das Hauptziel des Slim-Unterfangens in der Demonstration der punktgenauen Landetechnologie lag, war das Projekt für Japan ein Erfolg.

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