Strahlen- und Chemotherapie In Fadenwürmern nachgewiesen: Wie Spermien DNA-Schäden vererben

12. Juli 2023, 13:08 Uhr

Die Folgen von Strahlung etwa durch eine Chemotherapie können an Nachkommen weitergegeben werden. Das hat eine Kölner Studie anhand von Fadenwürmern gezeigt. Beim Menschen könnte sich dadurch das Risiko von Krankheiten wie Autismus und Schizophrenie erhöhen.

Die Experten um Prof. Björn Schumacher untersuchten den Fadenwurm Caenorhabditis elegans, um die bisher ungelöste Frage zu klären, welche Auswirkungen Strahlenschäden auf die Nachkommen haben. Dabei zeigte sich, dass im väterlichen Erbgut die Schäden nicht repariert werden können, da die DNA zu dicht in den kleinen Zellköpfen der Spermien verpackt ist. Bei weiblichen Eizellen können dagegen Reparaturmechanismen greifen. Wenn die Schäden schließlich doch zu groß sein sollten, stirbt die Eizelle und die Veränderungen werden nicht weitervererbt.

Spermien müssen besonders vor Strahlenschäden geschützt werden

Die Forschenden fanden zudem heraus, dass die Nachkommen von bestrahlten männlichen und gesunden weiblichen Tieren sogenannte strukturelle Varianten zeigen, also zufällige Verbindungen von Chromosomenteilen. Dadurch ist eine exakte Reparatur nicht mehr möglich - außer mit einer gezielten Verminderung sogenannter Histonproteine (das sind Zellbestandteile, um die sich die Gene als DNA-Faden winden). Dies deutet auf künftige Therapiemöglichkeiten hin.

Über das "1000-Genome-Projekt", das die genetischen Daten von mehr als 1.000 Personen beinhaltet, konnten die Kölner Wissenschaftler ihre Erkenntnisse an Fadenwürmern auch auf den Menschen übertragen. Dazu nutzten die Forschenden auch Daten des isländischen "Decode"-Projekts, bei dem fast die gesamte Bevölkerung der Atlantikinsel genetisch erfasst ist. Die Ergebnisse legen nahe, dass Schäden im Genom reifer Spermien und die fehlerhafte Reparatur in der Eizelle auch für die Entstehung von Erbkrankheiten beim Menschen eine Rolle spielen.

"DNA-Veränderungen, insbesondere strukturelle Varianten in den Chromosomen, die in der väterlichen Keimbahn entstehen, werden verdächtigt, das Risiko von Krankheiten wie Autismus und Schizophrenie zu erhöhen", erklärt Prof. Schumacher. Dies bedeutet, dass beim Menschen die reifen Spermien vor Strahlenschäden besonders geschützt und beschädigte reife Spermien möglichst nicht zur Zeugung verwendet werden sollten. "Solche Schäden können etwa bei der Strahlen- oder Chemotherapie auftreten und sind demnach in den zwei Monaten, die es dauert, bis neue Spermien gebildet werden, ein Risiko." Danach werden bei der Neubildung die Schäden meistens wieder repariert.

cdi

Schwarz-weiß-Bild von Mann mittleren Alters im Hemd in Gewächshaus, erklärende Mimik und Gestik, Hintergrund unscharf, Text: Macht uns Gentechnik alle satt? 3 min
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