Junger Mann mit Serum in der Hand.
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Reiswasser und Co. Hilft Rosmarinöl gegen Haarausfall? Wachstumsmythen wissenschaftlich geprüft

30. Juli 2024, 09:18 Uhr

Rosmarinöl, Reiswasser und Aloe Vera: Auf Tiktok und Instagram sind diverse Hausmittel für dichtes und langes Haar derzeit populär. Influencerinnen und Influencer schwärmen von den vermeintlichen Vorteilen der Hausmittel. Aber aus wissenschaftlicher Perspektive sind die Belege für den Nutzen der Mittel noch dürftig.

Einige populäre Hausmittel für dichteres Haar sind aus wissenschaftlicher Perspektive belegbar, andere sind sogar gefährlich für Haare und Kopfhaut.

1. Rosmarin und Thymian können das Haarwachstum anregen

Rosmarin und Thymian, wahlweise in Form von Auszügen und Ölen, gelten als hilfreich gegen Haarausfall und sollen für Kraft und Glanz sorgen. Glaubt man diversen Videos auf Instagram und Tiktok, können damit sogar dünner werdende Haare bei Männern behandelt werden. Und es gibt tatsächlich Indizien für einen möglichen Effekt von Rosmarinöl.

Eine Vergleichsstudie von 2015 beispielsweise untersuchte die Wirkung von Rosmarin bei anlagebedingtem Haarausfall und verglich die Effekte mit dem medizinischen Wirkstoff Minoxidil (zwei Prozent). Die beiden Gruppen mit jeweils 50 Teilnehmenden testeten die beiden Stoffe jeweils für sechs Monate. Danach konnte in beiden Gruppen ein signifikanter Anstieg der Haarzahl beobachtet werden – diejenigen, die Rosmarinöl statt Minoxidil verwendet hatte, bekamen jedoch seltener eine juckende Kopfhaut.

Ein Video von Jasmine, wie sie eine hausgemachte Kopfhautbehandlung mit Rosmarinöl und einen Rosmarinwasserspritzer für das Haarwachstum herstellt.
Haarpracht trotz dürftiger wissenschaftlicher Evidenz: Die britische Influencerin Jasmine Larsen schwört auf selbstgekochte Rosmarin-Produkte Bildrechte: IMAGO/Jam Press

Das klingt vielversprechend, wichtig ist dabei jedoch, dass groß angelegte wissenschaftliche Belege für die Wirkung von Rosmarin und Thymian auf das Haarwachstum noch fehlen. Die Dermatologin Alice Martin betreibt unter anderem Aufklärungsarbeit auf Tiktok zu Medizin-Themen und erklärt: "Man kann jetzt medizinisch nicht sagen, dass es definitiv wirkt, aber es gibt einzelne Berichte, bei denen es als positiv eingestuft wird." Diese positive Wirkung kann Martin zufolge auch daran liegen, dass die Betroffenen sich ohnehin bewusster um ihre Körper kümmern. "Aber es ist nicht so, dass Rosmarin-Öl aufhalten wird, wenn ich genetischen oder krankheitsbedingten Haarausfall habe", erklärt sie.

Ein weiteres Mittel, dass derzeit auf Instagram und Tiktok als Wunderwaffe für dichtes, langes Haar empfohlen wird, ist Reiswasser.

2. Reiswasser hilft beim Haarwachstum

Gemeint ist das leicht trübe, stärkehaltige Wasser, das entsteht, wenn man Reis darin wäscht, kocht oder länger in dem Wasser "einlegt". Und tatsächlich ist Reiswasser voller Nährstoffe, darunter Magnesium, Eisen, Folsäure, Phenole und Niacin. Es stellt sich nur die Frage, ob und wie unsere Haare die Nährstoffe aus dem Reiswasser tatsächlich aufnehmen können. Die enthaltenen Phenole konnten immerhin teilweise mit Erfolgen bei der Behandlung von Haarausfall in Zusammenhang gebracht werden.

Es gibt eine Studie von 2010, die Reiswasserbehandlungen der Haare im Stil japanischer Hofdamen aus der Heian-Zeit (9. bis 12. Jahrhundert, damals war Reiswasser ein populäres Ritual zur Haarpflege) untersucht und feststellt, dass die Oberflächenreibung der Haare sich verringerte und die Elastizität der Haare zunahm. Wenn außer Reiswasser keine weiteren Produkte wie beispielsweise Shampoo verwendet wurden, kam es in der Studie zu mehr Schuppenbildung. Über die Auswirkungen bei Haarausfall konnte die Studie keine Aussagen treffen.

Reiswasser kann die Haare austrocknen

Mehrere Dermatologen betonen im Journal of Cosmetic Dermatology, dass die Belege für den Nutzen von Reiswasser eher noch spärlicher seien, als beispielsweise bei Rosmarinöl. Die im Reiswasser hauptsächlich enthaltende Stärke könne das Haar sogar schädigen, weil sie sich potenziell anlagere und Feuchtigkeit aus dem Haar ziehe.

Obwohl Kopfhaut und Haare die im Reiswasser enthaltenen Nährstoffe kaum aufnehmen können, gibt es Studien, die Anlass zu der Vermutung geben, dass beispielsweise Mineralextrakte aus Reiskleie die Anagenphase, also die Wachstumsphase der Haare, verlängern können. Diese dauert bei Männern etwa drei Jahre und bei Frauen etwa fünf Jahre. Eine Verlängerung der Phase hätte potenziell positive Effekte auf die Haarlänge. Eine Überblicksstudie von 2012 hat zehn Studien zu dem Thema untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass sich hier tatsächlich vielversprechende Effekte zeigen.

Aloe Vera: Antientzündlich, außer für Allergiker

Ein weiteres Hausmittel, das derzeit auf Tiktok und Instagram kursiert, ist Aloe Vera. Gel aus Extrakten der Pflanze oder direkt ein aufgeschnittenes Blatt sollen auf den Haaransatz aufgetragen werden und so für volles und kräftiges Haar sorgen. Aus dermatologischer Perspektive ergibt sich hier das Risiko für ein brennendes Gefühl auf der Haut sowie eine allergische Kontaktdermatitis. Belegt sind dagegen die antimikrobiellen und antientzündlichen Stoffe in der Aloe Vera. Wer nicht gerade allergisch reagiert, könnte hier also profitieren. Was das Haarwachstum angeht, lässt sich jedoch keine belegte Aussage treffen.

Daran anschließend stellt sich vielleicht eine weitere finale Frage: Wachsen die Haare stärker, wenn sie abrasiert wurden?

3. Nach dem Rasieren wachsen die Haare stärker

Hier gibt es eine ganz klare Antwort: Die Komplettrasur des Schädels in der Hoffnung auf stärkeres Haarwachstum können Sie sich sparen. "Das ist Quatsch", sagt Alice Martin. Das Haar wachse unabhängig davon, ob es rasiert werde oder nicht. "Was oben passiert, hat keinen Einfluss oder eine Rückkopplung auf die Genetik." Auch Antonio Weinitschke vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks stuft die Behauptung als falsch ein: "Das Haar wächst in einem Haarfollikel unter der Haut, und den erwischt man mit keinem Messer", erklärt er.

Was kann man also für gesundes Haar tun?

Aus Experten-Perspektive lässt sich zumindest sagen: Haar und Kopfhaut sollten vor UV-Strahlung geschützt werden. "Das ist sinnvoll, weil diese Strahlung eine chemische Reaktion im Haar-Keratin bewirkt, wodurch die Struktur geschwächt wird", erklärt der Haarmediziner Andreas Finner. Dann sei es anfälliger für mechanische oder chemische Einflüsse und das Risiko für Spliss und Bruch steige. Zudem kann die UV-Strahlung der Sonne eine Aufhellung bewirken. Haarmasken mit Lichtschutzfaktor böten allerdings nicht so eine hohe Prävention wie etwa eine Sonnencreme mit Faktor 50, sagt Antonio Weinitschke. Was aber natürlich auch immer geht: der altbekannte Schutz durch einen Sonnenhut.

Und, letzter Punkt: Die Haare sollten besser nicht nass gekämmt werden. Durch die geöffnete Schuppenschicht bei nassen Haaren könnten diese schneller brechen, erklärt Dermatologin Martin. Das sei aber an sich nichts Schlimmes. "Es ist keine Erkrankung. Haare sind wie totes Material", sagt sie. Aber natürlich wolle man das trotzdem eher vermeiden.

Links/Studien

iz/ mit dpa

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 25. Juli 2024 | 17:15 Uhr

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