Der Einfluss von Serotonin Was Glücksgefühle mit unserer Hirngröße zu tun haben

19. Oktober 2020, 17:00 Uhr

Im Laufe der menschlichen Evolution hat sich unser Gehirn stetig vergrößert. Das gilt vor allem für jenen Teil, der für unser Sprechen und Denken zuständig ist - der Neokortex. Auch das Glücksgefühl-Hormon Serotonin spielt dabei eine wichtige Rolle, wie Forschungen des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden zeigen.

 Das Bild zeigt die Plazenta im Boden, die den Gehirn-Baum mit Serotonin versorgt und dem Gehirn so beim Wachstum hilft
Das Symbolbild zeigt den Gehirn-"Baum", der von der Plazenta im "Boden" mit Serotonin für sein Wachstum versorgt wird. Bildrechte: Lei Xing et al., Neuron 2020 / MPI-CBG

Sprechen, Träumen, komplexes Denken. Dass wir Menschen deutlich höhere kognitive Fähigkeiten besitzen als andere Säugetiere, verdanken wir unter anderem einem besonders großen Neokortex, einem speziellen Bereich der Großhirnrinde unseres Gehirns.

Die Expansion des Neokortex

Wie unser Gehirn als Ganzes vergrößerte sich auch unser Neokortex im Laufe der menschlichen Evolution deutlich. Er musste sich sogar falten, um noch in den begrenzten Raum unserer Schädeldecke hineinzupassen. Die Gründe für die gewaltige Expansion des Neokortex sind vielschichtig. Eine Erklärung könnte unter anderem in den menschlichen Genen liegen, wie Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden bereits Anfang 2019 in einer Studie feststellten. Nun hat das Dresdner Forscherteam um Prof. Dr. Wieland Huttner einen weiteren möglichen Wachstumsfaktor für das menschliche Gehirn genauer untersucht.

Glücksgefühl-Neurotransmitter Serotonin

Es geht um Serotonin. Als Neurotransmitter ist Serotonin als der Botenstoff bekannt, der zwischen den Nervenzellen die Signale für Wohlbefinden und Glück überträgt und im Gehirn Zufriedenheit, Selbstvertrauen und Optimismus bewirkt. Sowohl bei den sich entwickelnden Embryos bzw. Föten von Menschen als auch von Mäusen wird Serotonin in der Plazenta gebildet und gelangt von dort über den Blutkreislauf ins Gehirn. Allerdings agiert Serotonin nur beim Menschen als "Wachstumsfaktor" für die Stammzellen des sich entwickelnden Neokortex. Bei Mäusen hat Serotonin auf die Hirnentwicklung hingegen keinen Einfluss.

Rezeptor HTR2A macht den Unterschied

Grund dafür ist der sogenannte Serotonin-Rezeptor HTR2A, wie der Postdoktorand in der Huttner-Forschungsgruppe Dr. Lei Xing nun herausfand. Dieser wird im Neokortex des "fötalen Menschen" gebildet, nicht jedoch im Neokortex der "embryonalen Maus". Doch ohne eine Bindung an HTR2A könne Serotonin keine Wachstumssignale auslösen. Die Dresdner Forscher veranlassten deshalb die Aktivierung des HTR2A-Rezeptors im embryonalen Neokortex der Maus. Mit Erfolg, wie Lei Xing erklärt: "Tatsächlich fanden wir heraus, dass Serotonin durch die Aktivierung dieses Rezeptors eine Kette von Reaktionen auslöste, die zur Bildung von mehr basalen Vorläuferzellen im sich entwickelnden Gehirn führte. Mehr basale Vorläuferzellen können dann die Bildung kortikaler Nervenzellen steigern, was den Weg zu einem größeren Gehirn ebnet."

Wachstumsfaktor für Neokortex

Huttner 4 min
Bildrechte: Stefan Wachner

Für Studienleiter Huttner zeigt die Studie, die in der Zeitschrift Neuron veröffentlicht wurde, eine "völlig neue Rolle von Serotonin als Wachstumsfaktor für basale Vorläuferzellen in hoch entwickelten Gehirnen wie insbesondere dem menschlichen" auf. Die Daten würden nahelegen, "dass Serotonin bei der Expansion des Neokortex während der Entwicklung und in der menschlichen Evolution eine Rolle spielt." Die Studienergebnissen könnten laut Huttner auch erklären, "wie Fehlfunktionen von Serotonin und seines Rezeptors während der fötalen Hirnentwicklung zu angeborenen Störungen führen können."

Hoffnung bei Entwicklungsstörungen

Dies ist insofern interessant, als nach Angaben Huttners, eine gestörte Signalübertragung von Serotonin sowie eine gestörte Bildung oder Mutation seines Rezeptors HTR2A bereits bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Entwicklungsstörungen wie dem Down-Syndrom, der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) und dem Autismus beobachtet wurden. Die Dresdner Forscher erhoffen sich von ihren Erkenntnissen neue Ansätze für entsprechende Therapien.

(dn)

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