Klima und Wetter DWD-Jahresbilanz: Rekord-Dürre, Rekord-Sonne und extreme Starkregen und Trockenheit nehmen zu
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21. März 2023, 16:14 Uhr
Deutschland erwärmt sich weiter. Ohne Gegenmaßnahmen könnten es schon bald vier Grad zu viel sein. Damit einher gehen auch mehr gefährliche Wetterextreme. Gut ist die aktuelle Entwicklung höchstens für die Photovoltaik.
Gestern erfuhren wir, dass die Welt bei 1,09 °C Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter steht. Heute ist schon wieder alles anders. Denn die gestern vermeldeten Zahlen bezogen sich auf den Zeitraum bis 2020. Heute kennt man nun auch schon die Zahlen von 2022 und weiß: Wir stehen bei 1,15 °C Erwärmung. Das vermeldete heute der Deutsche Wetterdienst im Zuge seiner Jahres-Pressekonferenz. 0,06 Grad mehr also in zwei Jahren. Und das deckt sich ja mit den Prognosen, dass schon im nächsten Jahrzehnt das 1,5-Grad-Ziel vom Pariser Abkommen erreicht und überschritten wird.
Diese weltweite Durchschnittstemperatur verteilt sich übrigens nicht gleich über den Globus. Die Ozeane drücken den Durchschnitt nach unten. Die Landmassen erwärmen sich dagegen noch stärker, als es der Durchschnitt besagt. Auch Deutschland. Seit 1881 ist es hier im Schnitt um 1,7 Grad wärmer geworden, Tendenz weiter steigend.
Wenn das so weitergeht und das pessimistischste Rechenmodell eintrifft, dann erwartet Deutschland schon in etwa 50 Jahren eine Erwärmung um drei oder vier Grad.
Mehr starker Regen
Die globale Erwärmung bringt Wetterextreme mit sich, Dürren auf der einen Seite, Starkregen auf der anderen. Beides haben wir in den vergangenen Jahren schon zur Genüge erlebt. Und beides wird noch zunehmen.
Beim Starkregen ist die Tendenz schon ablesbar. Solche Ereignisse sind viel häufiger geworden.
Der DWD wird auf dieses Wetterextrem in Zukunft verstärkt achten und Daten dazu liefern. Es sei eine seiner Kernaufgaben "zu analysieren, welche Risiken durch extreme Niederschläge für jede Region, jeden Ort in Deutschland aktuell und künftig bestehen", sagt Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied des DWD. "Dank neuer Beobachtungsdaten und der Verknüpfung der Informationen von Bodenstationen und Wetterradar kann der DWD jetzt für jeden Ort in Deutschland die Starkregengefahr berechnen."
Die damit möglichen Risikokarten zum Auftreten von Starkregen und Dauerregen seien zum Beispiel für den vorbeugenden Katastrophenschutz als Planungsgrundlage sehr wichtig. Aber auch die Wasserwirtschaft sowie Bauingenieure und Städteplaner profitierten davon, wenn es darum geht, wie viel Fassungsvermögen Kanalnetze, Kläranlagen, Pumpwerke oder Rückhaltebecken haben müssen.
Traumjahr für Photovoltaik
"2022 war in Deutschland ein Traumjahr für die Photovoltaik", sagt Dr. Renate Hagedorn, Chefin der Wettervorhersage-Abteilung beim DWD. "Jedenfalls meteorologisch", fügt sie dann noch hinzu. Ihr geht es dabei um die für die Photovoltaik wichtigsten beiden meteorologischen Größen, die Sonnenscheindauer und die sogenannte Globalstrahlung.
Dass 2022 das sonnenreichste Jahr in Deutschland seit Beginn der Datenerfassung war, haben wir bereits Anfang Januar berichtet. Aber auch bei der Globalstrahlung, die sich aus der direkten Sonneneinstrahlung und einer kurzwelligen Diffusstrahlung zusammensetzt, war es ein Rekordjahr.
Und auch dieser Trend ist weiter steigend. Jährlich werden es im Schnitt 3,35 Kilowattstunden pro Quadratmeter mehr. Die Photovoltaik kann sich in Zukunft also auf noch mehr "Futter" freuen.
Kein Traumjahr für die Windkraft
Bei der Windkraft sieht es etwas anders aus. Der DWD berechnet mit Hilfe von wissenschaftlichen Modellen, wie hoch die Windgeschwindigkeiten in 100 Metern Höhe sind, also dort, wo sich typischerweise Windkraftanlagen drehen. Da zeigt der langjährige Trend nicht unbedingt nach oben, aber zumindest habe das Jahr 2022 Befürchtungen widerlegt, dass nach dem extrem windarmen Jahr 2021 nun weiter mit abnehmenden Windgeschwindigkeiten zu rechnen sei, so Renate Hegedorn.
Beide erneuerbare Energien können sich übers Jahr hinweg sehr gut ergänzen, stellte der DWD fest. Denn dann, wenn es weniger Sonne gibt, herrscht normalerweise mehr Wind, sodass die Gesamtkapazität beider Energien im Laufe eines Jahres recht stabil ist.
2023 bislang nicht so trocken wie 2022
Auf die Rekorddürre des letzten Jahres angesprochen, sagt Dr. Andreas Becker, Leiter der Klimaüberwachung beim DWD, dass die Prognosen für 2023 nicht ganz so düster aussehen, wenngleich sich das im Laufe der Zeit noch ändern kann. In geringen Tiefen habe der Boden das Feuchtigkeitsdefizit aus dem vergangenen Jahr aber erst mal ausgeglichen. Man bewege sich wieder im mittleren Bereich.
In noch tieferen Bereichen, zum Beispiel wo Bäume wurzeln, dauere es allerdings länger. Und mit zunehmender Erderwärmung seien schwere Dürre-Perioden eben immer wahrscheinlicher. Andreas Becker hat deshalb einen dringenden Appell an Deutschland und die ganze Welt. Wenn es eine Botschaft aus all den Daten und Erkenntnissen gebe, dann diese: "Kämpfen wir um jedes Zehntel Grad!" Denn die Auswirkungen des sich immer mehr beschleunigenden Klimawandels würden zunehmend auch ein Thema für die Versorgungssicherheit und die innere Sicherheit, so Becker. "Die Folgen des Klimawandels sind keine abstrakte statistische Kenngröße mehr, sondern belasten zunehmend Deutschlands sichere Versorgung mit Energie und Wasser."
Deutschlands Wetter-Extrem-Orte 2022
Zum Abschluss präsentierte der DWD noch eine Karte mit ein paar Wetter-Rekorden von 2022. Beachtlich dabei ist vor allem der Eintrag in Hamburg. Dort wurden am 20. Juli des vergangenen Jahres 40,1 Grad Celsius gemessen. Es ist damit der nördlichste Punkt Europas, an dem jemals die 40-Grad-Marke überschritten wurde.
(rr)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 21. März 2023 | 12:00 Uhr
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