Menschen stehen neben einer Skulptur zum Thema Plastik Müll des kanadischen Künstlers und Aktivisten Benjamin von Wong. 9 min
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Plastic Fantastic. So heißt der Titel der Dokumentation von Regisseurin Isa Willinger, die in diesem Jahr deutschlandweit auf Festivals gezeigt wurde.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 01.11.2023 10:28Uhr 08:52 min

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Silbersalz-Festival 2023 Doku-Tipp: Plastic Fantastic

01. November 2023, 11:11 Uhr

Plastic Fantastic: So heißt die Dokumentation von Regisseurin Isa Willinger, die in diesem Jahr deutschlandweit auf Festivals gezeigt wurde, und Ende Oktober auch beim Silbersalz-Festival in Halle. Ein Film, dem zu wünschen ist, dass es ihm geht wie dem Material, von dem er handelt: Verbreitung und überall Mikropartikel hinterlassend.

Um was geht es? Filmemacherin Isa Willinger nähert sich in ihrer Doku dem Material Plastik aus verschiedenen Blickwinkeln: Zu Wort kommen Menschen aus der Plastikindustrie, aus der Wissenschaft, sowie Aktivisten.

Willinger fängt Bilder und Momente ein, die für sich sprechen. Bei denen man sich beim Zuschauen aufspringen und "Halt, Stopp, Nein!" rufen möchte und sich wünscht, die Filmemacherin würde eingreifen. Etwa, wenn die Kamera einem Lastwagen mit einer Ladung Plastikmüll durch eine saftig grüne Waldlandschaft folgt und schließlich seine Ladung in den Fluss kippt. Ähnlich schwer auszuhalten, wenn eine PR-Beauftragte der Kunststoff-Industrie Fortbildungen mit Lehrern macht, die Schulkindern dann für die "Faszination Kunststoff" begeistern sollen.

Plastikmüll: Der Verbraucher ist schuld

Einkauf in einem Supermarkt im Allgäu
Mit jedem Produkt kaufen wir indirekt auch unzählige Kunststoffe Bildrechte: IMAGO/MiS

Anders, aber ähnlich schwer zu ertragen sind auch die Begegnungen mit Ingemar Bühler vom Wirtschaftsverband der Kunststoffindustrie. Er ist beteiligt an den Narrativen der Kunststoff-Industrie, die der Konsumgesellschaft erklärt, das Plastik-Problem entstehe schlicht durch ihren Konsum: "Der Verbraucher hat das Zepter in der Hand. Wir müssen uns fragen: 'Müssen wir ständig unterwegs Lebensmittel konsumieren?'" Auch wenn die Verpackungen jetzt recycelbar seien - diese kritische Auseinandersetzung müssten eben alle für sich machen.

Ähnlich argumentiert Joshua Baca vom American Chemistry Council, der gößten Vereinigung der Chemie und Kunststoffindustrie in den USA: Er sagt lauter richtige Sachen wie: "Plastik in der Umwelt ist 100 prozentig inkazeptabel." Und moniert: Die Industrie mache Fortschritte, auf die werde viel zu wenig geguckt. Verbote von Plastik wertet er generell als nutzlos.

Aktivisten: Kenia ist seit 2017 Plastiktüten-frei

Plastikmüll Skulptur Kenia
Ein Installation in Nairobi in Kenia weist auf ein weltweites Riesenproblem: Plastikflaschen Bildrechte: imago images/ZUMA Wire

Die Doku zeigt das Gegenteil, am Beispiel von Kenia. Dort lernen Zuschauer die Initiative eines einzelnen Mannes kennen. Der schildert wie, sein Twitter-Post viral bis in die kenianische Politik ging und in ein Plastiktütenverbot in dem afrikanischen mündete. Das wird rigoros eingehalten, da sonst drastische Strafen drohen. Auch Sarah-Jeanne Royer von der Universität Hawaii beleuchtet andere Plastikverschmutzungsaspekte. Sie untersucht Traumstrände, deren Sand bunt ist von Mikroplastik. Zigarettenkippen und Deckel von Plastikflaschen, sowie Feuerzeuge und Einwegartikel: Sie glaubt, ein Verbot von Plastikflaschen weltweit würde einen Riesenunterschied machen.

Wissenschaft: Warum keine Hai-Magen-tauglichen Flipflops herstellen?

Dass es auch anders gehen muss, davon ist Wissenschaftler Michael Braungart, Professor an der Leuphania Universität in Lüneburg, überzeugt. Seine Beobachtung: Der Gewinn der Kunstoffindustrie ist privat, das Risiko trägt die Allgemeinheit. Aus seiner Sicht müssen Kunststoffe anders gedacht werden, Verantwortung und Handlung sitzen auf der anderen Seite der Wippe, in der Produktion. Warum Kunststoffe nicht so herstellen, dass sie in biologische Prozesse passen? Zynisch merkt Braungart an, dass mehr als die Hälfte der Mikroplastikpartikel, rund 1.500 pro Auster, von Reifenabrieb stammt: "Wenn wir nur genügend Austern essen, können wir das Problem auch lösen, dann kriegen wir das Plastik aus dem Meer sozusagen zurück." Berechnungen zufolge werden 40 Millionen Flipflops werden jährlich ins Meer gespült. Viele landen im Magen von Haien. Warum also Flipflops nicht gleich haitauglich produzieren?

Badelatschen im Sand
Millionen Flipflops schwimmen jährlich neu den Meeren Bildrechte: Colourbox.de

Diese und andere Stimmen zum Thema Plastik im Film "Plastic Fantastic" von Isa Willinger am 26. Oktober um 18:30 im Puschkino in der Kardinal-Albrecht-Straße 6, 06108 Halle.

lfw

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