Covid-19 Superimmunität oder wenig Schutz: Nach Infektion mit Sars-Cov-2 ist beides möglich

24. März 2022, 11:38 Uhr

Wie lange hält die Immunität nach einer Corona-Infektion? Aktuelle Studien zeigen: Wer das Virus gleich zu Beginn abwehrt, bekommt kaum neue Antikörper dazu. Mit Einschränkungen stimmt das auch für Geimpfte.

Update 24. März: Neue Daten zeigen, die Stärke Immunreaktion auf einen Omikron-Impfdurchbruch hängt höchstwahrscheinlich mit der Stärke der Symptome zusammen. Wir haben diese Erkenntnisse im letzten Absatz dieses Beitrags ergänzt.

Kinder verfügen über eine viel stärkere angeborene Immunabwehr von Atemwegsviren als Erwachsene. Das hat einen Vor- aber auch einen Nachteil. Der Vorteil: Das Immunsystem der Kinder wird mit dem Sars-Coronavirus-2 deutlich besser fertig als das von ungeimpften Erwachsenen. Der Nachteil: Sie entwickeln bei der Infektion wahrscheinlich seltener Antikörper und T-Zellen, die bei einer erneuten Ansteckung schützen. Das zeigt eine aktuelle Studie im Fachjournal JAMA.

Kinder entwickeln bei Infektion oft keine Antikörper gegen Corona

Zheng Quan Toh und seine Kollegen vom Royal Childrens Hospital in Melbourne, Australien, hatten in einer kleinen Studie die Antikörperantworten auf eine Coronainfektion von Kindern und Erwachsenen verglichen. Von 57 Kindern (Durchschnittsalter 4 Jahre) hatten nach einer Infektion nur 20 (37 Prozent) Antikörper gegen das Virus entwickelt. Bei den 42 Erwachsenen (im Schnitt 37 Jahre alt) hatten dagegen 32 Personen nach der Infektion schützende Antikörper gegen eine erneute Ansteckung (76,2 Prozent).

Die Unterschiede lägen nicht an Viruslasten oder Symptomen, schreiben die Forscher. In beiden Gruppen seien die Viruslasten vergleichbar gewesen, ebenso die Ausprägung von Symptomen, die von keinerlei Zeichen der Krankheit bis zu grippeähnlichen Verläufen mit Fieber und Kopfschmerzen reichten.

Angeborene Immunabwehr stark – schwache adaptive Immunantwort

Kinder verfügten nach einer Infektion auch über weniger Gedächtnis-B-Zellen, die im Fall einer erneuten Ansteckung schnell neue Antikörper produzieren können. Die Wissenschaftler befürchten, dass Kinder deshalb seltener eine langanhaltende Immunität gegen Corona aufbauen und sich leichter erneut anstecken können. Allerdings beziehen sich diese Ergebnisse noch auf Ansteckungen mit dem Wildtyp des Virus im Jahr 2020. Spätere Varianten wie Delta und Omikron könnten eine stärkere Immunantwort auch bei Kindern auslösen, da sie mit höheren Viruslasten verbunden seien, glaubt das Forscherteam.

Trotzdem lassen die weiterhin eher schwächeren Verläufe bei Kindern vermuten, dass auch bei den späteren Varianten ein Unterschied zu den Erwachsenen bestehen bleibt. Der Grund könnte darin liegen, dass Kinder einen stärkeren angeborenen Schutz gegen Atemwegsviren haben. Ihr Immunsystem beseitigt das Virus, bevor T-Zellen und B-Zellen damit beginnen, eine spezifische Abwehr in Form von Antikörpern und Helferzellen auszubilden. Ein ähnliches Phänomen haben Forscher auch für Rhesus-Makaken beobachtet. Erkranken die Versuchstiere nur mild an dem Virus, entwickeln sie keine spezifischen T-Zellen dagegen, da ihr Immunsystem schon vorher mit dem Erreger fertig geworden ist.

Impfdurchbruch: 32 mal so viele Antikörper wie Geimpfte

Ganz anders hingegen verhält es sich, wenn das Immunsystem durch eine Impfung bereits auf den Erreger vorbereitet ist. Dann bilden Patienten bei einer Durchbruchsinfektion oft die stärksten Antikörper- und T-Zell-Antworten überhaupt. Diese sogenannte Superimmunität belegt jetzt eine weitere Studie von Ai-Ris Y. Collier und Kollegen von der Harvard Medical School. Sie konnten Proben eines großen Clusters von Infektionen auswerten, zu denen es im Juli 2021 gekommen war und bei dem 74 Prozent der Betroffenen geimpft waren (mit den Impfstoffen von Janssen, Biontech oder Moderna).

Collier und ihr Team verglichen die Antikörperwerte von 16 vollständig Geimpften mit einem Impfdurchbruch mit denen von 23 Geimpften, die sich nicht angesteckt hatten. Wer eine Durchbruchsinfektion überstanden hatte, verfügte im Schnitt um 32-fach mehr bindende und 31-fach mehr neutralisierende Antikörper gegen die Deltavariante, außerdem über mehr Antikörper in den Schleimhäuten und über stärkere T-Zellen gegen das Virus.

Omikron-Impfudrchbruch: 65 Prozent entwickeln neutralisierende Antikörper gegen Omikron

Eine weitere Studie zeigt nun aber, dass das für Omikron-Impfdurchbrüche nur begrenzt gilt. Im Fachblatt Cell berichten Charles Chiu und sein Team von der Universität San Francisco über die Ergebnisse vergleichender Antikörpertests bei Personen mit einem Impfdurchbruch. Zentrales Ergebnis: Wer eine Durchbruchsinfektion mit der Omikron-Variante hatte, entwickelte deutlich weniger zusätzliche Antikörper als Personen, die trotz Impfung an Delta erkrankt waren. Die Zahlen korrelierten zudem stark mit der Stärke der Symptome. Je milder der Impfdurchbruch, desto geringer fiel die Immunität danach aus.

Immerhin aber hatte Omikron-Infektion bei 65 Prozent der untersuchten Personen neutralisierende Antikörper gegen Omikron hervorgebracht. Das bedeutet, dass zwei Drittel der Betroffenen vor einer erneuten Infektion mit der gleichen Variante in den kommenden Monaten geschützt sein sollten. Wie lange dieser Schutz hält, ist allerdings offen.

Dänemark: Omikron-Reinfektion bislang extrem selten

Wenn Geimpfte also eine Infektion mit Omikron erleiden und zumindest einige Tage lang leichte Symptome entwickeln, ist anschließend eine rasche Neuansteckung mit Omikron nicht sehr wahrscheinlich. Das zeigen auch Daten aus Dänemark, wo Omikron-Zweitinfektionen sehr selten waren und wenn, dann ausschließlich bei ungeimpften Jugendlichen vorkamen.

Langfristig wird Corona aber wahrscheinlich eine immer wiederkehrende Erkältungserkrankung bleiben, vor allem, wenn neue Virusvarianten auftauchen. Daten aus England zeigen: Jede neue Variante führte zu mehr Reinfektionen, so dass es im Vereinigten Königreich inzwischen über 1.000 Dreifach- und sogar einige Dutzend Vierfachinfektionen gibt.

Quellen

(ens)

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