Covid-19 Wie Corona die Immunantwort im Darm lahmlegt

27. April 2021, 13:10 Uhr

Kann sich das Coronavirus im Darm festsetzen, kann es dort sehr lange überleben und Long-Covid auslösen. Forscher können jetzt nachvollziehen, wie das Virus dafür die Immunabwehr in den Darmzellen ausschaltet.

Corona befällt nicht nur die Atemwege, sondern kann viele Organe des Körpers angreifen. Das haben Mediziner bereits relativ früh in der Pandemie beobachtet. Nun rückt ein Organ immer mehr in den Fokus: Der Darm. Dort kommen Coronaviren bei ihren Wirten im Tierreich in der Regel vor – auch bei den Fledermäusen, die als Ursprungstiere von Sars-CoV-2 gelten. Gelingt den Viren im Menschen der Sprung in den Darm, können sie sich dort offenbar über sehr lange Zeit langsam replizieren. Das gilt als eine mögliche Ursache für Long-Covid, also Symptome, die lange Zeit nach der akuten Infektion anhalten.

Corona greift ins Botensystem der Zellen ein

Forscher der Europäischen Labors für Molekularbiologie (EMBL) haben nun Daten gesammelt, die zeigen, wie die Viren die Abwehrmechanismen der Darmzellen austricksen. Das könnte Antworten liefern, warum es Corona gelingt, sich über lange Zeit im Darm einzunisten. In der Fachzeitschrift "Molecular Systems Biology" berichtet das Team um Theodore Alexandrov die Ergebnisse einer Studie in eine Zellkultur.

Aufnahme von Zellkulturen, die eingefärbt wurden. Zu sehen sind zwei große grün-blaue Flecken vor einem schwarzen Hintergrund. Diese Flecken stellen Zellgewebe von menschlichen Organen dar. Darin breiten sich rote Flecken auf, bei denen es sich um Zellen handelt, die mit dem Sars-Coronavirus-2 infiziert wurden.
Dieses Bild zeigt eine eingefärbte Aufnahme von im Labor gezüchteten Darmzellen (in grün und in blau). Die roten Bereiche sind die vom Coronavirus befallenen Zellen. Bildrechte: Mohammed Shahraz, Sergio Triana/EMBL; Camila Metz-Zumaran/Heidelberg University

Alexandrov und seine Kollegen entnahmen menschliche Darmzellen und züchteten im Labor ein dreidimensionales Gewebe. Diese Zellen infizierten die Forscher dann mit Coronaviren. Dann konnten sie sehen, wie die Zellen den Botenstoff Interferon produzierten, um sich gegenseitig vor den Viren zu warnen. In den meisten Zellen habe das Interferon eine starke Immunantwort ausgelöst. Nur die Zellen, die mit dem Sars-Coronaviurs-2 infiziert waren, hätten stattdessen eine entzündungsfördernde Reaktion gezeigt. "Das deutet darauf hin, dass Corona in das Botensystem der Infizierten eingreift, um eine Immunantwort auf Ebene der Zellen zu unterbinden", sagt Erstautor Sergio Triana.

Erbinformation könnte zeigen, wie sich Virus gegen Immunantwort wehrt

Die Forscher konnten außerdem sehen, dass die Viren auch Zellen infizierten, die keinen ACE-2-Rezeptor auf ihrer Hülle zeigten. ACE-2 gilt als Hauptzugang der Viren in die menschlichen Zellen. Doch Corona ist offenbar nicht unbedingt auf das Enzym angewiesen.

Für ihre Arbeit nutzte die Forschungsgruppe verschiedene Techniken, um als RNA kodierte Erbinformation in den infizierten Zellen aufzuspüren. Dadurch stellten sie einerseits die Infektion fest. Andererseits könnten die Daten zeigen, wie das Virus verschiedene Gene aktiviert, um sich vor der Immunantwort zu schützen.

(ens)

Triana, S., et al. Single-cell analyses reveal SARS-CoV-2 interference with intrinsic immune response in the human gut. Molecular Systems Biology.

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