SarsCov2 Coronavirus unterdrückt Schmerzen: Vorbild für Schmerzmittel
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05. Oktober 2020, 15:59 Uhr
Das neue Coronavirus blockiert einen bestimmten Schmerzrezeptor. Dadurch spüren Infizierte zunächst nichts von der Infektion. Mediziner glauben, das Virus könnte deshalb bei der Entwicklung neuer Schmerzmittel helfen.
Das neuartige Sars-Coronavirus-2 dockt mit seinem Spike-Protein am sogenannten ACE-2 Rezeptor der menschlichen Zellen an. So gelangt es in den Körper, wo es sich weiter vermehrt. Dieser Mechanismus wurde bereits relativ früh während der Pandemie aufgedeckt und beschrieben. Erst deutlich später bemerkten Mediziner: Das Spike-Protein kann auch an Neuropilin-1 binden. Dabei handelt es sich um einen Nervenrezeptor, wie er unter anderem im Gehirn vorkommt.
Die Andockfähigkeit an Neuropilin-1 erklärt zum einen, wie Corona zum häufig auftretenden, vorübergehenden Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns führt. Zum anderen liefert es auch Anhaltspunkte, warum 50 Prozent der Ansteckungen erfolgen, bevor die Träger des Virus überhaupt mitbekommen, dass sie selbst infiziert sind. Und drittens könnte das Phänomen eine Anregung liefern für die Entwicklung neuartiger Schmerzmittel, glauben US-Forscher.
Neuropilin-1 steht am Anfang einer Schmerzkette
Die Wissenschaftler um Professor Rajesh Khanna von der Universität Arizona berichten in einem Artikel in der Fachzeitschrift PAIN von ihren neuen Entdeckungen. Bei Laborexperimenten stellte das Team fest, dass Sars-CoV-2 bei einer Infektion einen bestimmten, mit Neuropilin-1 beginnenden Schmerzweg blockiert und so das Schmerzempfinden deutlich einschränkt.
Anlass sei die Nachricht gewesen, dass das Corona-Spike-Protein an Neuropilin-1 andocke, erklärt Rajesh Khanna. "Das ist uns aufgefallen, weil mein Labor in den letzten 15 Jahren einen Komplex von Proteinen und Pfaden untersucht hat, die mit der Schmerzverarbeitung in Verbindung stehen und die dem Neuropilin nachgelagert sind."
Spike-Protein neutralisiert Schmerz-Protein
Die Forscher hatten vor allem das Protein VEGF-A untersucht, dass eine zentrale Rolle beim Wachstum von Blutgefäßen, aber auch bei Krebs, Atritis und seit kurzem bei Covid-19 spiele. Normalerweise binde VEGF-A an Neuropilin-1 und mache dadurch Nervenzellen empfänglicher für Reize, was auch das Schmerzempfinden steigere. Bei den Experimenten stellte das Team um Khanna fest: Das Spike-Protein lagert sich an exakt die gleiche Stelle an wie VEGF-A.
In weiteren Versuchen stimulierten die Forscher Neuronen mit VEGF-A und gaben dann das Spike-Protein dazu. Das kehrte die Schmerzreaktion völlig um, egal, ob es hoch oder niedrig dosiert dazu gegeben wurde. Auf diese Weise konnte Corona den von VEGF-A ausgelösten Schmerzweg völlig blockieren.
Sars-CoV-2 Spike-Protein könnte Ausgangspunkt für neue Schmerzmittel sein
Die Forscher glauben, ihre Entdeckung könnte noch ein anderes Problem lösen. In den USA sind derzeit so viele Patienten abhängig von opioidhaltigen Schmerzmitteln, dass seit längerem von einer regelrechten Opioidkrise gesprochen wird. Die Funktion des Spike-Proteins zeigt nun einen neuen, nicht auf Opioiden basierenden Weg auf, den Neuropilin-1-Schmerzweg zu hemmen. Es könnte eine Anregung für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen Schmerzen geben.
(ems)
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