Fotomontage zeigt durch Linien miteinander verbundene Köpfe von Menschen und eine Weltkugel mit Mund-Nasen-Schutz
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Was wäre, wenn? 14 Tage Quarantäne für alle und das Virus ist erledigt?

31. Oktober 2020, 10:16 Uhr

Die Infektionen mit Sars-CoV-2 steigen täglich, das Virus verbreitet sich rasant. Nun sind strenge Maßnahmen gefragt. Wäre eine weltweite Quarantäne vielleicht die Lösung und wenn ja, ist das überhaupt machbar?

Sars-CoV-2 ist aus keinem Lebensbereich mehr wegzudenken. Seit Monaten beschäftigen sich Forscher, Politiker und die Gesellschaft weltweit mit dem Coronavirus und versuchen Lösungen zu finden, um die Pandemie einzudämmen und das Virus zu stoppen. Die gesamte Welt ist alarmiert, doch Sars-CoV-2 entpuppt sich Tag für Tag aufs Neue als ein ziemlich komplizierter Gegner. Oder könnte die Lösung womöglich ganz einfach sein?

Einfach alle in Quarantäne

Das überlegte sich MDR Userin Ramona Gleissner aus Chemnitz. Sie fragte sich, ob man nicht einfach alle Menschen auf der Welt für 14 Tage in Quarantäne stecken könne. Dann müsste das Virus doch besiegt sein, oder?

Klingt faszinierend einfach - aber eben nur als Gedankenspiel. Denn die Antwort ist: nein. In der Praxis ist eine solche Maßnahme absolut nicht umsetzbar, sagt Luka Cicin-Sain vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung.

Man kann 7,8 Milliarden Menschen auf der Erde nicht gleichzeitig zwingen, sich in die Isolation zu begeben. Das ist nicht machbar. Selbst wenn das ginge, würden wir die Patienten auf den Intensivstationen ihrem Schicksal überlassen. Aber das geht nicht. Um Gottes Willen, es sind doch Menschen.

Prof. Luka Cicin-Sain, Helmholtz Institut Zentrum für Infektionsforschung

Soweit die gnadenlose Realität. Aber, rein theoretisch betrachtet, wäre es allerdings schon ein Weg, um das Virus stark einzudämmen. Aufhalten würde es Sars-CoV-2 aber nicht, sagt der Virologe.

Virologe Prof. Dr. Dr. Luka Cicin-Sain in seinem Labor im Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung
Bildrechte: Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung

Selbst wenn alle Menschen gleichzeitig 14 Tage in Quarantäne bzw. in der Isolation wären, heißt das nicht, dass das Virus damit bekämpft ist. Der Zeitraum von 14 Tagen bezieht sich nur auf Menschen mit leichten oder keinen Symptomen. Es gibt aber auch Menschen mit schwerem Verlauf, die über fünf, sechs Wochen krank und auch ansteckend sind.

Luka Cicin-Sain

Man müsste also die gesamte Menschheit so lange in Isolation halten bis auch der letzte Covid-19 Patient mindestens 14 Tage symptomfrei ist. Das allein würde eine gleichzeitige Isolation aller Menschen über mehrere Wochen bedeuten. Doch auch das könnte nicht ausreichend sein.

Unvorhersehbare Faktoren

Es bleibt immer ein geringes Restrisiko, ein Überträger zu sein, auch wenn man nach der Erkrankung wieder symptomfrei ist und als gesund gilt. Allerdings können wir auch nicht alle Menschen immer wieder testen. Das übersteigt unsere Möglichkeiten.

Luka Cicin-Sain

Die weltweite Quarantäne ist also praktisch nicht umsetzbar. Weder ethisch, sozial, finanziell, medizinisch, noch wirtschaftlich. Zudem gibt es auch andere unvorhersehbare Faktoren, die dazu beitragen, dass sich das Virus trotzdem weiterverbreiten könnte.

Das Virus ist auf Tiere übertragbar. Das wissen wir, weil wir an Hand von Tieren Infektionsmodelle oder Impfstudien erstellen. Das heißt aber auch, dass man nicht ausschließen kann, dass Tiere das Virus weiterhin verbreiten. Selbst wenn man 7,8 Milliarden Menschen einsperren könnte, kann man das mit den Tieren nicht machen.

Luka Cicin-Sain

Der einzige pragmatische Weg ist also, das Virus auf andere Weise einzudämmen. Die niedrigschwelligste Maßnahme ist das konsequente Einhalten der AHA+L+A Formel.

A - Abstand halten
H - Hygieneregeln beachten
A - Alltagsmaske tragen
L - Lüften
A - App benutzen (Corona- Warn-App)

Strenge Maßnahmen nötig

Forschende wie Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation plädieren dafür, strengere Maßnahmen durchzuführen, wenn die Zahlen weiterhin unkontrolliert steigen. In vielen Landkreisen Deutschlands ist das aktuell der Fall.

Viola Priesemann leitet eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
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Wenn die Fallzahlen außer Kontrolle sind, gibt es sehr viele Menschen, die Träger des Virus sind, aber gar nicht wissen, dass sie Träger sind. Wir stellen also eine Gefahr für jede Risikoperson dar. Und sie tragen auch wesentlich stärker zur Ausbreitung des Virus bei, als Menschen, die wissen, dass die Träger sind. Das heißt, die unerkannten Träger sind das eigentliche Problem.

Viola Priesemann, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation

Die Fallzahlen könnten also immer weiter nach oben gehen. Was darauf folgt, ist die Überlastung des Gesundheitssystems. Laut Priesemann ist es spätestens dann dringend nötig, die weitere Ausbreitung von Sars-CoV-2 zu stoppen. Ein Lockdown wäre eine Maßnahme.

Es ist besser, früher in den Lockdown zu gehen als später. Denn genau wie es bei der Ausbreitung der Infektion Verdopplungszeiten gibt, gibt es dann auch Halbierungszeiten. Je früher man harte Maßnahmen ergreift, desto leichter sind die Schwellenwerte erreichbar, die man für eine erneute Lockerung braucht.

Viola Priesemann

Um die Ausbreitung des Virus also in den Griff zubekommen, sind nun strengere Maßnahmen erforderlich. Eine weltweite Quarantäne ist nicht möglich. Eingeschränkte Kontaktverbote, das Einhalten von Hygieneregeln und das Ernstnehmen und Verfolgen von Symptomen sind es aber. Jeder Einzelne trägt die Verantwortung dafür, dass die Verbreitung von Sars-CoV-2 eingedämmt wird und wir irgendwann wieder ein Leben führen, dass nicht vom Coronavirus diktiert wird.

JeS

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