Corona Gibraltar: Hohe Inzidenz trotz hoher Impfquote? Ja, das geht

03. August 2021, 12:20 Uhr

Das kleine Gibraltar hat eine Top-Impfquote. Und sehr viele Corona-Fälle. Was sagt das über die Wirksamkeit der Impfung aus? Es bestätigt das, was wir schon wissen: Die Impfungen schützen sehr sicher vor schweren Verläufen und Todesfällen, Ansteckungen sind dennoch möglich. Und auch in Mitteldeutschland gibt es ähnliche Fälle mit auffällig hohen Inzidenzen. Gibt es hier Gemeinsamkeiten?

Abendstimmung mit warmen, orangefarbenen Licht: Blick auf Gibraltar – hoher Fels mit kleinem Städchten davor. Wolkenmuster und Berge im Hintergrund.
Idyllischer Fels am Ende Europas: Das britische Gibraltar Bildrechte: imago images/CHROMORANGE

Gibraltar, dieses kleine Zipfelchen an britischem Überseegebiet südlich von Spanien, hat sich zum Ende des Julis als gefundenes Fressen für Anti-Impfkampagnen herausgestellt. Von offizieller Seite heißt es dort, es seien alle Menschen in dem teilautonomen Land geimpft. Auf der anderen Seite stand eine Inzidenz von 600. Dafür gibt es jedoch verhältnismäßig einfache Erklärungen. Und es lohnt sich durchaus ein Blick auf die Besonderheiten der Stadt am Fels. Also:

Punkt eins: Die Sache mit der Impfquote

Hat Gibraltar eine Impfquote von hundert Prozent? Nein. Es hat sogar eine Impfquote von 115 Prozent, wenn man sie auf die im Land verabreichten Impfdosen bezieht: Über 78.000 bei gut 35.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Das bedeutet allerdings nicht, dass einige Menschen mehr als zwei Spritzen bekommen hätten. Die Süddeutsche Zeitung weist darauf hin, dass auch mindestens 8.000 spanische Pendlerinnen und Pendler in Gibraltar geimpft worden seien. Zudem zeige z.B. der Fall einer ungeimpften infizierten Person über hundert, dass es auch in Gibraltar noch keine flächendeckende Immunisierung gibt.

Punkt zwei: Die Sache mit dem Krankheitsverlauf

Nachdem im Corona-Winter 2020/2021 die Zahl der Todesfälle stark gestiegen ist, stagniert sie seit dem 13. März: Zu den bis dahin 94 Todesfällen kam seither kein weiterer hinzu, etwa genau so lang gilt die Bevölkerung als weitestgehend durchgeimpft. Das Ausbleiben von schweren Verläufen ist also auf die hohe Impfquote zurückzuführen. Gerade durch die auch in Gibraltar vorherrschende Delta-Variante kann es immer mal wieder zu Impfdurchbrüchen kommen (mit einem zumeist milden Verlauf). Die Durchbruchsquote ist gering und gilt auch in dem britischen Überseegebiet. Abweichungen von der statistischen Verteilung fallen allerdings durch die geringe Einwohner/-innenzahl stärker ins Gewicht. Damit wären wir bei …

Punkt drei: Die Sache mit der Einwohner/-innenzahl

Gibraltar ist zwar ein Land mit teilautonomen Status, aber eigentlich nur ein 35.000-Seelen-Städtchen. Die statistische Größe der Inzidenz – also der Corona-Fälle in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner/-innen – ist dadurch deutlich anfälliger auf Veränderungen (und auch auf Störungen) als bei einem 80-Millionen-Land wie Deutschland. Nicht falsch verstehen: Die Berechnung ist völlig korrekt, aber Inzidenz und Impfquote sind besser mit einer kleineren Stadt vergleichbar als mit einem anderen Staat. So lohnt sich statt eines Vergleichs zwischen Gibraltar und Deutschland eher ein Vergleich zwischen Gibraltar und Mühlhausen.

Wie uns die Vergangenheit gezeigt hat, gehen in kleineren Gemeinden die Zahlen schnell mal durch die Decke. Jüngstes Beispiel dafür ist der Altmarkkreis Salzwedel (der mit etwa 80.000 Einwohner/-innen etwas mehr als doppelt so groß ist wie Gibraltar). Hier lag die Inzidenz vergangene Woche noch bei null, jetzt bei über vierzig, was im deutschlandweiten Vergleich derzeit weit an der Spitze ist. Hier gehen die Werte auf eine größere Familienfeier zurück, außerdem habe es Infektionen bei einem Unternehmen gegeben. Das ist eine Auswirkung auf die Inzidenz, wie sie auch in Gibraltar zu beobachten gewesen wäre, aber nicht in Gesamt-Deutschland. Nur, dass wir im Vergleich zum Altmarkkreis nicht wissen, ob es eine oder mehrere solcher zentralen Ursachen gab.

Was dagegen bekannt ist: Die Inzidenz für Gibraltar liegt derzeit, Stand 3. August, bei etwas über 500, ist also wieder zurückgegangen. Insgesamt wurden seit Beginn der Pandemie 5.000 Infektionsfälle gemeldet, mehr als 4.600 gelten als genesen.

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